Der Mord
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281-282] des -es, plur. inus. ein Wort,
welches, wenn es seinem ganzen ehemahligen Umfange nach genommen wird, eine
doppelte Bedeutung hat. 1. * Eine leidendliche, der Tod, und in engerm
Verstande, ein gewaltsamer Tod; eine im Hochdeutschen längst veraltete
Bedeutung, welche das Angels. Morth, das Wallach. Moarte, das Pers. Mork, das
Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und das Lat. Mors
haben. Es ist als ein Mord in meinen Beinen, Ps. 42, 11, als ein gewaltsamer
Tod, als ein tödtlicher Stich. Vielleicht gehöret auch der im gemeinen Leben
übliche Ausdruck Mord Schade, es ist Mord Schade, d. i. Jammer Schade, ewig
Schade, hierher, und die im Nieders. übliche Art des Fluches, daß dich der Mord
schlage! 2. Im thätigen Verstande. 1) * In der weitesten Bedeutung, eine jede
auch befugte Tödtung und Hinrichtung, in welcher Bedeutung es aber längst
veraltet ist, siehe Mordaxt, Mordgrube. 2) Ein unbefugter vorsetzlicher
Todtschlag. Der Brudermord, Vatermord, Königsmord, Selbstmord u. s. f. Einen
Mord begehen. Sich eines Mordes schuldig machen. Mord und Todtschlag werden im
gemeinen Leben durch einen gewöhnlichen Pleonasmus oft mit einander verbunden,
auch wenn man nur einen und eben denselben Begriff damit verbindet. Daraus wird
Mord und Todtschlag entstehen. Auf Mord und Todtschlag umgehen. Eben so sagt
man, bey Nacht und Nebel, Gift und Geifer, Recht und Gerechtigkeit, Hurerey und
Unzucht u. s. f. Mord und Todtschlag ist auch der im gemeinen Scherze übliche
Nahme des Vieres in Eisleben, vermuthlich wegen seiner verführerischen Stärke.
Die biblischen Ausdrücke, mit Mord über allen, Mord treiben, Mord gehet unter
ihnen her, durch den Mord ausrotten u. s. f. sind im Deutschen ungewöhnlich.
Statt des ungebräuchlichen Plurals die Morde, im Theuerd. die Mordt, gebraucht
man die vielfache Zahl des gleichbedeutenden Mordthat. Durch den Mangel der
Befugniß unterscheidet sich der Mord von einer Hinrichtung und andern Arten der
Tödtung, durch den Vorsatz aber von einem Todtschlage in der engern Bedeutung.
So fern der Zweykampf, wenigstens in manchen Fällen, noch für erlaubt gehalten,
oder doch geduldet wird, pflegt man eine in demselben begangene Entleibung
keinen Mord zu nennen, indem derselbe zugleich den Mangel der vorbereiteten
Gegenwehr des andern mit in sich schließt. Ehedem war der Begriff der
Hinterlist, der Verborgenheit, noch stärker mit diesem Worte verbunden als
jetzt, in welchem Verstande man jetzt das zusammen gesetzte Meuchelmord
gebraucht. In den Assises von Jerusalem bey dem Carpentier heißt es hiervon
Kap. 9: Murtre Homecide (Mord und Todtschlag) nepuet etre en un corps; - car
Murtre est fait en repos - et celui a qui l'on donc cos, dequoi il recent mort,
est Homecide. Und Kap. 94: Homecide est quant home est tue en apert devant la
gent en meslee. Ingleichen in den Gesetzen der Ripuarier Tit. 15: Si quis
ingenuus ingenuum Ripuarium interfecerit, et eum cum ramo cooperuerit vel in
puteo seu in quocunque libet loco celare voluerit, quod dicitur mordridus. Und
im Schwabensp. Kap. 166. Moerder haizzen wir die, die ainen menschen toetent
und dez laugent - - Wir haizzen auch die Moerder, swer mit dem andern izzet und
trinket und in gutlich gruzzet, sleht er in aun schulde, daz ist ain Mort, man
soll in darumb radbrechen. Daher in dem Augsb. Stadtrechte von 1276 der Mord
auch durch heimlich Tödtung, der Todtschlag aber durch öffentliche Tödtung
erkläret wird. Oft pflegt man auch die im Kriege, im Zweykampfe, nach Urtheil
und Recht, oder auf andere dem Scheine nach befugte Art geschehene Tödtung
einen Mord zu nennen; alsdann geschiehet es aber nur im harten Verstande, und
wenn man Grund zu haben glaubt, das Befugniß zu läugnen. In eben diesem
Verstande gebraucht man es auch zuweilen von der ohne erlaubte Absicht
geschehenen boshaften Tödtung eines Thieres. Anm. Dieses Wort lautet schon bey
dem Ottfried Mord, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno Mohrt, im
Schwabensp. wo es zugleich im ungewissen Geschlechte vorkommt, daz Mort, im
Nieders. Moord, im Dänisch. Mord, im Schwed. Mord, Mordom, im Böhm. gleichfalls
Mord, im Finnisch. aber Murha. Andere Sprachen hängen ihm die Ableitungssylbe
-er an, wie das alte Gothische Maurthr, das Angels. Mordur, Morther, das Engl.
Murder, das Franz. Meurtre, und das mittlere Lat. Murdrum. Es scheinet mit dem
Lat. Mors, zu dem Geschlechte der Wörter morsch, Mörsel, Mörtel, merzen,
mordere u. a. m. zu gehören, in welchen der Begriff des Zerreibens,
Zerschneidens, und im weitern Verstande der Vernichtung, der herrschende ist,
wenn nicht der Begriff des Todes vielmehr eine von der Dunkelheit, der
Verbergung, entlehnte Figur ist, da es denn mit dem Niederdeutschen murk,
dunkel, dem Franz. morne, finster, dem Wallis. murnio, verbergen, dem Alban.
Marda, der Betrug, u. a. m. verwandt seyn würde.
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