Die Lefze
Die Lefze,
[
1967-1968] plur. die -n, ein im
Oberdeutschen für Lippe übliches Wort, welches im Hochdeutschen nur noch
zuweilen in der höhern Schreibart vorkommt, außer daß man es zuweilen von
großen ungestalten Lippen, ingleichen von den herab hängenden Lippen der Thiere
gebraucht, welche Bedeutung in der Endung ze gegründet zu seyn scheinet. Ein
Hund mit großen herab hangenden Lefzen. Indessen ist diese Nebenbedeutung dem
Worte nicht wesentlich, indem es im Oberdeutschen, da wo es gangbar ist, in
allen, selbst in den von Herrn Stosch verworfenen Fällen für unser Lippe üblich
ist, auch bey dem Kero, Notker, Willeram und andern häufig dafür gebraucht
wird. Wenn es 1 Mos. 11, 1 heißt, die Welt habe einerley Zunge und Sprache
gehabt, so stehet dafür in den ältern Bibeln des 15ten Jahrhundertes, sie sey
eines Lefzens oder Lepsens gewesen, und in dem zu Basel 1523 gedruckten neuen
Testamente Luthers wird Lippe als ein dort unverständliches Wort durch Leffze
er- kläret; hundert anderer Beyspiele zu geschweigen. In einigen obgleich
wenigen Fällen wird es im Hochdeutschen auch figürlich gebraucht, wo das Wort
Lippe nicht so gangbar ist. So wird das nieder gedrückte schräge Feld über
Ausschnitte einer Flöte die Oberlefze, das kleinere Feld aber die Unterlefze
genannt. Ja im Oberd. kommt es zuweilen von einem jeden Rande vor. Anm. Bey dem
Kero und Notker Leffa, bey dem Willeram nur Leffa, bey den Schwäbischen
Dichtern und spätern Oberdeutschen Schriftstellern mit versetztem Zischlaute
Lespe und Lesfe.
S. Lippe. [
1969-1970]