Die Leiste
Die Leiste,
[
2019-2020] plur. die -n, in einigen
Gegenden auch der Leist, des -en, plur. die -en, oder der Leisten, des -s,
plur. ut nom. sing. Diminut. das Leistchen, Oberdeutsch Leistlein, ein Wort,
welches nur noch in einigen Fällen üblich ist, einen langen und nach Verhältniß
seiner Länge dünnen oder schmalen Körper zu bezeichnen. 1. In weiterer
Bedeutung. 1) Einen langen und nach Verhältniß seiner Länge dünnen Körper. So
ist an den Küstwagen die Leiste, Stämmleiste oder das Leistenholz, ein langes
unten gerades, oben aber gekrümmtes rundliches Holz, unten mit einem Ringe,
vermittelst dessen es hinter der Lünse an die Achse gesteckt wird. das obere
Ende ist spitzig und trägt den einen Ring des Leistbugels. Sie dienet bey
Lastwagen die Leitern zu tragen, damit nicht die ganze Zeit auf den Rungen
allein ruhe. Die Sperrleiste ist ein horizontales an beyden Enden mit Ringen
versehenes Holz, welches die Leitern aus einander hält. Hierher gehöret auch
das mittlere Latein. Licia, Franz. Lice, Ital. Lizza, Liccia, ein Pfahl, eine
Pallisade, und Liciae, Franz. Lices, Schranken, und andere ähnliche Wörter
mehr. Die leisten des helmes bey dem Stryker scheinen die Stangen zu seyn,
welche das gitterförmige Visier ausmachen. 2) Einen langen schmalen Körper,
oder einen solchen Theil eines Körpers. In diesem Verstande ist die Leiste oder
Querleiste bey den Holzarbeitern ein langes schmales Holz, welches in die Quere
über zwey Breter befestiget wird, sie zusammen zu halten, oder auch ein Bret,
das Werfen zu verhindern. Nieders. Klaspe, Engl. Clasp. Die breiten Säume,
ingleichen die Borten an den Kleidern wurden ehedem häufig Leisten genannt, und
an einigen Orten führen sie diesen Nahmen noch. Goldene Leisten, goldene
Borten. Ein Kleid mit Leisten verbrämen, mit Borten. der grobe Rand oder
angeschrotene Saum an den Tüchern führet bey den Tuchmachern noch den Nahmen
der Leiste oder Sahlleiste, dagegen er von andern die Anschrote, das Schrot,
das Zettelende, und im Nieders. die Egge, Sulfegge genannt wird; im mittlern
Lat. Lista. Ja ehedem wurde ein jeder Rand, Rahm oder Saum eine Leiste,
Nieders. Liste, genannt, in welcher Bedeutung dieses Wort mit dem Dänischen
Liste, Schwed. Angels. und Engl. List, Franz. Le, Lez und Lisiere, Finnländ.
Liewe, überein kommt, und obgleich ohne Grund, von einigen von unserm letzt,
Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , abgeleitet
worden. Bey den Buchdruckern werden lange und nach Verhältniß schmale Stöcke,
oder in Holz geschnittene Figuren, Leisten, und, so fern sie für das Ende eines
Buches oder Abschnittes bestimmt sind, Schlußleisten oder Final-Leisten
genannt. Im mittlern Lateine ist Lista terrae ein langes schmales Stück Landes
oder Feldes, im Böhmischen List, das Blatt an einer Pflanze, vermuthlich
zunächst ein solches langes schmales Blatt, und im Schwed. La, Lad, ein
Schleyer, eine Binde, Isländ. Land. 2. In engerer Bedeutung. 1) mit dem
Nebenbegriffe der Erhabenheit, lange schmale erhabene Theile eines Körpers.
Dergleichen zur Zierde dienende Einfassung, so wohl in der Mitte als am Rande
eines Körpers, Führen sehr häufig den Nahmen der leisten; Engl. Ledge, Pohln.
Listwa. und sollt eine Leiste umher machen (um den Tisch) einer Hand breit
hoch, und einen güldenen Kranz um die Leiste her, 2 Mos. 25, 25; Kap. 37, 12,
14. Es war aber das Gestühle also gemacht, daß es Seiten hatte zwischen den
Leisten, 1 Kön. 7, 28, 29, 35. In den Säulenordnungen und daher entlehnten
Bauzierathen bekommen diese Leisten nach Maßgebung ihrer runden oder flachen
Erhabenheit, Größe u. s. f. allerley besondere Nahmen. Bey den Pferden wird der
erhabene Theil des hintern Schenkels, welcher sich im Gehen dem Bauche nähert,
so wohl die große maus oder der große Muskel, als auch die Leiste oder der
Leist genannt. In einem andern Verstande ist die Leiste oder der Leist eine
Krankheit des Pferdefußes, wenn [
2021-2022] die Muskel an
dem obern Rande des Hufbeines zu Knorpeln werden, an der Fessel so wohl der
Vorder- als Hinterfüße, welche das Pferd oft lahm macht. Einem Pferde wächset
der Leist, wenn es diese Krankheit bekommt. Da dieselbe im Franz. la Forme
genannt wird, so muß entweder die Franz. Benennung aus einer Verwechselung
dieses Wortes mit dem folgenden Leisten entstanden seyn, oder es ist auch der
Deutsche Nahme selbst nichts weiter als eine Figur des folgenden Wortes.
Indessen werden in einigen Oberdeutschen Gegenden alle harte Schwielen an den
Händen oder Füßen Leisten, Ital. Liste callose genannt. 2) Mit dem
Nebenbegriffe der Vertiefung, lange schmale Vertiefungen. Dahin gehören die
Hohlleisten, Kehlleisten oder Hohlkehlen, eingebogene Rinnen zur Zierde an oder
um einen Körper. Das Geleise, oder die dem Wege von dem Rade eingedrückte tiefe
Spur, heißt in vielen Gegenden Oberdeutschlandes die Leiste. Fotläst ist im
Angels. die Spur, der Eindruck des Fußes in die Erde. Die tiefen Rinnen an dem
menschlichen Unterleibe nach den Schamtheilen zu sind im gemeinen Leben unter
dem Nahmen der Leisten bekannt, daher die dünne Seite des Unterleibes, die
Weiche, auch wohl in weiterer Bedeutung die Leiste genannt wird.
S. Leistenbruch. Anm. Aus allem erhellet, daß der
Begriff der Länge und Dünne oder Schmäle in diesem Worte der herrschende ist,
und daß es allem Ansehen nach zu dem Geschlechte der Wörter Latte, Laden, lang,
Lehne, so fern es eine Lünse bedeutet u. a. m. gehöret. S und t gehen, wie
bekannt ist, sehr häufig in einander über, und das n ist in sehr vielen Fällen
nichts andres, als ein Einschiebsel nieselnder Mundarten.
S. auch Liste. [
2021-2022]