2. Der Mangel
, [
49-50] des -s, plur. die Mängel. 1.
Als ein Abstractum und ohne Plural, die Abwesenheit einer nothwendigen oder
doch nützlichen und bequemen Sache. 1) Eigentlich, wo die Sache, deren
Abwesenheit angedeutet werden soll, das Vorwort an bekommt. Der Müller hat
Mangel am Wasser, am Winde. Mangel am Gelde haben. An dieser Waare ist jetzt
kein Mangel, man spüret keinen Mangel daran. Oder in der zweyten Endung stehet.
Aus Mangel der Gelegenheit. Der Mangel der täglichen Nahrung, Jac. 2, 15. Einem
Mangel abhelfen. Dieser Mangel ist wohl noch zu ersetzen. Daher der Brotmangel,
Kornmangel, Geldmangel, Wassermangel u. s. f. Es wird, wie schon Stosch
bemerket hat, nur allein von Sachen gebraucht, obgleich das Zeitwort mangeln
auch von Personen üblich ist. Von der Abwesenheit einer nothwendigen Person
kommt es nicht vor. Die Ursache davon liegt in der Abstammung. (
S. die Anmerkung.) 2) In engerer Bedeutung, die
Abwesenheit der Nothdurft, der unentbehrlichsten Nahrungsmittel, Mangel leiden.
In Mangel gerathen. Er weiß nicht, wie der Mangel drückt, den er nie empfunden
hat. Er mußte schon einige Jahre mit allen Elende des Mangels kämpfen. Man
stehet ihm keinen Mangel an. 2) Als ein Concretum, ein abwesender zur
Vollständigkeit gehöriger Theil, eine abwesende mögliche und nöthige
Vollkommenheit, wo es denn auch von wirklichen Fehlern und Gebrechen gebraucht
wird, so fern selbige allemahl einen Mangel der nöthigen oder möglichen
Vollkommenheit voraus setzen. Es kann so wohl von körperlichen als moralischen
Unvollkommenheiten gebraucht werden. Die Hauptmängel eines Pferdes. Einen
Mangel am Auge, am Fuße, an der Hand haben, es bestehe derselbe worin er wolle,
einen Schaden. Das Haus hat einen wesentlichen Mangel, denn es fehlet ihm das
Licht. Das Geld deckt alle Mängel zu. Überall einen Mangel finden. Jeder Mensch
hat seine Mängel, seine moralischen Unvollkommenheiten. Sich seiner eigenen
Mängel und Fehler bewußt seyn. Anm. Im Schwed. und Dän. gleichfalls Mangel, im
Ital. mit einer andern Ableitungssylbe Manco, im mittlern Latein. Manca, im
Franz. Manque. Es kommt bey unsern ältesten Schriftstellern nicht vor, obgleich
das Zeitwort mangeln bey ihnen angetroffen wird, (
S. dasselbe.) Das Stammwort ist das noch im Nieders.
befindliche mank, verstümmelt, mangelhaft, Latein. mancus, Holländ. mank, lahm,
hinkend, Franz. Manchot, der eine lahme Hand hat; daher to mangle im Engl. noch
zerreißen bedeutet. Von diesem Vorworte ist vermittelst der Sylbe -el unser
Mangel, und vermittelst des -e der Abstracten das Franz. Manque, im mittlern
Lat. Manca, gebildet. Mank aber scheinet mit dem verwandten alten man, wenig, (
S. Minder,) vermittelst des eingeschobenen Nasenlautes
von mähen, schneiden, verschneiden, abzustammen, daher im mittlern Lat.
Mahamium, und im alt Franz. Mahain, Mehain, die Verstümmelung des Leibes
bedeutet. (
S. 2. Mangeln.) Mangel bezeichnet also eigentlich eine
körperliche Verstümmelung. [
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