4. Die Mutter
, [
341-342] plur. die Mütter, Diminut. das
Mütterchen, Oberd. Mütterlein, ein Wesen weiblichen Geschlechtes, welches ein
anderes zur Welt gebieret, oder geboren hat; zum Unterschiede von dem Vater,
und im Gegensatze des Kindes. 1. Eigentlich. 1) Absolute. Mutter werden, ein
Kind gebären.
Was gehet der die Mutter an, Die selber Mutter werden kann?
Less.
Eine Person zur Mutter machen, für das härtere und niedrigere
schwängern. Sie ist Mutter von vier Kindern, hat vier Kinder geboren. 2) In
engerer Bedeutung, in Beziehung auf das Kind, oder bey Thieren auf das Junge.
Sie ist nicht Mutter von dem Kinde. Wie die Mutter, so die Tochter. Die Mütter
haben gemeiniglich mehr Nachsicht gegen ihre Kinder, als die Väter.
Mutterstelle bey jemanden vertreten. Sieben Tage laß es (das Schaf) bey seiner
Mutter seyn, 2 Mos. 22, 30. Du sollst nicht die Mutter mit den Jungen nehmen,
von Vögeln, 5 Mos. 22, 6. Und so auch von allen Thieren. Von dem Gebrauche des
Wortes Mutter, so fern Kinder ihre Mütter damit anreden, (
S. Mamma.) 2. Figürlich. 1) Eine bejahrte Person
weiblichen Geschlechtes pflegt man im gemeinen Leben häufig Mutter anzureden,
so wie man eine solche hoch bejahrte Person in der vetraulichen Sprechart ein
altes Mütterchen zu nennen pflegt. 2). Ein zur Zucht bestimmtes Hausthier
weiblichen Geschlechtes, und in weiterer Bedeutung zuweilen auch ein solches
Thier weiblichen Geschlechtes überhaupt; doch nur in einigen Zusammensetzungen.
Das Mutterpferd, eine Stute, das Mutterschwein, eine Zuchtsau, und in weiterm
Verstande eine Sau, das Mutterschaf, ein Schaf weiblichen Geschlechtes, welches
schon tragbar ist, oder getragen hat, das Mutterfüllen, ein weibliches Füllen,
die Mutterbiene, der Mutterhase u. s. f. 3) Eine Person weiblichen
Geschlechtes, welche die Stelle einer Mutter bey andern vertritt, mütterliches
Ansehen hat. So wie man Landesherren und Regenten Väter des Landes, oder des
Volkes nennet, so werden ihre Gemahlinnen auch Mütter desselben genannt, (
S. Landesmutter.) Eine Äbtissinn bekommt nicht nur von
den ihr untergebenen Nonnen, sondern auch wohl von andern oft den Titel
hochwürdige Mutter. Eine Pathe heißt in Schwaben in Beziehung des von ihr aus
der Taufe gehobenen Kindes Mutter, dagegen die wahre Mutter daselbst Toda
genannt wird. Ferner gehören hierher die Zusammensetzungen Hausmutter,
Pflegemutter, Kindermutter, für Hebamme, Wehmutter, Stiefmutter,
Schwiegermutter, Waisenmutter u. s. f. Ja auf den Landgütern pflegt man oft
auch eine bejahrte weibliche Person, welche das Vieh unter ihrer Aufsicht hat,
die Viehmutter oder Viehmuhme zu nennen. 4) Ein Ding, eine Sache, welche den
Grund des Daseyns und der Fortdauer eines andern enthält, wenn ersteres
weiblichen Geschlechtes ist. Die Gottesfurcht ist die Mutter aller Tugenden.
Die Erde ist unser aller Mutter. (
S. auch Muttermaß) 5) Im Bergbaue werden diejenigen
unmetallischen Erd- oder Steinarten, in welchen die Erze eingehüllet sind,
Mutter oder Metallmütter genannt, ob sie gleich nicht die wirkende Ursache,
sondern nur die Lagerstätte des Erzes sind. Der Schiefer gibt eine bequeme
Mutter für Kupfer und Silber, nicht aber für Zinn ab. Jedes Metall liebt
vorzüglich ihre eigene Mutter, bricht in einer ihm eigenen Erd- oder Steinact.
Die Perlenmutter ist die Schale der Perlenmuschel, vielleicht weil man ehedem
glaubte, daß sich die Perle aus ihr erzeugte.
S. auch Muttererde. Anm. In der Fränkischen Mundart
schon im 8ten Jahrhunderte Muader, bey dem Willeram und Ottfried Muater,
Muoter, im Angels. Meder und Mothor, im Nieders. Moder, Moer, Moor, im Engl.
Mother, im Dän. und Schwed. Moder, im Griech. -
hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - , im Lat. Mater, im Ital. Madre, im Franz. Mere, und
selbst im Pers. Mader. Die Sylbe -er ist die Ableitungssylbe, welche ein
Subject bezeichnet: das Stammwort heißt Mat, Mot, Mut. Bey den alten Ägyptiern
hieß die Mutter, dem Plutarch zu Folge nur Muth, und bey den Krainerischen
Wenden heißt sie noch jetzt Mate. Allem Ansehen nach ist dieses Mat von den
Stammsylben in den Wörtern Mamma, Muhme, Mähre, Mosche, Metze und andern,
welche insgesammt ein weibliches Geschöpf bedeuten nicht verschieden. Allein
ihre eigentliche Bedeutung läßt sich kaum muthmaßlich angeben. Vielleicht
gehöret sie zu Mag, Verwandtschaft, vielleicht zu dem alten Mat, Speise, so wie
Vater gemeiniglich von föden, ernähren, abgeleitet wird, vielleicht ist sie
auch die Sylbe Ma, das erste Lallen der Natur bey unmündigen Kindern, u. s. f.
dem dergleichen Vielleicht ließen sich noch gar viele wagen. (
S. Amme, Mamma, Mämme, Muhme.) In den gemeinen
Sprecharten wird dieses Wort zuweilen zur Verstärkung anderer Wörter gebraucht,
(
S. Mutterallein, Mutterkind, Muttermensch, Mutternackt,
Mutterseele.) Wo freylich bey einigen die Veranlassung und Figur ein
wenig hart, wenigstens dunkel ist. [
343-344]