Der Rain
, [
923-924] des -es, plur. die -e,
Diminut. das Rainchen, ein noch auf dem Lande vieler Gegenden, besonders
Obersachsens, übliches Wort, welches in verschiedenen Bedeutungen vorkommt. 1)
Ein Hügel, wovon Frisch einige Beyspiele anführet, auf welchen diese Bedeutung
aber noch nicht erweislich ist, indem entweder der Begriff der mit Gras
bewachsenen grünen Fläche, oder auch der Gränze darin der herrschende zu seyn
scheinet. 2) Ein mit Gras bewachsener grüner Platz; ein Anger. So ist der
Gemeinderain ein solcher Platz, welcher zur Weide dienet. Der Schießrain, ein
grüner Platz, worauf sich die Bürgerschaft im Schießen zu üben pflegt. Da aber
auch in diesen Fällen der Begriff der Länge und geringen Breite Statt findet,
so scheinet es auch hier zu der folgenden Bedeutungen zu gehören. 3) Am
häufigsten ist in der Landwirthschaft der Rain ein schmaler Strich Landes,
welcher zwischen zwey Äckern ungepflügt liegen bleibet, und mit Gras bewachsen
ist, da er denn diesen Äckern so wohl zur Gränze dienet, als auch als eine
Weide und zur Gräserey genutzt wird; des Rasenrain, Gränzrain, Feldrain,
Schiedrain. Den Rain abpflügen, oder, wie man in einigen Gegenden sagt,
absacken, etwas davon zu seinem Acker pflügen. In weiterer Bedeutung wird auch
die Gränze einer Dorfflur, so fern sie aus einem ungepflügten mit Gras
bewachsenen Lande bestehet, ein Rain genannt, welches Wort denn auch wohl in
noch weiterer Bedeutung von einer jeden Gränze überhaupt gebraucht wird. Anm.
Im Nieders. Reen. Wer den Begriff der grünen mit Gras bewachsenen
Beschaffenheit für den herrschenden in diesem Worte hält, wird es ohne großen
Zwang von grün ableiten können, welches nur den Gaumenlaut vor sich genommen
hat. Allein es scheinet der Hauptbegriff in der langen schmalen Beschaffenheit
der Feldraine der dritten Bedeutung zu liegen, so daß Rain eigentlich einen
langen schmalen Körper, und in weiterer Bedeutung, das äußerste dieser Art an
einem Körper bedeuten würde. Rain ist also ein naher Verwandter von rahn,
rahnig, Rand, Ranft, Rinde, wovon mit allerley Vor- und Nachlauten auch Brink,
Franse Braune in Augenbraune, Gränze, Strand u. s. f. abstammen. Im Schwed. ist
Ren so wohl ein Pfahl, als die Gränze. Ottfrieds rinan, berühren, und figürlich
gränzen, gehöret auch dahin. (
S. Rainen.) Da die meisten Verwandten dieses Wortes ein
a haben, so schreibt man es auch gemeiniglich mit einem ai, so fremd und widrig
dieser Oberdeutsche Doppellaut den Hochdeutschen auch klingt. Indessen
schreiben und sprechen die Niederdeutschen und alle ihre Sprachverwandten Reen;
und wer wollte es den Hochdeutschen verargen, wenn sie Rein schrieben, da sie
wirklich so sprechen? Eine Zweydeutigkeit mit rein, purus, ist nicht zu
befürchten, da der Fall wohl nicht leicht vorkommen dürfte. Das Oberdeutsche
Rain, ein Tiegel, gehöret zu einem eigenen Stamme.