Die Laune
Die Laune,
[
1941-1942] plur. die -n, ein altes Wort,
welches ehedem nur in den gemeinen Sprecharten üblich war, seit einiger Zeit
aber auch in die edlere Schreibart aufgenommen ist. Es bedeutet, 1. * Die
Gesichtsbildung eines Menschen, und in weiterer Bedeutung, die äußere Gestalt
eines jeden Dinges; welche Bedeutung im Deutschen nur noch einige Spuren
hinterlassen hat, aus den verwandten Sprachen aber desto erweislicher ist. Bey
dem Ulphilas ist Lynne die Gesichtsbildung, im Schwedischen Lund das Gesicht,
und im Wallisischen Llun eine jede Gestalt. In den Deutschen Mundarten kommen
dessen Ableitungen noch von einigen besondern zufälligen Gestalten des
Gesichtes vor. Dahin gehöret das Nieders. lunen, sauer sehen, lunsk, tückisch
aussehend, lünschen, das Maul hängen, schmollen, das Oberdeutsche launen,
mürrisch von der Seite sehen, und vielleicht auch das Nieders. lünsen, lünsten,
still vor sich hin sehen, figürlich nachdenken, im Mecklenburg. nalünsen, und
nach etwas forschen im Osnabrück. lünsken, wenn nicht vielmehr diese letztern
Zeitwörter zu unserm lauschen gehören. Aus allem scheinet zu erhellen, daß der
Begriff des Gehens in diesem Worte der herrschende, und daß es ein
Seitenverwandter von Glanz, Flinkern, Lahn u. s. f. ist. 2. Figürlich. 1) * Die
Art und Weise, die Art, wie ein Ding da ist; eine im Deutschen fremde
Bedeutung, welche sich aber noch in dem Schwed. Lund und Lynne befindet, welche
so wohl allein, als in allerley Zusammensetzungen üblich sind. Allälund
bedeutet daselbst auf alle Art und Weise, annorlunda auf andere Art, hurulunda
wie, margalunda auf mancherley Art, Lunderni die Gemüthsfähigkeit, ingenium u.
s. f. 2) In engerer Bedeutung, die Stellung des Gemüthes, die Einrichtung des
Veränderlichen in demselben, in einzelnen Fällen, besonders so fern sich
selbige durch äußere Merkmahle an den Tag legt. (a) Überhaupt. Bey guter Laune
seyn, aufgeräumt seyn. Die mürrische, närrische Laune haben. Üble Laune,
Unmuth. Ich kenne ihre Launen zu gut, als daß ich mich auf sie verlassen
könnte. Er hat die ernsthafte, die philosophische, die lustige Laune, sein
Gemüth ist jetzt nur Ernsthaftigkeit, zum Philosophiren, zur Lustigkeit
gestimmt. Ich ward so vorsichtig, daß ich jede Veränderung meiner Laune, wie
der Arzt das Maß des Pulsschlages, auszuspähen suchte, Hermes. Von guter Laun'
ist er dabey, Weiße. Er hat es nicht in der Laune, heißt im Niedersächsischen,
der Kopf stehet ihm nicht darnach, er ist nicht dazu aufgelegt. Zuweilen,
besonders im gemeinen Leben, auch von zufälligen körperlichen Neigungen. Er
schläft beständig, und ich weiß nicht, was ich von dieser Laune sagen soll. Der
Trieb nach dem Essen zu schlafen wird im gemeinen Leben, Meißens im Scherze die
Zwenkische Laune genannt, zu welcher Benennung ein Bürgermeister aus dem
kleinen Orte Zwenka Anlaß gegeben haben soll. In Baiern ist launeln schlummern.
Auch gewisse epidemische Krankheiten, besonders geringerer Art, z. B.
Schnupfen, Flüsse, Husten u. s. f. heißen im gemeinen Leben Launen. (b) In
engerer Bedeutung, gewisse besondere Arten der Gemüthsstellung und deren
Äußerung durch Mienen und Worte. (aa) Mürrische, verdrießliche Gemüthsstellung
und deren Äußerung, besonders im gemeinen Leben Ober- und Nieder-Deutschlandes.
Laß ihn gehen, er hat die Laune. (bb) Gute Gemüthsstellung, Aufgeräumtheit.
Ihre Laune war eben nöthig, um mich aufzuheitern. (cc) Derjenige Zustand des
Gemüthes und der Einbildungskraft, da man den Dingen durch Umkehrung der
gewöhnlichen Begriffe das Ansehen der Neuheit zu geben sucht; wenn man z. B.
sich das Ansehen gibt, daß man die Tugend lächerlich, und das Laster angenehm
vorstellen wolle. In dieser Bedeutung ist es besonders in den neuern Werken des
Witzes aufgenommen worden, das Engl. Humour auszudrucken. So sagt man von
Dorick, er habe eine unnachahmliche Laune; wo es auch zuweilen für Wirkungen
dieser Laune, für launige Einfälle gebraucht wird. Anm. In dieser ganzen
zweyten figürlichen Bedeutung schon bey den Schwäbischen Dichtern Lune, im
Niedersächs. Lune, im Schwed. Luna und Lund, im Finnländischen Luondo und
Luonnon. Wachter leitet es in derselben von dem Griechischen -
hier
nichtlateinischer Text, siehe Image - , Frisch und Ihre aber von dem Lat.
Luna, der Mond, ab, weil dieser einen merklichen Einfluß in die menschliche
Gemüthsstellung haben soll. Allein, man darf wohl nicht erst erinnern, wie
gezwungen und seltsam eine solche Ableitung ist.
[
1943-1944] Die oben angenommene Abstammung ist so wohl
wahrscheinlicher und fruchtbarer, als auch dem Gange der menschlichen Ideen,
besonders in der Deutschen Sprache, gemäßer. Im Oberdeutschen ist es männlichen
Geschlechtes, der Laun. [
1943-1944]