2. Die Platte
, [
783-784] plur. die -n, Diminut. das
Plättchen, Oberd. Plättlein, von dem Beyworte platt. 1. Eine platte, d. i.
flache, ebene Fläche. Im Oberdeutschen scheinet es in allen Fällen üblich zu
seyn, wo dieser Begriff Statt findet, da es denn auch wohl die Plätte lautet.
So ist die Plätte eines Degens daselbst dessen Fläche, die Oberplätte eines
Dinges dessen Oberfläche. Eben daselbst ist die Platte, oder nach einer andern
Mundart die Plasse, Blasse, Blöße, der kahle von Bäumen beraubte Gipfel eines
Berges, oder Felsens, zuweilen auch die kahle jähe Seite desselben.
Fueg dich Von stund an und on allen Verzug Auf die hohen
platten unnd lug (siehe) Wenn der held Tewrdank kumbt darauf, Theuerd. Kap. 47.
Nu solt ir warlich gelauben mir Das dahin ist ein pöser weg Stükel und gar
wenig anleg Dazu auch ganz schmal und ein plat, ebend. Theurdank ging mit
sorgsamkeit Auf der platten das pöß geleyt, Kap. 20.
In dieser Bedeutung eines kahlen Berggipfels, wo es auch von
bloß abstammen kann, kommt es in den gemeinen Sprecharten noch häufig vor. In
Zürich ist ein Platz, welcher auf der Blatten, oder vielmehr auf der Platten
heißt, wo ehedem der Rabenstein war. Vermuthlich war es eigentlich ein kahler
Hügel. Im Hochdeutschen ist es nur noch in einigen Fällen üblich. An einer Art
heißt der flache ebene Hintertheil des Ohres die Platte. Am häufigsten
gebraucht man es von der kahlen, von Haaren entblößten Stelle auf dem Wirbel
des Hauptes, welche auch die Glatze genannt wird. Eine Platte haben, bekommen,
eine solche Stelle. Besonders so fern selbige in der Römischen Kirche das
Merkmahl der Priester ist. Sich eine Platte scheren lassen. Er soll auch keine
Platte auf seinem Haupt haben, 3 Mos. 21, 5. Und die Priester scheren den Bart
ab, und tragen Platten und sitzen da mit bloßen Köpfen, Bar 6, 30. Schon bey
dem Notker Blattu. Und allen die man blatten scher, in der Parän. Tirol. Bey
dem Hornegk heißt eine Platte der Geistlichen Pan, vermuthlich von Bahn. In der
niedrigen Sprechart bedeutet Platte auch zuweilen den Kopf selbst. In einigen
Oberdeutschen Mundarten ist die Platte, Blasse, Blässe, das Vorderhaupt, die
Stirn. In dieser und der ganzen vorigen Bedeutung einer kahlen Stelle kann es
auch zu bloß und Blöße gehören, weil nichts gewöhnlicher ist, als die
Verwechselung des s und t.
S. auch Blatt 4. 2. Ein platter, d. i. breiter und
ebener Körper, ein Körper, von welchem nichts weiter merkwürdig ist, oder von
welchem man nichts weiter bezeichnen will, als daß er platt, d. i. breit und
eben, ist, wo es von allen Körpern dieser Art, wenn sie zugleich von einer
festen Materie, d. i. von Stein oder Metall, sind, gebraucht wird. Eine Platte
von Eisen, Bley, Zinn, Kupfer, Gold, Silber, oder eine Eisenplatte, Bleyplatte
u. s. f. Ein Goldplättchen u. s. f. Die Platte setzt allemahl eine gewisse
beträchtliche Dicke voraus; fehlt diese, so ist es Blech. Die Ofenplatte,
Herdplatte u. s. f. eiserne Platten, woraus ein Ofen zusammen gesetzt wird,
welche auf den Herd gelegt werden. Ehe die heutige Art zu münzen eingeführet
wurde, waren in manchen Ländern metallene Platten von einem gewissen Gewichte
und Zeichen anstatt des Geldes üblich. So hatte man in Schweden noch vor nicht
gar langer Zeit Kupferplatten, welche sechs Kupferthaler galten. Auch in
Spanien war die Moneta de Plata ehedem solches Geld in Platten, und die
heutigen Piaster sind ihrer Wortbedeutung nach auch nichts anders als Platten.
Die Kupferplatte der Kupferstecher gleicht oft nur einem starken Bleche.
Figürlich werden auch die ähnlichen hölzernen Breter, worauf die Holz- und
Formschneider ihre Figuren schneiden, wenn sie eine beträchtliche Fläche haben,
und nicht bloße Stöcke sind, Platten genannt, ungeachtet dieses Wort sonst von
dem Holze nicht gebraucht wird. Eben so werden auch platte, d. i. ebene breite
Steine, welche um ein beträchtliches länger und breiter als dick sind, Platten
genannt. Daher sind unter diesem Nahmen auch die gebrannten Pflastersteine
bekannt, welche eine beträchtliche Größe in Ansehung ihrer Dicke haben, und
womit man die Fußböden zu pflastern pflegt. Kleinere dünne Steine dieser Art
heißen Fliesen. Besonders gehauene Steine dieser Art. Die Schieferplatte,
Marmorplatte u. s. f. Den Fußboden mit Platten belegen. Die Tischplatte, ein
steinernes Tischblatt, welches, wenn es von Holz ist, nur das Blatt heißt. Von
dem steinernen Platten rühret auch die in der Baukunst übliche Bedeutung dieses
Wortes her, wo so wohl das obere platte Glied in den Capitälen, als das
unterste größte platte Glied des Fußgesimses, die Platte genannt wird, weil es
eine steinerne Platte vorstellet. Eben daselbst werden oft alle kleine entweder
erhabene oder auch ausgehöhlte Glieder Plättchen oder Plättlein genannt. Auch
der gemeiniglich platte Kopf eines Nagels heißt häufig die Platte, weil er eine
kleine Platte vorstellet, wenn es [
785-786] anders hier
nicht eine von der Platte auf dem menschlichen Haupte entlehnte Figur ist. Ein
Nagel mit einer Platte, mit einem Kopfe. Den Nagel auf die Platte schlagen. 3.
Ein aus metallenen Platten verfertigtes Ding; in welchem Verstande ehedem das
Bruststück eines Harnisches, weil es aus einer Platte geschlagen oder
geschmiedet wurde, die Brustplatte, oder auch nur die Platte schlechthin, im
mittlern Lat. Plata hieß. (
S. Plattner.) In den Papiermühlen heißen die
schalenförmigen runden Eisen, womit die Löcher in dem Löcherbaume ausgeleget
sind, gleichfalls Platten. 4. So fern platt in vielen Gegenden noch für flach,
d. i. wenig tief, üblich ist, kommt die Platte noch in einem doppelten
Verstande vor. 1) In Baiern ist die Plätte oder Platte eine Art flacher
Fahrzeuge auf Flüssen. Die Postplätte ist daselbst eine Art Jachtschiffe,
welche sehr geschwinde gehen. Bey den Italiänischen Schriftstellern der
mittlern Zeiten sind Platae und Plattae ähnliche flache Schiffe. Ja im Oberd.
wird oft eine jede Fähre wegen ihrer flachen Beschaffenheit eine Platte
genannt. 2) Eine flache Schüssel heißt in Ober- und Niederdeutschland häufig
eine Platte, im Ital. Piatto, Franz. Plat, Engl. Platter, Nieders. Platte. Eine
Fischplatte, eine Fischschüssel; Oblatenplatte, der Oblatenteller. Du sollst
bey mir wohnen, und aus Gold trinken, und die köstlichsten Speisen aus
silbernen Platten essen, Geßn. Anm. In der zweyten Bedeutung im Engl. Plate, im
Schwed. Plat, im mittlern Lat. Plata, im Angels. Platung. Im Wallach. ist
Plithare, und im Albanisch. Plithar, ein Ziegelstein, Later, welches
Lateinische Wort selbst hierher gehöret, so wie Fliese, Blatt, Plansche, und
die meisten vorher gegangenen; auch das Nieders. Leiden, eine Schieferplatte.
Platte druckt den Schall aus, welchen ein platter schwerer Körper im Fallen
macht, (
S. 1 Platz.) Das Nieders. Plate bedeutet noch, theils
eine Weiberschürze, theils auch eine Sandbank. [
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