Der Sattel
, [
1283-1284] des -s, plur. die Sättel, ein
Ort, wo man sitzet, ein Werkzeug oder Gestell, worauf eine Person oder ein Ding
sitzet. 1. * In der eigentlichen und weitern Bedeutung, wo es ehedem von einem
jeden Stuhle üblich war; bey dem Ulphilas Sitl, Angels. Setl, Nieders. Setel. (
S. Sessel und Siedel.) In dieser Bedeutung ist es längst
veraltet, und wir gebrauchen es, 2. Nur im engern Verstande, von einer Art
eines Stuhles oder Sitzes, vermittels desselben bequem und sicher zu Pferde zu
sitzen. Sattel und Zeug, wo unter dem letzten Worte das übrige zum Reiten
gehörige Geschirr verstanden wird. Einem Pferde den Sattel auflegen. Das Pferd
that einen Satz und rückte seinen Reiter aus dem Sattel. Jemanden aus dem
Sattel heben oder werfen, eine von den ehemaligen Turnieren entlehnte
figürliche R. A. ihn mit Geschicklichkeit, Geschwindigkeit oder List eines
Vortheiles berauben. Fest im Sattel sitzen, sich seines Vortheiles nicht
berauben lassen, seiner Sache gewiß seyn. Sich in den Sattel schwingen, auch
zuweilen figürlich, durch seine Geschicklichkeit einen Vortheil erhalten.
Jemanden in den Sattel helfen, ihm zu einem Amte, zu einem Vortheile behülflich
seyn. In alle Sättel gerecht seyn, sich in alle Umstände zu schicken wissen.
Ein Urtheil, das in alle Sättel gerecht ist, welche auf alle Fälle paßt. In der
Oberlausitzischen Unterthanenordnung ist, sich auf den Sattel legen, müßig
leben. Gemeiniglich verstehet man unter Sattel schlechthin einen Reitsattel,
wie man diesen auch nennet, wenn man ihn von einem Saumsattel unterscheiden
will. Von jenem gibt es mehrere Arten. Die Englischen Sättel sind leicht und
ganz glatt, die Pohlnischen sind klein und leicht, die Deutschen schwer und
tief. Zu den letztern gehören der Tummelsattel, der Kleppersattel u. s. f. Der
Quer- oder Weibersattel ist für das weibliche Geschlecht. 3. Figürlich. 1) Oft
bekommen viele Dinge und Theile anderer Werkzeuge den Nahmen eines Sattels,
entweder wegen einiger Ähnlichkeiten mit einem Reitsattel, oder auch so fern
ein anderes Ding darauf sitzet oder ruhet; in welchem letztern Falle denn das
Wort zur erstern weitern Bedeutung gehöret. So wird an einer Malzdarre das
Gewölbe, welches die Darre eigentlich ausmacht, und auf den Seitenmauern ruhet,
wegen seiner Ähnlichkeit der Sattel genannt, um welcher Ähnlichkeit willen auch
eine Art Austern diesen Nahmen führet, (
S. Sattelmuschel.) Bey den Vogelstellern ist der Sattel
eine Art des Vogelfanges, wo mit Schlingen von Pferdehaaren auf einer
lebendigen Taube nach den Raubvögeln gestellet wird, welches man auf dem Sattel
fangen nennet, wo aber der Grund der Benennung noch dunkel ist. In der Anatomie
ist der Sattel oder das Sattelbein, Sella equina, ein Theil des siebförmigen
Beines der Hirnschale, welches mit der dazwischen gelegenen Höhle einen
Pferdesattel vorstellet. In den Wälschen Nüssen wird die Scheidewand, welche
den Kern in vier Theile theilet, im gemeinen Leben der Sattel genannt, ohne
Zweifel, weil er dem Kerne zum Spitze und zur Befestigung dienet. Im Bergbaue
ist der Sattel an den Kunstgestänge ein Stück harten Holzes mit einem Loche in
der Mitte, wodurch man eine Spindel steckt, damit sich derselbe mit dem darauf
liegenden Kunstgestänge hin und wieder bewegen könne. Am Knechte Tischler ist
der Sattel ein Klötzchen, welches bald hoch, bald niedrig gehänget wird, und
worauf das Bret, welches man bearbeitet, mit der hohlen Kante ruhet. Der Sattel
der Tuchbereiter ist ein Galgen von Holz, der die Tuchschere in ihrer Lage
erhält. An den Pressen der Kupferdrucker sind die Sättel vier Büchsen, worin
die beyden Walzen mit ihren Zapfenenden ruhen, und deren ausgeschweifte Ecken
mit Eisenblech überzogen sind. An den Gieß-Instrumenten der Schriftgießer ist
es derjenige Theil, worauf die Matritze ruhet. Und so in andern Fällen mehr. 2)
* Ein Sitz auf dem Lande, d. i. ein Wohnhaus mit den dazu gehörigen
Grundstücken, ein Gut; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung, wovon aber
doch noch verschiedene Spuren vorkommen. In der Kärnthischen Gerichtsordnung
bedeutet die R. A. dem Kläger in den Satel weisen, ihn in den Besitz des Gutes
setzen.
S. auch Siedel und einige der folgenden
Zusammensetzungen. Anm. In der zweyten engern Bedeutung eines
Pferdesattels, schon bey dem Stryker und im Schwabens. Satil, im Nieders. und
Schwed. Sadel, im Angels. Sadl, Sadol, im Engl. Saddle, im Isländ. Sadul, im
Wallis. Sadell, bey den Krainern Sedlu, im Pohln. Siodlo, im Böhm. Sedlo.
Andere Sprachen stoßen nach Art der Niedersachsen das d oder rt aus, wie das
Latein. und Ital. Sella, das Franz. Selle, das Span. Silla. Die Endsylbe ist
die Ableitungssylbe -el, welche so wohl ein Werkzeug, als auch ein Subject, von
welchem etwas gesagt wird, ein Ding, bedeuten kann. Die erste Hälfte gehöret
ohne Zweifel zu sitzen, Nieders. sitten, welches in seinen verschiedenen Formen
fast alle Selbstlaute durchläuft; Sattel bedeutet also ein Ding, worauf ein
anderes sitzet, ob es gleich auch ein Ding bedeuten kann, welches
[
1285-1286] auf einem andern sitzet. Wenn es in einigen
eigenthümlichen Nahmen der Berge ehedem einen Berg überhaupt bedeutet zu haben
scheinet, so kann diese Benennung auch eine Figur der Ähnlichkeit mit einem
Sattel seyn, obgleich auch der Begriff der Erhöhung überhaupt dem Worte gar
wohl zukommen könnte. [
1285-1286]