1. * Der Paß
, [
663-664] des -sses, plur. die Pässe,
ein gleichfalls nur im gemeinen Leben, besonders Nieder-Deutschlandes, übliches
Wort. 1) Ein Maß, ein Ziel, ein Gewicht und ein abgemessenes Ding zu
bezeichnen; doch nur in einigen Fällen. Daß der Zirkel ehedem diesen Nahmen
geführet haben müsse, erhellet aus dem Franz. Compas. Jetzt heißt er im
Holländ. und Nieders. Passer, von dem Zeitworte passen. Ehedem gebrauchte man
es auch in einigen Gegenden für den Tact in der Musik, denn Apherdian hat die
R. A. nach dem Passe tanzen. Der Wasserpaß ist in einigen Salzwerken das
Gewicht des Gefäßes mit süßem Wasser bey dem Probiren der Sohle, gegen welches
man eben so viele Sohle abwieget. Im gemeinen Leben hat man eine Art hoher
Trinkgläser, welche von einem Raume zum andern mit Reifen versehen sind, welche
Reife, so wie der zwischen zwey reifen eingeschlossene Raum, ein Paß genannt
werden. (
S. Paßglas.) Ein Paßglas mit vier Pässen. Einen Paß
austrinken. Da denn auch wohl das Paßglas selbst ein Paß heißt.
Da soff man nun mit ganzen Pässen Auf aller H - - Wohlseyn
los, Günth.
Diese Gewohnheit, die Trinkgeschirre in gewisse Theile oder
Räume abzutheilen, ist alt. Frisch führet eine Stelle aus Alberici Chronik in
Leibnitzens Acces. an, wo er sagt: Dunstanus Episcopus in Anglia, ut potationem
compatriotarum refrenaret, clavos aureos vel argenteos vasis infigi jussit. ut,
dum quisque metam suam cognosceret, non plus lubserviente verecundia vel ipse
appeteret vel appetere cogeret. In den alten Statuen von Vercelli bey dem Du
Fresne ist Passus und Pazellus eine Art eines unbekannten Maßes oder Gewichtes.
Falla penia, heißt es daselbst, statera passus, balancia, marchus. Im Holländ.
ist Pols und Passe das Ebenmaß, die Symmetrie. 2) In engerer Bedeutung und ohne
Plural, das rechte Maß, die rechte bequeme Zeit; wo es nur im Niederdeutschen
und den verwandten nördlichen Sprachen mit einigen Vorwörtern gebraucht wird.
Die Schuhe sind mir zu Paß, gerecht, haben das rechte Maß. Von Paß seyn, das
rechte Maß haben. Zu Paß kommen zu rechter zeit. Das kommt mir recht zu Paß, zu
gelegener Zeit, zu Statten. jetzt noch kommt sie zu paß, (zu Paß,) Opitz.
Ingleichen figürlich, der gehörige Zustande der Gesundheit und der
Glücksumstände. Wohl zu Paß seyn, sich ganz wohl befinden, so wohl der
Gesundheit als den Glücksumständen nach. Nicht wohl zu Paß seyn, sich nicht
wohl befinden. Den Gegensatz enthält das Nebenwort, unpaß, welches siehe. Anm.
In der letzten Bedeutung im Holländischen, Englischen und Schwedischen, wo es
gleichfalls nur mit einigen Vorwörtern adverbialiter gebraucht wird auch Pass.
Wachter leitet es wunderlich genug von dem Franz. a propos her, Frisch in der
letzten Bedeutung von dem alten baß, besser, Ihre aber von dem Franz. passer,
erträglich seyn. Alle diese und andere Ableitungen thun dem Worte kein Genüge.
Es scheinet, wenigstens in der ersten Bedeutung, eigentlich ein eingegrabenes,
eingeschnittenes Mahl, oder auch ein spitziges, stechendes Ding, bedeutet zu
haben, da es denn zu heißen in dessen weitesten Bedeutung, zu dem Griech.
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , stechen, zu Spitze und
andern dieses Geschlechtes gehören würde. Bey verschiedenen Handwerkern
bedeutet passig eingegrabene oder getriebene Figuren habend, welches ein
Hauptwort Paß, eine gestochene oder gegrabene Figur, voraus setzt, (
S. Passig, Paßlich, Passen und Unpaß.) Im
Niedersächsischen bedeutet es auch noch Achtung, Aufmerksamkeit. Paß geben,
aufmerken, wo es aber mit 1 Passen zu Pause gehöret.
[
665-666]