Der Mündel
, [
311-312] des -s, plur. ut nom. sing.
eine unmündige, der Vorsorge eines Vormundes anvertraute Person. Ich lasse mir
die Wahl meines Mündels sehr wohl gefallen, Gell. Es stammet vermuthlich von
Mund, Schutz, oder vielmehr von dem veralteten Zeitworte munden, schützen, und
der Ableitungssylbe -el her, welche hier keine Verkleinerung, sondern eine
Person bezeichnet, von welcher etwas gesagt wird, eine dem Schutze eines andern
anvertrauete Person, und im engern Verstande, ein seiner Ältern oder doch des
Vaters oder der Mutter beraubtes, und der Obsorge eines Vormundes anvertrautes
minderjähriges Kind. In Ansehung des Geschlechtes sind die Mundarten, oder
vielmehr nur einzelne Schriftsteller sehr verschieden. Manche gebrauchen es im
ungewissen Geschlechte, die unmündige Person mag männlichen oder weiblichen
Geschlechtes seyn, andere sagen im männlichen der Mundel und im weiblichen die
Mündel, noch andere in beyden Fällen im männlichen Geschlechte. Die letztern
scheinen die meiste Analogie für sich zu haben, weil Findel, welches in vielen
Gegenden für Findling üblich ist, eben so gebraucht wird, es auch mehrere
männliche Wörter auf -el gibt, welche von beyden Geschlechtern üblich sind,
dergleichen z. B. Flegel, Tölpel, Teufel u. s. f. sind, wenn sie als
Schimpfnahmen gebraucht werden. Da die Ableitungssylbe -el, -ling oder -lein in
vielen Fällen mit einander abwechseln, so ist in manchen Gegenden für Mündel
auch Mündling und Mündlein üblich. Das mittelste, welches ohne Widerrede ein
Masculinum allein ist, wird so wie Findling und Liebling von beyden
Geschlechtern gebraucht; das letztere aber ist, vermuthlich weil man es für
eine verkleinernde Form gehalten, ungewissen Geschlechtes, das Mündlein.
Diejenigen, welche einen Mündel weiblichen Geschlechtes die Mündel nennen,
müssen im Plural auch die Mündeln sagen, weil die weibliche Endung -el diese
Form erfordert. Gottsched machte es in allen Fällen zu einem weiblichen Worte,
dessen Plural dem Singular gleich sey; allein er hatte dazu wohl so wenig Grund
als in andern ähnlichen Fällen.