Die Messe
, [
183-184] plur. die -n, ein Wort,
welches jetzt in einer gedoppelten Hauptbedeutung gebraucht wird. 1. Als ein
Kirchenwort, besonders der Römischen Kirche, wo es 1) eigentlich ehedem
denjenigen Theil des Gottesdienstes bezeichnete, welcher nach Predigt und
Entlassung der Katechumenen gehalten wurde, und welchem nur allein die
Gläubigen beywohnen durften. Dieser Theil des Gottesdienstes bekam in der
Lateinischen Kirche den Nahmen Missa, von den Worten des Diakoni: Ite, missa
est, nach welchen die Katechumeni sich entfernen mußten. Da dieser Theil des
Gottesdienstes hauptsächlich in dem Genusse des Abendmahles bestand, aus
welchem man in den ersten Jahrhunderten des Christenthumes eine Art des
Geheimnisses machte, welchem nur allein die Gläubigen beywohnen konnten, so
bekam daher dasselbe den Nahmen der Messe, im mittlern Lat. Missa, obgleich Ten
Kate dieses Wort von dem alten bey dem Ulphilas befindlichen Mesa, ein Tisch,
ableiten will, weil das Abendmahl auch der Tisch des Herren genannt wird. In
dieser Bedeutung ist es jetzt veraltet, indem in der Römischen Kirche nur noch
derjenige Theil des Gottesdienstes, da der Priester zum Andenken des Todes
Christi, oft aber auch zur Verdienstlichkeit für andere, das Abendmahl selbst
genießet; die Messe und zuweilen auch das Meßopfer genannt wird, dagegen der
Genuß des Abendmahles anderer daselbst die Communion heißt. In der Fränkischen
Mundart schon im 8ten Jahrhunderte Messa, im Angels. Masse, im Franz. Messe, im
Engl. Mass, im Schwed. Messa, im Ital. Messa. Die Messe lesen, diesen Theil des
Gottesdienstes durch Ablesung des vorgeschriebenen Formulares halten, welches
an den gewöhnlichen Sonn-Fest- und Wochentagen geschiehet; dagegen an hohen
Festen die Messe gesungen, und eine solche Messe die hohe Messe, oder
Hochmesse, oder auch das Hochamt genannt wird. In die Messe gehen. Messe hören.
In die Messe läuten. Die Frühmesse, welche des Morgens in der Frühe gehalten
wird. (
S. auch Mette.) Die obige Ableitung dieses Wortes
bestätiget auch Kero, welcher Missas durch Santom erkläret, von senden,
entlassen, so wie sie in der Griechisch. Kirche -
hier nichtlateinischer
Text, siehe Image - genannt wurde. 2) Eine musikalische
Kirchen-Composition über einen aus verschiedenen biblischen Sprüchen
zusammengesetzten, gemeiniglich Lateinischen Text, wo die Worte immer eben
dieselben bleiben. Sie sind in der Römischen Kirche am üblichsten, und haben
den Nahmen vermuthlich daher, weil sie nach Art einer gesungenen Messe im
vorigen Verstande componiret sind. (
S. Brautmesse,) welches auch noch in einigen
evangelischen Gegenden üblich ist. 3) Ein Fest, weil der wichtigste und
feyerlichste Theil eines Festes in der Römischen Kirche in der Messe bestehet.
In diesem Verstande war es in den mittlern Zeiten üblicher als jetzt, wo noch
Kirchmesse und Lichtmesse diese Bedeutung aufbehalten haben. 2. Ein
öffentlicher zum Handel und Wandel auf besondere und vorzügliche Art
privilegirter Jahrmarkt. 1) Eigentlich. Eine Messe an einem Orte anlegen. Auf
die Messe reisen. Die Messe war schlecht, gut u. s. f. Der Nahme, welcher nur
von großen mit besondern Freyheiten begabten Jahrmärkten gebraucht wird, erhält
zugleich den Ursprung so wohl derselben, als auch der Jahrmärkte. Bey den
gottesdienstlichen Festen, welche ehedem, wie aus dem vorigen erhellet, auch
Messen genannt wurden, pflegten sich gar bald allerley Krämer und Kaufleute
einzufinden, welche ihre Waaren bey dem Zusammenflusse mehrerer Menschen
abzusetzen suchten; und da die Geistlichen ihre Rechnung dabey fanden, so
duldeten sie nicht nur selbige, sondern verschaffeten ihnen nach und nach große
Freyheiten. Daß dieser Gebrauch sehr alt ist, erhellet unter andern aus dem
heil. Basilius, welcher schon dawider eiferte. Von den geistlichen Festen,
welche zu den Jahrmärkten Anlaß gaben, werden diese noch an manchen Orten der
Ablaß, in Oberdeutschland der Dult und Indult, in Danzig der Dominik, und im
mittlern Lat. Festum und Feriae genannt, so wie ein besonders privilegirter
Jahrmarkt dieser Art nachmahls den Nahmen der Messe bekam. 2) Ein Geschenk,
welches man einander um diese Zeit zu machen pflegt. Jemanden eine Messe
schenken, kaufen. [
185-186]