Satt
, [
1283-1284] -er, -este, adj. et adv. dem
Magen nach voll, so daß die Eßlust durch genossene Speise und Trank befriediget
ist; denn die bloße Abwesenheit des Hungers macht noch nicht satt. 1.
Eigentlich. Satte Gäste. Ein satter (voller) Bauch, in der niedrigen Sprechart.
Ein Satter weiß nicht, wie dem Hungrigen zu Muthe ist. Am häufigsten als ein
Nebenwort. Satt seyn. Satt werden. Sich satt essen, sich satt trinken, sich nur
halb essen. Jemanden satt machen. Nicht satt zu essen haben, nicht so viel
haben, daß man sich satt essen könne. In der anständigen Sprechart gebraucht
man für dieses, seiner eigentlichen Bedeutung der Fülle wegen, oft weniger edle
Worte lieber gesättigt, gesättigt seyn, für satt seyn, und sich sättigen, für
sich satt essen. Ist ein Hauptwort haben, so stehet solches in der edlern
Sprechart nach dem Muster der Oberdeutschen gern in der zweyten, übrigens aber
auch in der vierten Endung. In beyden Fällen kann satt vor oder hinter dem
Hauptworte stehen. Brot satt zu essen haben, Klagel. 5, 6; oder Brotes satt,
satt Brotes zu essen haben. Sie werden des Brotes nicht satt haben, Hiob 27,
14.
S. die folgenden Bedeutungen, wo diese Verbindungsart häufiger
vorkommt. 2. Figürlich. 1) Durch hinlänglichen Genuß der Begierde nach
befriediget, gestillet. Ein Satter, der seine Begierden, sein Verlangen
befriediget hat, und daher keine Begierde weiter empfindet. Am häufigsten auch
hier als ein Nebenwort. Das Auge stehet sich nimmer satt, das Ohr höret nimmer
satt, Pred. 1, 8. Sich an etwas nicht satt sehen können. Sich satt lachen,
schlafen, spielen u. s. f. seinen Trieb zum Lachen, sein Verlangen zu schlafen,
zum Spielen völlig befriedigen. Etwas satt werden, nach dem hinlänglichen
Genusse, nach vieler Übung einer Sache, sein Verlangen darnach befriediget
haben. Er kann es nicht satt werden. Doch wurdet ihrs nicht satt, Gell. Auch
hier mit der zweyten Endung des Hauptwortes, welches aber vorher gehen muß. Des
Reichthumes nicht satt werden, Pred. 4, 8. 2) Durch häufigen Genuß oder
Gebrauch Überdruß empfindend; nur als ein Nebenwort, welches hier gern ein
Hauptwort in der zweyten Endung vor sich hat. Seines Lebens satt seyn,
überdrüssig. Hingegen alt und Lebens satt seyn, bedeutet auch nur, daß man sein
Verlangen zu leben gestillet habe, kein lebhaftes Verlangen nach einem längern
Leben weiter empfinde.
Ich bin des armen Lebens, So wie der Wünsche satt, Günth.
überdrüssig. Man wird seiner bald satt. Sie sind meiner schon
satt, Gell. Bey einigen auch mit der vierten Endung. Da würde ich meine Frau
bald satt werden, Gell. Und wenn er alsdann das schöne Gesicht satt wäre, Less.
3) Für genug; Lat. satis. Satte Nahrung haben, Opitz, genug. Im Hochdeutschen
nur als ein Nebenwort. Ich habe nicht satt Zeug dazu. Satt zu thun haben. 4)
Zuweilen wird es auch von Farben gebraucht, und bedeutet alsdann dunkel,
gleichsam eine völlig gesättigte Farbe. Ein sattes Gelb, sattgelb, dunkelgelb.
Sattgrün u. s. f. So wie es Haller von dem Glanze gebraucht:
Die unzählbaren Heere, Die ungleich satt von Glanz des
mitgetheilten Lichts In langer Ordnung stehn von Gott zum öden Nichts.
Anm. Schon bey dem Notker und Ottfried sat, bey dem Ulphilas
sad, im Nieders. gleichfalls satt, im Engl sated, im Pohln. syt, im Böhm. syty,
im Lat. sat, satur. Da dieses Wort doch eigentlich die Empfindung des mit
hinlänglicher Speise angefüllten Magens bedeutet, so scheinet es zunächst zu
schütten zu gehören, so fern es ehedem überhaupt füllen, anfüllen bedeutet hat.
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1283-1284]