Missen
, [
221-222] verb. reg. welches in
doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. 1)
* Abwesend seyn, wo es im eigentlichen Verstande veraltet ist. Im Nieders. sagt
man nur noch, das kann nicht missen, das bleibt nicht aus, kann nicht fehlen.
Im Hornegk ist Missung Mangel, Abgang. 2) Entbehren, eine nothwendige Sache
nicht haben, nicht besitzen; ein nur noch in den gemeinen Sprecharten üblicher
Gebrauch, wo es im Hochdeutschen die vierte Endung erfordert. Ich kann die
Sache nicht missen, kann sie nicht entbehren.
Die, wenn von Wein und Liebe voll Ein Gast zu viel begehrt,
Und sie doch etwas missen soll, Am liebsten Band entbehrt, Raml.
Im Oberdeutschen aber auch die zweyte. Eines Dinges missen,
es entbehren. Thes guotes thoh ni missin, daß sie dennoch keines Guten
entbehrten, Ottfr. Im Oberd. auch für nicht haben überhaupt. Das Beinholz
misset Dörner und Stacheln, hat sie nicht. 3) * Fehlschlagen, wider die
Hoffnung und Erwartung erfolgen; eine nur noch im Nieders. übliche Bedeutung.
Dat Gissen misset, Muthmaßen betrieget. 4) * Irren; eine im Hochdeutschen
veraltete Bedeutung, welche doch in dem Holländ. missen, und im Engl. to miss
übrig ist, wo auch das Hauptwort Miss den Irrthum bedeutet. II. Als ein
Activum, den Mangel, die Abwesenheit eines Dinges gewahr werden, empfinden;
gemeiniglich auch nur in der Sprache des täglichen Umganges, wofür doch
vermissen noch üblicher ist, und im Oberdeutschen gleichfalls die zweyte, im
Hochdeutschen aber die vierte Endung bekommt. Mistun des Kindes, Ottfr. sie
misseten das Kind, merkten, daß es abwesend war. Thar er es miste, als er es
vermißte, ebend. Wo man sein wird missen, 1 Kön. 20, 39. Das wird niemand
missen. Ich misse nichts an dem Gelde. Das Hauptwort die Missung kommt nur noch
zuweilen in der letzten thätigen Bedeutung vor. Anm. Im Nieders. gleichfalls
missen. Es ist unmittelbar aus miß gebildet, so fern es theils abwesend, theils
auch verfehlet, bedeutet.
S. dasselbe. [
221-222]