Minder
, [
213-214] adj. et adv. welches der
Comparativ des im Hochdeutschen veralteten Positivi min ist; Superlativ
mindest. Es bedeutet, 1. Kleiner, und im Superlative der kleinste, der
körperlichen Größe und Ausdehnung nach; im Gegensatze des groß. 1) Eigentlich;
wo es nur noch im Oberdeutschen üblich ist, aber auch zuweilen in der höhern
Schreibart der Hochdeutschen vorkommt. Von dem mindern auf das größere
schließen. Du bist der mindeste unter uns.
Weil eine mindre Stadt Nicht Kunst noch Puder gnug für kluge
Hirner hat, Hall.
2) Figürlich. (a) * Jünger, und im Superlative der jüngste;
gleichfalls nur noch im Oberdeutschen. Mein minderer Bruder. Meine mindeste
Schwester. (b) * Der Würde, dem Vorzuge nach, geringer, und im Superlative
geringste; gleichfalls nur im Oberdeutschen. Sich minder schätzen, als andere.
Der mindeste unter uns, der geringste. Die Franciscaner-Mönche, welche sich
auch Fratres minores nennen, werden im Oberdeutschen häufig mindere Brüder,
Minderbrüder, und Minnebrüder genannt, dagegen im Hochdeutschen der Nahme der
Minoriten üblicher ist. Die Minorisserinnen, oder vielleicht besser
Minorissinnen, sind eine Art Franciscaner-Nonnen von dem Orden der heil. Clara.
2. Der Menge und Intension nach, für weniger, geringer, und im Superlativ
wenigste, geringste. Der Comparativ ist auch hier im Oberdeutschen und in der
edlern Schreibart der Hochdeutschen üblicher, als in dem gemeinen
Sprachgebrauche. Ich habe minder als du. Nicht minder, nicht weniger. Die
mindern Flammen, Opitz. Die mindere Zahl, die Zahl der Zehner und Einer von der
Jahrzahl, im Oberdeutschen. So ist von 1770 siebzig die mindere Zahl. Der
Superlativ kommt indessen im Hochdeutschen öfter vor. Ich habe nicht das
mindeste bekommen. Ich dachte nicht im mindesten daran, nicht im geringsten. Am
mindesten, aufs mindeste, zum mindesten, am wenigsten, aufs wenigste, zum
wenigsten. Ich werde mir ein Gewissen machen, das mindeste anzunehmen, das
geringste. Davon hat er nicht die mindeste Einsicht.
Nein, nein, ihr Herz verdient zum mindsten meinen Dank, Gell.
Sehr häufig gebraucht man dieses Wort, nach dem Muster der
Oberdeutschen, in der edlern Schreibart der Hochdeutschen, so wie weniger, als
ein Nebenwort für nicht so viel, oder nicht so.
Wenn durch ihr schmetternd Lied Die Lerche minder Kunst
verrieth, Gell.
Besonders vor Bey- und Nebenwörtern, verkleinernde
Comparative zu machen, so wie die Franzosen ihr moins gebrauchen. Die minder
mächtigen Stände, die nicht so mächtig sind, als andere. Minder gesellig,
minder gelehrt als du. Auf ähnliche Art gebraucht schon Ottfried min gelicho
für ungleich.
S. Mehr, welches in vergrößernder Bedeutung auf eben
dieselbe Art gebraucht wird. Anm. Dieser alte Comparativ lautet schon im
Isidor, Kero und Ottfried minnir, in der Adverbialform aber beständig min, für
minus, und im Superlat. minnista, im Dän. mindre, mindst, im Schwed. so wohl
minne als mindre, und in der dritten Staffel minst, im Franz. moindre, und als
ein Nebenwort moins; welche insgesammt ihre Verwandtschaft mit dem Latein.
minor, minus und minimus nicht verläugnen können. Der längst veraltete Positiv
min, klein, wenig, geringe, im Wallis. man, im Griech. -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - , kommt bey den ältern Oberdeutschen
Schriftstellern nicht vor, ist aber noch im Niedersächsischen gäng und gebe, wo
min beständig für wenig und geringe gebraucht wird. Dat is man min, das ist
nicht viel; ja der Niedersachse hat kein anderes Wort als dieses, das
Hochdeutsche wenig auszudrucken. Eben daselbst wird aber auch min nach Art der
alten Oberdeutschen für den Comparativ in der adverbischen Gestalt gebraucht;
min of meer, weniger oder mehr. Bey dem Kero und andern ältern Oberdeutschen
kommt dieses min theils als ein verneinendes Nebenwort, für minime, theils aber
auch als ein Bindewort, für damit nicht, ne, vor.
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213-214]