Sauer
, [
1293-1294] -er, -ste, (nicht säurer,
säuerste,) adj. et adv. ein Wort, welches eine Art der Empfindung in Ansehung
des Geschmackes ausdruckt, und dem, was süß ist, entgegen stehet. 1. Eigentlich
der Essig ist sauer. Sauer seyn, sauer schmecken, sauer werden. Saurer Wein,
saures Bier, saure Kirschen, saure Milch. Geistige Körper werden sauer, wenn
sie nach der ersten geistigen Gährung in eine nochnahlige Gährung gerathen, in
welchen die Säure entwickelt wird. Wenn ein saurer Körper zugleich den Mund
zusammen ziehet so heißt er herbe. In einigen Oberdeutschen Gegenden, z. B. in
Baiern, wird es auch sehr häufig für salzig gebraucht, in welchem Verstande es
aber den Hochdeutschen fremd ist. 2. Figürlich. 1) In einem hohen Grade
beschwerlich, viele Mühe kostend und verursachend. Saure Arbeit. Sich es sauer
werden lassen. Diese Arbeit ist mir überaus sauer, blutsauer geworden. Jemanden
das Leben sauer machen, beschwerlich. Diese Rolle wird mir sehr sauer werden,
Gell. Sie wendet noch die letzte Bemühung an, der Liebe den Sieg sauer zu
machen, ebend. Das Stehen wird mir gar zu sauer werden. ebend. Das kommt mir
sauer an, fällt mir zu thun beschwerlich. Mich däucht, es kommt ihnen weit
säurer (saurer) an, eine Sache zu verschweigen, als auszuschwatzen, Gell. 2)
Unangenehm, im Gegensatze des gleichfalls figürlichen süß; in welcher Bedeutung
es doch seltener ist. Geht es gleich sauer ein, Opitz, geschiehet es gleich mit
Widerwillen mit unangenehmer Empfindung. 3) Mürrisch, verdrießlich. Sauer
sehen, sauer aussehen. Ein saures Gesicht, saure Mienen machen. Wenn ihr
fastet, sollt ihr nicht sauer sehen, wie die Heuchler, Matth. 6, 16. Du sahst
so sauer aus, als wäre dirs nicht recht, Rost. So sauer auch die liebe Mutter
sah, Gel. Etwas Saures in seiner Gemüthsart haben, etwas Mürrisches,
Verdrießliches. Anm. Bey dem Ottfried suar; bey der Winsbeckinn sur, im
Nieders. suur, im Angels. sur, im Engl. sour, im alt Französ. und Bretagnischen
sur, im Schwed. sur, im Pers. sciur, im Pohln. surowy, im Slavon. seron. Die
Sylbe er ist hier entweder die gewöhnliche Ableitungssylbe, da denn sau die
Stammsylbe seyn würde, oder das r gehöret, wie noch wahrscheinlicher ist zu dem
Stamme, so daß das e vor demselben nur um des Wohllautes willen eingeschaltet
worden. In diesem Falle würde es zu scharf, dem Hebr. -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - , rauch, unserm sehr, in versehren,
zu Sorge u. s. f. vielleicht auch zu dem Lat. severus, gehören, in welchen
allen eine sehr lebhafte unangenehme Empfindung zum Grunde liegt, welche
allemahl eine Figur einer heftigen Bewegung ist. Nach dem Pelletier bedeutet
auch -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - im Hebr. sauer;
gewisser ist, daß -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - in
dieser Sprache den Sauerteig bedeutet. In Bannetois heißt hüero sauer, welches
mit unserm herb überein kommt, zumahl da h und s sehr oft in einander
übergehen. In Boxhorns Glossen heißt ohne f Virlust die Säure, und urlusthihho
sauer. In den gemeinen Sprecharten ist für säuerlich auch serblich üblich. Da
das e vor dem r allem Ansehen nach um des Wohllautes willen eingeschaltet ist,
so fällt dasselbe oft wieder weg, wenn in der Verlängerung des Wortes ein e auf
das r folgt; ein saurer Wein, für sauerer, die Säure, für Säuere; aber für
säuren sagt man lieber säuren. [
1295-1296]