2. Derjenige Zustand
, [
523-524] da eine Sache mit Mühe, d. i.
genau, kaum, zu einer Absicht hinreicht und dienlich ist; doch nur in den R. A.
zur Noth, und mit genauer Noth. Der Zeug reicht zu einem Kleide zur Noth, zur
höchsten Noth hin. Er konnte es so zur Noth. Er hat zur Noth zu eben, zu
Befriedigung seiner Nothdurft, zur höchsten Noth, zur Befriedigung der
äußersten Nothdurft. Mit genauer Noth davon kommen. Mit genauer Noth habe ich
ihn gefunden.
Die Wachtel, weiche der Gefahr Des Garns mit Noth entgangen
war, Gell.
d. i. mit genauer Noth. 3. Der Zustand, da man eines Dinges
bedarf; nur noch in einigen Fällen. Ich brauche es zur höchsten Noth. Ich habe
es aus Noth gethan, weil ich dessen bedurfte. Über Noth essen, trinken, mehr
als man zur Nothdurft bedarf, ist nur im Oberdeutschen üblich.
S. auch Nöthig und Vonnöthen. 4. In engerer Bedeutung,
der Zustand, da man in der Wahl der zur Erreichung einer Absicht gehörigen
Mittel eingeschränkt ist. Ich habe es nur aus Noth genommen; weil ich nichts
bessers haben konnte. Ich habe es aus Noth gethan. Wenns die Noth erfordert; im
gemeinen Leben, wenn Noth an Mann geht. Aus der Noth eine Tugend machen.
Jemanden aus der Noth helfen. Einem seine Noth klagen. Ich brauche es zur
höchsten Noth. 5. Besonders, äußerer und physischer Zwang; doch am häufigsten
in der R. A. aus Noth. Etwas aus Noth thun, weil man dazu von außen gezwungen
ist. Wenn es Röm. 13, 5. heißt: so seyd nun aus Noth unterthan, so stehet es
daselbst in der veralteten Bedeutung der sittlichen Nothwendigkeit, weil es
nöthig und nützlich ist, (
S. die folgende Bedeutung.) Im gemeinen Leben sagt man
noch, es thut mir Noth, wenn man den Naturtrieb zur Erleichterung des Leibes
empfindet. Ehedem bedeutet es nicht nur Nothzucht, sondern auch ein Hinderniß.
6. Sittliche Nothwendigkeit, gegründete Ursache; nur in einigen bereits
eingeführten Fällen. Wenns die Noth erfordert. Im Falle der Noth. Es thut Noth,
wird nur in der vertraulichen Sprechart und im Conjunctiv gebraucht. Es thäte
Noth, ich ginge selbst hin, es wäre wohl nöthig, beynahe nöthig. Auch im
ironischen Verstande.
Es thäte wirklich Noth, Du ließest es geschehen, und würdest
niemahls roth, Kost.
Zur Noth, wenn es nöthig ist, wenn gegründete Ursache dazu
vorhanden ist. Ich kann zur Noth auch ein. Liedchen davon singen. Ohne Noth,
ohne gegründete Ursache. etwas ohne Noth thun. Ich halte mich nicht gern ohne
Noth auf. Wie können sie sich doch ohne Noth traurig machen? Gell. Schon
Ottfried gebraucht es häufig für Ursache überhaupt. Bi thera noti, ist bey ihm
aus dieser Ursache, und binoti daher. Im Hochdeutschen ist es jetzt nur noch in
einigen Fällen üblich. Ehedem war echte Noth auch eine gegründete
Entschuldigung, Ehehaften. 7. Derjenige Zustand, da man der Mahl der zur
Wohlfahrt gehörigen unentbehrlichsten Mittel beraubt ist, die Gegenwart eines
Übels, welches unsern Zustand in einem hohen Grade verschlimmert, und zuweilen
auch dieses Übel selbst, wohin denn Gefahr des Lebens und der Wohlfahrt,
langwierige und gefährliche Krankheiten und Schmerzen, Armuth und Mangel an
Nothdurft, Verachtung und Schmach, Kummer und Verdruß gehören. Viele Noth
haben. Noth und Elend, Jammer und Noth. In der äußersten Noth seyn. Jemanden in
seiner Noth beystehen. In Noth kommen, gerathen. Jemanden aus der Noth reißen.
Einem seine Noth klagen. Noth hat kein Geboth, oder Noth bricht Eisen. Noth
lehret bethen. Er weiß nicht, was Noth ist. Die Noth zwingt mich, dringt mich
dazu. Ein Freund in der Noth. Leibesnoth, Seelennoth, Hungersnoth,
Sterbensnoth. Ehedem war in dieser Bedeutung der Plural sehr üblich, der auch
in der biblischen Schreibart, und außer dem in der Dichtkunst noch zuweilen
gebraucht, am sichersten aber in der reinen und anständigern Schreibart
vermieden wird.
Die wollten durch das Schwert sich rächen ihrer Nöthen, Opitz.
[
525-526] Ihr Zuflucht meiner Nöthen,
ebend. Der Stifter dieser Nöthen, ebend. Am häufigsten mit Vorwörtern. In
Nöthen seyn. Ich bin gutes Muths in Nöthen, 2 Cor. 12, 10. Jemanden in seinen
Nöthen beystehen. Bringt den Gesalbten nicht in Nöthen, (eigentlich in Nöthe.)
Opitz. Ptochus lag in tausend Nöthen, Logau. Welcher Plural denn schon alt ist.
In then notin, Ottfried. In nötin, ebend. 8. In engerer Bedeutung, von
besondern Arten dieses Zustandes und eines solchen Übels. 1) Die Gegenwart
eines Übels, welches das Leben und die Wohlfahrt eines Dinges bedrohet,
Anwesenheit einer Leibes- und Lebensgefahr. In Noth seyn. Sich in Noth
befinden. Noth leiden. Ein Schiff leidet Noth, wenn es in Gefahr ist, zu
scheitern oder unterzugehen. Die Frömmigkeit leidet Noth. Es ist Noth
vorhanden. Es ist die höchste Noth. Noth lehrt bethen. Es hat keine Noth mit
uns, Jer. 7, 10, keine Gefahr. Mir dir hats keine Noth, du bist außer aller
Gefahr. Der Plural ist auch hier veraltet. Da das sahen die Männer Israel, daß
sie in Nöthen waren, 1 Sam. 13, 6. 2) Krankheit und Schmerzen. Kindesnoth. In
Kindesnöthen seyn oder liegen, in den Geburtsschmerzen. Die schwere Noth, eine
niedrige Benennung der Epilepsie. 3) Armuth und Mangel der Nothdurft, so wohl
überhaupt, als auch in einigen Fällen, Mangel der Hülfsmittel in dringenden
Bedürfnissen. In Noth seyn oder stecken. Jemanden aus seiner Noth heraus
reißen. Noth lehrt Künste. Keine Noth leiden, sich an Essen und Trinken nichts
abgehen lassen. Es stößt jemanden eine Noth zu, wenn er zu einer nothwendigen
Ausgabe Geld bedarf. 4) Gram, Kummer, Verdruß. Jemanden, viele Noth machen.
Viele Noth mit jemanden haben. Wer keine Noth hat, macht sich welche. Sie
wissen nicht, was Herrschaften für eine Noth mit dem Gesinde haben, Gell. Du
wirst keine Noth bey ihm haben, wenn du sie dir nicht selber machst, ebend. Da
denn im gemeinen Leben fast ein jeder unangenehmer Vorfall und dessen
Empfindung eine Noth genannt wird. Anm. Bey dem Ottfried und seinen Nachfolgern
Not, Noti, bey dem Ulphilas Nauth, im Angels. Nead, Neod, Nyd, im Nieders.
Nood, im Isländ. Neid, im Schwed. Nöd. In der ersten Bedeutung der Mühe gehöret
es ohne Zweifel zu dem noch im Oberdeutschen üblichen Zeitworte nieten, sich
bemühen, bestreben, (
S. dasselbe;) welches ein Abkömmling eines sehr
fruchtbaren Stammwortes ist, welches nahen lautet, und eigentlich bewegen
bedeutet, und wovon unser nahen, näher kommen, nähen, nare, nere, neigen und
viele andere abstammen. In der folgenden Bedeutung tritt, wie schon Wachter
eingesehen hat, die Verwandtschaft mit nau, genau ein, welches Wort selbst von
nahen, bewegen, abstammen kann, und dessen Begriff in allen folgenden
Bedeutungen des Wortes Noth hervorsticht, indem sie alle besondere Arten der
Einschränkung bezeichnen, so wie das Griech. -
hier nichtlateinischer Text,
siehe Image - , welches gleichfalls eigentlich eine Enge bedeutet.
[
525-526]