Die Schanze
, [
1353-1354] plur. die -n, ein Wort,
welches nach Maßgebung des Zeitwortes schanzen und dessen Stammwortes schanen,
in mehrern, dem Anscheine nach sehr verschiedenen, aber doch genau verwandten
Bedeutungen vorkommt. 1. * Eine jede heftige Bemühung, starke Bewegung; welche
Bedeutung sich nur noch in dem Zeitworte schanzen findet, und wovon die
Bedeutung eines Wurfes in dem Würfelspiele allem Ansehen nach unmittelbar
abstammet. 1) Eigentlich. Im Hochdeutschen ist es zwar in dieser Bedeutung, im
Ganzen genommen, veraltet; allein es war doch ehedem in derselben sehr üblich.
Beym Frischlin ist Schanz im Würfelspiel, ausdrücklich so viel als Wurf,
Jactus. Die Schanze glückte ihm wohl, es ist ihm eine Schanze mißrathen, diese
Schanze wollte ihm nicht gelingen u. s. f. in welchen bey dem Frisch
befindlichen R. A. es überall so viel wie Wurf bedeutet, welche R. A. denn aber
auch figürlich gebraucht wurden, in seinem Unternehmen, in seinem Versuche,
glücklich seyn u. s. f.
Ist nun sach das mir nicht gerat Gegen den Held einmal ein
schantz, Theuerd. Kap. 28.
Figürlich, ein Versuch, ein Streich.
Sie dürfen um den Rock die Schanze schlagen,
übersetzt Opitz die Stelle Ps. 22, 19; sie werfen das Loos um
mein Gewand, nach Luthers Übersetzung. Ohne Zweifel rühren daher noch die
figürlichen R. A. etwas in die Schanze schlagen, es wagen, es auf gut Glück
dahin geben, wie ein auf ein Spiel gesetztes Geld. 2) Figürlich. (a) Das
Würfelspiel, und in weiterer Bedeutung, ein jedes Spiel und dessen Zustand;
Franz. Chance, ohne Zischlaut im Holländ. und Nieders. Kansse, im Schwed.
skans; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, wovon nach die in einigen Gegenden
üblichen figürlichen R. A. abstammen, auf seine Schanze sehen, auf sein Spiel,
seiner Sache wahrnehmen; die Schanze versehen, das Spiel, und figürlich,
hintergangen werden, vernachlässigen; keine Schanze bewahren, sich nicht in das
Spiel sehen lassen, auf seiner Huth seyn, wo aber auch die folgende dritte
Bedeutung Statt findet. Ehedem war die Mummenschanze das Mummenspiel, d. i.
eine Maskerade. Im mittlern Lateine ist Biscatia das Würfelspiel, Ital.
Biscazza, Bischenza. (b) Ein jeder Zufall, er sey glücklich oder unglücklich,
ein Ungefähr, ein Glücksfall oder Unglücksfall. Im Nieders. ohne Zischlaut
Kans, im Engl. Chance, wo auch to chance sich zutragen ist, Ital. Cianza.
Henisch erkläret Schanz ausdrücklich durch Abenteuer, Zufall, Gefahr. Wa inen
eine schantz bestund, das sie ein schlacht gewünnen, in dem 1514 gedruckten
Livius. Im Hochdeutschen ist es auch in dieser Bedeutung veraltet. In der
Lotharingischen Provinzial-Sprache ist Dchance Glück, und Meschance Unglück.
(c) Günstige Gelegenheit; ein gleichfalls veralteter Gebrauch.
So hoff ich noch er werd einmal Übersehen die rechten Schantz,
Theuerd. Kap. 17. Sie ist gar sehr ergrimmt, erstehet ihre Schanze Und schläget
auf ihn zu, Opitz.
2. * Eine Bekleidung, wo es ehedem mit Schande 2
gleichbedeutend war, aber gleichfalls veraltet ist. Eine Larve kam ehedem unter
dem Nahmen einer Schanze vor. Siehe auch Schanzkleid. 3. In der
Befestigungskunst ist die Schanze eine jede kleine Verschanzung in Gestalt
eines Vier- Fünf- oder Sechseckes. Ital. Scanso, Engl. Sconce, Schwed. Skans,
im Pohln. Szanc, im Wend. Schanza. Eine Erdschanze, wenn sie nur von Erde
aufgeworfen ist. Eine Feldschanze, welche auf freyem Felde aufgeworfen wird. An
manchen größern Festungen befinden sich gleichfalls mit gemauerten Gräben,
Außenwerken u. s. f. versehene Schanzen, welche in andern Rücksichten Castelle,
Citadellen u. s. f. heißen. Vielleicht von schanzen graben, da es denn
eigentlich ein aus ausgegrabener Erde bestehendes Festungswerk bedeuten würde,
oder auch von der vorigen Bedeutung der Bedeckung. Im Ital. ist scansare
retten. Er ist mein Schloß und Schanze, Opitz. In einigen Gegenden heißt auch
ein jeder Wall eine Schanze. Anm. Frisch bemerket, daß am Nieder-Rheine auch
die Reißbündel, oder Faschinen, Schanzen genannt werden, wo denn Schanzen
schlagen, ein solches Faschinen-Werk machen bedeutet. In der ersten Bedeutung
leiten es viele aus dem Französischen her, welches wiederum aus dem Lat.
Cadentia abstammen soll. Richtiger betrachtet man Chance und unser Schanze als
Seitenverwandte.
S. Schande zu Anfange. [
1355-1356]