Schätzen
, [
1375-1376] verb. reg. welches nicht
unmittelbar von Schatz abstammet, wohl aber ein Seitenverwandter von demselben
ist. 1. Dafür halten, aus wahrscheinlichen Gründen urtheilen. Etliche, die uns
schätzen, als wandelten wir fleischlicher Weise, 2 Chor. 10, 2. Ich schätze
mich selbst noch nicht, daß ichs ergriffen habe, Phil. 3, 13. In dieser
Veränderung ist es im Hochdeutschen veraltet. Man sagt nur noch, ich schätze es
mir für eine Ehre u. s. f. für ich halte; ob man gleich nicht gern mehr sagt,
sich etwas für eine Schande schätzen. 2. Im engern Verstande, ein Ding seiner
Zahl, seinem Gewichte, seinem Werthe nach aus wahrscheinlichen Gründen
bestimmen. 1) Überhaupt. Ich schätze ihn ungefähr fünfzig Jahre alt. Man
schätzt es nicht so hoch. Man schätzte ihn auf Eine Tonne Goldes, man glaubt,
daß er so reich ist. Ich schätze das Gut auf 10000 Thaler, glaube, daß es so
viel werth ist. Das ist dem nicht gleich zu schätzen. Etwas sehr hoch schätzen,
er werth, geringe schätzen, einem Dinge einen hohen, einen geringen Werth
beylegen, und dieses Urtheil thätig erweisen. 2) In einigen engern Bedeutungen.
(a) Hoch schätzen, doch halten, einem Dinge einen hohen Werth beylegen, und
solches thätig erweisen. Er weiß den Werth des Lebens zu schätzen, hoch zu
schätzen, oder auch nur, es seinem ganzen Werthe nach zu beurtheilen. Der
hassenswürdige Charakter, da man das Gute an niemanden als an sich schätzet,
Gell. Das von einigen Neuern in dieser Bedeutung gebrauchte Mittelwort
geschätzt, z. B. geschätzter Freund, für hoch oder werth geschätzter, hat wegen
der vorstehenden Zweydeutigkeit mit der vorigen Bedeutung wenig Beyfall
gefunden, ob es gleich in der dichterischen Schreibart mehrmahls vorkommt.
Geschätztes Nichts der eiteln Ehre, Hall. (b) Den Werth, den Preis eines Dinges
bestimmen, so daß sich der Begriff der Muthmaßlichkeit, des wahrscheinlichen
Grundes verlieret; taxiren, in einigen Gegenden schatzen. Das Fleisch schätzen,
den Preis bestimmen, um welchen die Fleischer dasselbe verkaufen sollen. Das
Brot schätzen u. s. f. Jemanden schätzen, den Theil bestimmen, welchen er nach
Maßgabe seines Alters, seines Vermögens u. s. f. zu öffentlichen Anlagen
beyzutragen hat; ihn schatzen. Luc. 2, 1. Daher die Schätzung. Anm. Im Nieders.
scharren, im Schwed. skatta, wie das vorige. Bey unsern alten Oberdeutschen
Schriftstellern kommt es nicht vor, ob es gleich alles Ansehen eines alten
Wortes dar. Die erste Bedeutung ist entweder der Werth, der Preis, der im
Schwed. noch jetzt skart heißt, oder auch das Urtheilen, Meinen, dafür Halten,
überhaupt. Im letztern Falle ist es eine unmittelbare Figur der Bewegung, weil
alle ähnliche, ähnliche Veränderungen des Geistes bezeichnende Wörter sich auf
dieselbe Figur gründen. [
1375-1376]