2. Die Rede
, [
1011-1012] plur. die -n, ein Wort,
welches jetzt nur noch in einer doppelten Hauptbedeutung üblich ist. 1. Als ein
Abstractum und ohne Plural. 1) Das Vermögen zu reden, d. i. seine Gedanken
durch vernehmliche Laute auszudrucken; wo es, statt des in dieser Bedeutung
gewöhnlichen Sprache, doch nur noch in einigen Fällen gebraucht wird. Die Rede
ist ihm vergangen. Die Rede wieder bekommen. Mit der Rede nicht wohl fortkommen
können. Einen seltenen Fluß der Rede besitzen. 2) Die Art und Weise dieses
Vermögens; so wohl in Ansehung des Klanges, des Lautes. Seine Rede war wie ein
groß Getöne, Dan. 10, 6. Eine vernehmliche undeutliche Rede haben. Ich kenne
ihn an der Rede, an der Sprache an der Stimme. (
S. auch Ausrede.) Als auch in Ansehung der Abmessung.
Die gebundene Rede, die Poesie, in Ansehung der ungebundenen oder der Prose. 2.
Als ein Concretum, was man redet, Laute und Worte, so fern sie Zeichen der
Gedanken sind, eine Reihe mit einander verbundener Worte, ein durch die Rede
oder das Vermögen zu reden ausgedruckten Gedanke. 1) Überhaupt, von einer jeden
Reihe verbundener Worte; wo es wieder auf eine doppelte Art gebraucht wird. (a)
In Gestalt eines Collectivi, wenigstens ohne Plural, wo es besonders in einigen
einmahl angenommenen Arten der Ausdrücke üblich ist. Es ist der Rede nicht
werth, nicht werth, daß man davon spricht. Davon ist die Rede nicht, davon wird
nicht geredet. Auf die Rede von etwas kommen, besser, auf etwas zu reden
kommen. Die Rede siel bald auf dieß, bald auf jenes, das Gespräch. Das ist
meine Rede jederzeit gewesen, das habe ich jederzeit gesagt. Er gibt nichts auf
meine Rede, auf das, was ich ihm sage. Vergessen sie ihre Rede nicht, vergessen
sie nicht, wovon sie reden, oder was sie sagen wollten. Jemanden in die Rede
fallen, ihn im Reden unterbrechen, ihm in das Wort fallen. (b) In beyden
Zahlen, von dem was man redet. Verschonen sie mich solchen Reden. Jemandes
Reden auffangen. Jemanden unnütze Reden geben. Kurzweilige Reden führen. Was
habt ihr für Reden unter einander? Eine Rede gab die andere. Glaubet meinen
Reden. Nicht auf Einer Rede bestehen. Gotteslästerliche Reden ausstoßen. Solche
Reden kommen über meinen Mund nicht, Gell. Es wird in diesen und andern
ähnlichen Ausdrücken am häufigsten von kurzen durch die Rede ausgedruckten
Sätzen gebraucht, daher man in den meisten Fällen auch dafür Worte gebraucht.
Da es ein sehr allgemeiner Ausdruckt ist, so gebraucht man in den meisten
Fällen dafür lieber die bestimmtern Ausdrücke Vorstellung, Ermahnung, Warnung
u. s. f. In der Deutschen Bibel kommt es so wohl im Singular allein, als auch
in beyden Zahlen sehr häufig vor, den bekannt gemachten Willen Gottes, die
Lehren anderer u. s. f. zu bezeichnen; in welcher Bedeutung es aber
ungewöhnlich ist.
S. auch die Zusammensetzungen Abrede, Anrede, Einrede,
Gegenrede, Vorrede, Widerrede, Nachrede u. s. f. 2) In engerer Bedeutung,
von besondern Arten der durch Worte ausgedruckten Gedanken. (a) Ein Gerückt. Es
gehet die Rede, er sey todt. Es gehen allerley seltsame Reden von ihm. Eine
Rede aussprengen. In engerer Bedeutung ist die Rede, ohne Plural, derjenige
Zustand, da andere Leute übels oder verdächtiges von uns reden. In dieser
Bedeutung sagt man, in der Rede seyn, in die Rede kommen, jemanden in die Rede
bringe. Ein ehrlicher Mensch kann oft unschuldig in die Rede kommen. Also hat
er meine Tochter nur in die Rede bringen wollen? Gell. (b) Rechenschaft, d. i.
Anzeige der Bewegungsgründe seines Verhaltens an einen Obern; ohne Plural.
Jemanden zur Rede setzen oder stellen, ihn fragen, was und warum er es gethan
habe; ihn wegen einer Sache zur Rede setzen. Jemanden Rede stehen; eine im
Hochdeutschen ungewöhnliche Art des Ausdruckes. Ich werde mit Deutschem Muthe
jedem Rede stehen, der u. s. f. Hermes. Ingleichen in Verbindung mit Antwort.
Rede und Antwort von etwas geben, Rechenschaft. Reda kommt in dieser Bedeutung
schon bey dem Kero vor, und ist hier noch ein Überbleibsel des alten
Gebrauches, da es auch für Grund, Ursache, Lat. Ratio, gebraucht wurde. (
S. die Anmerkung) (c) Ein feyerlicher Vortrag,
Überredung bey andern zu wirken. Eine weltliche Rede, zum Unterschiede von
einer geistlichen Rede oder Kanzelrede welche auch eine Predige genannt wird.
Eine Einweihungsrede, Schulrede, Huldigungsrede, Leichenrede, Lobrede u. s. f.
Eine Rede an das Volk halten. In der Rede stecken bleiben. Eine Rede auf den
Tod des Landesherren halten, bey Gelegenheit desselben, auf dessen
Veranlassung. Eine Rede über etwas halten, dasselbe zum Grunde, zum Hauptsatze
der Rede wählen.
S. Redekunst. Anm. Schon bey dem Kero Reda, bey dem
Ottfried im Plural Redinu, im Nieders. Rede, bey dem Ulphilas Raeda, im
[
1013-1014] Schwed. Reda, im Isländ. Raeda, im Wallis.
Araith. Ehedem bedeutete es auch theils die Art und Weise, wie Rheda im Isidor,
theils die Reihe, Ordnung, theils den Grund, die Ursache, den Beweis, theils
die Vernunft; welche beyden letztern Bedeutungen das Nieders. Rede noch hat,
und worin es mit dem Lat. Ratio überein kommt. So gar im Arab. ist Ridaon das
Verständniß, Reed eine Widerlegung, und im Persische Rede die Reihe, Ordnung.
Den Grund dieser dem Anscheine nach so verschiedenen Bedeutungen,
S. in der Anmerkung zu dem Zeitworte reden. In der
Deutschen Bibel lautet der Plural, wenigstens in vielen Ausgaben, mehrmahls
Rede für Reden. Die Rede des Herrn sind durchläutert, Ps. 18, 31.
[
1013-1014]