2. Die Sau
, [
1291-1292] plur. die Säue, und bey den
Jägern so wohl, als im Oberdeutschen die Sauen. 1. Ein erwachsenes Schwein
überhaupt, ohne Unterschied des Geschlechtes; zum Unterschiede von einem Ferkel
und Frischlinge. 1) Eigentlich. (a) Bey den Jägern wird ein jedes erwachsenes
wildes Schwein ohne Unterschied eine Sau und im Plural die Sauen genannt. Soll
das Geschlecht näher bestimmt werden, so heißt eine Sau männlichen Geschlechtes
ein Sauschwein, eine Schweinesau, ein hauend Schwein, ein Hauer oder Keiler,
und eine Sau weiblichen Geschlechtes eine Bache. (b) Von den zahmen Schweinen
wird es gleichfalls sehr häufig von beyden Geschlechtern, oder vielmehr von
dieser Art Thiere gebraucht, wenn man ihr Geschlecht nicht näher bezeichnen
will oder kann. Der Plural hat hier gemeiniglich die Säue in vielen gemeinen
Sprecharten aber gleichfalls die Sauen. Die Säue hüthen, die Schweine. Eine
Herde Säue. Die Teufel fuhren in die Säue, Matth. 8, 32. Indessen ist es in
dieser allgemeinen Bedeutung niedriger als das gleichbedeutende Schwein, daher
man in der anständigen Sprechart dieses jenem allemahl vorziehet. In den
gemeinen Sprecharten aber gebraucht man es statt dessen auch in den
Zusammensetzungen Saubraten, Saufleisch u. s. f. für Schweinsbraten,
Schweinefleisch. 2) Figürlich. (a) Eine unreinliche, schmutzige Person,
besonders weiblichen Geschlechtes, doch nur in den niedrigsten Sprecharten und
im verächtlichen Verstande, von der bekannten unreinlichen Eigenschaft dieser
Thiere. (
S. auch Sauen und säuisch.) (b) Ein Klecks, besonders
ein Tintenklecks, heißt im gemeinen Leben häufig so wohl eine Sau als ein
Schwein, welchen Nahmen in den niedrigen Sprecharten auch wohl ein jeder Fehler
bekommt. Eine Sau machen, Ital. Porco. 2. In engerer Bedeutung, eine Sau oder
ein Schwein weiblichen Geschlechtes, besonders wenn sie schon geworfen hat, die
man auch eine Fährmutter, ein Mutterschwein, im Nieders. eine Mutte, in andern
Gegenden eine Mocke, in der Schweiz eine Mohr, in Österreich eine Zaucke, in
Schlesien eine Ranze und Range zu nennen pflegt, um sie dem Eber, Bär oder
Hacksch entgegen zu setzen. In dieser eingeschränkten Bedeutung wird es nur von
zahmen Schweinen gebraucht, denn eine weibliche wilde Sau heißt am
gewöhnlichsten eine Bache oder Leene. Anm. Schon in dem Galischen Gesetze ist
Suden ein Schweinstall. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno lautet dieses
Wort Su, im Engl. Sow, im Schwed. So, und im Lat. Sus, welches von dem Griech.
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - abstammet, weil s und h
immer in einander übergehen. Mit dem Endlaute g oder ch heißt eine Sau im
Nieders. Söge, im Fries. Siugge, im Westphäl. Sugge, im Österr. Zaucke, im
Angels. Sugu und Syge, im Finnländ. Sica, im Estnischen Siga, in der
Lakonischen Mundart der Griechen -
hier nichtlateinischer Text, siehe
Image - , mit dem Hauche statt des s im Armenischen -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - , im Wallis. Hvvch, im Bretagnischen
Houch, im Engl. Hog; wohin auch unser Hacksch, ein Eber, gehöret. Alle diese
Wörter bedeuten theils ein Schwein überhaupt, theils aber auch ein weibliches
Schwein. Ihre hält das alte Nordische Saur, Koth, im Deutschen Hor und Gor, für
das Stammwort, ohne zu erwägen, daß der Begriff der Unreinlichkeit erst eine
von diesem unreinlichen Thiere entlehnte Figur ist. Wachter und die meisten
übrigen Wortforscher sehen den eingeschränkten Begriff eines weiblichen
Schweines für den Stammbegriff an, legen die Niederdeutsche Form Söge zum
Grunde, und leiten es von säugen ab. Keinem ist es eingefallen, daß dieses Wort
eine Nachahmung des diesem Thiere, und besonders dem weiblichen Geschlechte
desselben, so eigenthümlichen Lautes ist, welchen schon stammelnde Kinder durch
hüs, hüs, ausdrucken, und so wie die Griechen ihr -
hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - zu Benennung eines Schweines gebrauchen. Eben darin
liegt auch der Grund, warum dieses Wort nur von erwachsenen Schweinen gebraucht
wird. Das Niederdeutsche und verwandte Söge ist der durch ein Suffixum
verstärkte Ausdruck dieses Lautes, den auch die Lateiner in ihrem Diminut.
Sucula haben, so wie ihr Endlaut s in suarius, suatim, suillus ganz wegfällt,
in subare und surire aber in andere übergehet.
S. auch Schwein. In den folgenden Zusammensetzungen
bedeutet es theils ein Schwein überhaupt, wo er zuweilen, aber nicht immer, mit
Schwein - vertauschet werden kann, theils aber auch ein wildes Schwein.
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1291-1292]