Prahlen
, [
821-822] verb. reg. neutr. welches das
Hülfswort haben erfordert, und so wie Pracht, eigentlich eine dreyfache
Bedeutung hat. 1. * Mit lauter und ungestümer Stimme reden; eine im
Hochdeutschen veraltete Bedeutung, in welcher es aber in Niedersachsen noch
völlig gangbar ist. Das Franz. brailler bedeutet gleichfalls viel und laut
reden, und Braillard einen solchen Schreyer. Es ist in dieser Bedeutung aus der
Natur selbst entlehnet, und ahmet den Schall einer solchen ungestümen Stimme
genau nach. 2. Figürlich. 1) Glänzen durch einen äußern Glanz, durch schöne
bunte Farben seine Vorzüge an den Tag legen; eine noch im gemeinen Leben
gangbare Bedeutung. Die Treffe prahlt, wenn sie ein sehr schönes äußeres
Ansehen hat. (
S. Prahlsalat.) In weiterer Bedeutung wird es zuweilen
auch von einem jeden prächtigen viel versprechenden äußern Ansehen gebraucht,
wo es von einigen neuern Dichtern auch wohl active gebraucht wird.
Im weißen Strumpfe prahlt die dicke Wade Kraft, Zachar. Wenn
seine Feder strahlt. Und hoher Stand und Geld die goldne Weste prahlt, ebend.
Im Schwed. ist Pral, und im Isländ. Prial gleichfalls Glanz,
und in der erstern Sprache, prala stolz, prächtig einher gehen. Die Figur von
dem Schalle auf den Glanz kann hier so wenig befremden, als in hell, Pracht und
andern ähnlichen Wörtern. 2) Unerhebliche Dinge als Beweise eigener Vorzüge zur
Schau auslegen, besonders in engerer Bedeutung, wenn dasselbe mit Worten
geschiehet, sich ungegründeter oder doch übertriebener Vorzüge auf eine
ungebührliche Art rühmen, wo die Figur so wohl von dem Glanze als auch der
lauten Stimme hergenommen ist. Ein Mensch prahlt, so wohl wenn er sich Vorzüge
beyleget, welche er nicht hat, als auch, wenn er diejenigen, welche er
besitzet, auf eine ungebührliche Art vergrößert. Mit etwas prahlen. Mit seinem
Gelde, mit seinen Kleidern prahlen, sie als Merkmahle seiner Vorzüge
ungebührlich zur Schau auslegen.
Ein Arzt, der sich zum Doctor prahlt,
So auch das Prahlen. Anm. Im Nieders. gleichfalls pralen.
Frisch läßt es von dem schon angeführten Franz. brailler, Wachter aber von
parler abstammen. Allein, die Endsylbe zeiget uns, daß dieses Zeitwort ein
Frequentativum oder Intensivum ist, welches von einem jetzt veralteten prahen,
oder mit dem härtern Oberdeutschen Hauche pragen, abstammet, von welchem noch
Spuren genug vorhanden sind. Hornegk gebraucht progen wirklich für prahlen, und
im Engl. ist Brag noch jetzt Prahlerey. Dieses progen und pragen aber ist mit
prachen und prochen, dem Stammworte von Pracht, ein und eben dasselbe Wort, und
daher kommt es auch, daß prahlen so wohl als Pracht, zunächst von der Stimme,
hernach aber auch von dem Glanze gebraucht werden. Prahlen stehet also für
pragelen; woraus zugleich erhellet, daß man dieses Wort bisher mit dem besten
Grunde mit einem h geschrieben, um den ausgestoßenen Hauchlaut dadurch
anzudeuten. Nur einige neuere Sprachlehrer haben aus Unkunde der Abstammung das
h ausstoßen, und dieses Wort pralen schreiben wollen. In dieser intensiven oder
frequentativen Form liegt zugleich die Ursache, warum prahlen allemahl den
Nebenbegriff des Ungebührlichen und Übertriebenen bey sich hat, dagegen dessen
Geschlechtsverwandte Pracht und prangen in einem sehr unschuldigen Verstande
gebraucht werden.
S. Prangen. [
823-824]