Leiten
Leiten,
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2023-2024] verb. reg. welches seinem
ganzen Umfange nach in einer doppelten Bedeutung vorkommt. I. * Als ein
Neutrum, für gehen; eine im Hochdeutschen längst veraltete Bedeutung, von
welcher sich aber noch sehr häufige Spuren finden. Im Isidor ist arliudan
hinaus gehen, und bey dem Kero kalidan weggehen.
Sid er 'nan thar uberuuant, Ioh leitta in ander art land,
nachdem er ihn überwunden hatte, und in ein anderes Land
gezogen war, Ottfried B. 5, Kap. 4, V. 103; wo es in Schilters Ausgabe, wie
auch Ihre bemerket, irrig durch ducebat übersetzt ist. Liess der Heidine man
obar si lidan, ließ die heidnischen Soldaten über sie hingehen, in dem alten
Gedichte auf den König Ludwig. das alte Gothische leithan Angels. lithan,
Schwed. lida, Isländ. leita, Holländ. lyden, bedeuten gleichfalls gehen, wohin
auch das Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ich
gehe, komme, und -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ich
komme, gehören. Im Nieders. ist verleden noch für verwichen, vergangen, von der
Zeit üblich; anderer zu geschweigen. II. Als Activum oder vielmehr Factitivum,
gehen, machen, d. i. die Richtung der Bewegung eines Gehenden, und in weiterer
Bedeutung die Richtung einer Bewegung, und zwar die ganze Bewegung hindurch,
bestimmen. 1. In mehr eigentlichem Verstande. Ein Kind am Führ- oder Leitbande
leiten. Einen Blinden bey der Hand leiten. Jemanden auf den rechten Weg leiten,
mit der vierten Endung, Ursache seyn, daß er auf den rechten Weg komme; dagegen
leite mich auf rechter Bahn, Ps. 27, 11, ich bin dein Gott der dich Leitet auf
dem Wege, den du gehest, Es. 48, 17, mit der dritten, schon die Anwesenheit auf
diesem Wege voraus setzen. Der Stern leitete die Weisen aus Morgenlande, (
S. Leitstern.) Einen Hund, einen Ochsen am Stricke
leiten, (
S. Leithund.) Das Wasser in das Thal, in einen Garten
leiten. Einen Fluß um die Stadt leiten. Den Faden auf die Spule leiten. Bey den
Jägern leitet der Habicht ein Feldhuhn, wenn er es wegführet. Leiten setzt, wie
Herr Stosch bemerket, freylich voraus, daß derjenige, welcher geleitet wird,
dieser Leistung bedürfe, weil er ohne dieselbe nicht im Stande ist zu gehen,
oder den Weg zu finden. Allein es läßt doch nicht in allen den Fällen
gebrauchen, wo dieser Begriff Statt findet, und ich glaube, daß sich die Fälle,
wo man führen gebrauchen müsse, bloß durch die Übung zu erlernen sind, weil sie
bloß von dem Eigensinne des Gebrauches abhangen. So sagt man: eine Armee
führen, eine Herde Führen, einen Dieb zum Galgen führen, den Ochsen zur
Schlachtbank führen, die Transcheen bis an den Hauptwall führen, einem Kinde
die Hand führen u. s. f. In welchen und hundert andern Fällen das Zeitwort
leiten nicht hergebracht ist, obgleich in einigen sogar der Begriff des
Festhaltens zugegen ist, der doch dem Worte leiten nicht wesentlich anklebet.
Ehedem wurde es auch häufig für geleiten und begleiten gebraucht; einen
Reisenden leiten, ihn zur Sicherheit begleiten, ihn geleiten. Woraus zugleich
der ehemahlige weite Umfang dieses Zeitwortes erhellet, wovon der heutige
Gebrauch nur noch ein schwacher Überrest ist. 2. In mehr figürlichem Verstande,
die Richtung der Veränderungen eines Dinges bestimmen. Eines Gewissen leiten,
oder führen. Eine Intrigue leiten. Jemanden zum Guten leiten, wofür anleiten
beynahe üblicher ist. Sich von jemanden in allen Stücken leiten lassen.
Gehorsam gegen die Leitungen Gottes, gegen die von ihm herrührende Bestimmung
unserer Veränderungen, welche auch die Führung genannt wird. Ein Wort von einem
andern herleiten, zeigen, glauben, daß es von demselben herstamme, (
S. Ableiten.) Alle seine Empfindungen werden von Liebe
geleitet. Ein dunkles Gefühl der Glückseligkeit leitete ihn. Der Trieb der
Schamhaftigkeit wird nur auf das äußerliche der Handlung - geleitet, Gell. So
auch die Leitung. Anm. In den täthigen Bedeutung schon von des Kero Zeiten an
leitan, im Nieders. leiden, im Angels. lädden, Läden, im Dän lede, im Isländ.
leida, im Schwed. leda, im Engl. to lead, bey den Krainerischen Wenden ladam,
ich leite. Zu den Ahnherren dieses alten Wortes gehöret vornehmlich das im
Hochdeutschen gleichfalls veraltete Leit, Leige, der Weg, die Reise, Holländ.
Ley, Schwed. Led, Angels. Late, Isländ. Leid, wovon Geleit noch häufig im
Theuerdanke vorkommt. Auf ein pös geleyt hat der Knecht euch geführet, Kap. 20.
Das Geleyt was scharpf, stickel an all hab, Kap. 40. Es kann dieses Wort mit
lege, niedrig, tief, und Lehne und Leite, der abhang, Eines Geschlechtes seyn;
es kann aber auch seinen Ursprung der unmittelbaren Nachahmung des Schalles
eines Gehenden zu danken haben.
S. Leicht, Geleise, 2. Leite, Gleiten u. s. f.
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2023-2024]