Der Läufer
Der Läufer,
[
1933-1934] des -s, plur. ut nom. sing.
von dem Zeitworte laufen. 1) Eine Person, welche läuft, Fämin. die Läuferinn.
Er ist ein guter Läufer, läuft gut, d. i. schnell. Besonders sind die Läufer
auf besondere Art gekleidete Bedienten, welche vor dem Wagen oder Pferde ihres
Herren herlaufen. Ehedem pflegte man auch die Fußbothen Läufer zu nennen, wie
in einigen Oberdeutschen Gegenden wohl noch jetzt geschiehet. In der Deutschen
Bibel kommt es in dieser Bedeutung einige Mahl vor. Auch im Hochdeutschen
kennet man es in dieser Bedeutung in dem zusammen gesetzten Bothenläufer. In
manchen Fällen verschwindet der Begriff der Geschwindigkeit. So nennet man in
vielen Gegenden einen Aufseher über eine Waldung zu Fuß einen Heideläufer, zum
Unterschiede von einem Heidereiter. Im Niedersächsischen werden die
Karrenschieber bey der Deicharbeit Läufer genannt. In dem Schachspiele führen
zwey Officiers, welche über Eck das ganze Schachbret durchlaufen können, den
Nahmen der Läufer. Sie sind aber ursprünglich Elephanten, dagegen unser
Elephant in dem Schachspiele bey den Morgenländern ein Kamehl oder Dromedar
ist. 2) Von Thieren, mit dem Begriffe der Geschwindigkeit in Ansehung des
Laufes. So sagt man von einem schnell laufenden Pferde, daß es ein guter Läufer
sey. Aber ein schnell laufendes Pferd oder Kamehl überhaupt: einen Läufer zu
nennen, wie in der Deutschen Bibel mehrmahls geschiehet, ist im Hochdeutschen
ungewöhnlich. In vielen einzelnen Fällen verschwindet der Begriff der
Geschwindigkeit entweder ganz oder doch zum Theil. Bey den Vogelstellern wird
ein abgerichteter Vogel, welcher auf dem Vogelherde herum läuft und singt, der
Läufer genannt. Junge entwöhnte Schweine werden so lange bis sie das erste Mahl
sich begatten, in der Landwirthschaft Läufer genannt, vermuthlich weil man sie
in dieser Zeit frey herum laufen lässet. 3) Ingleichen von leblosen, aber
beweglichen Dingen, in verschiedenen einzelnen Fällen. So heißt in den Mühlen
der obere Mühlstein, welcher sich auf dem untern unbeweglichen herum drehet,
der Läufer. Bey denjenigen, welche mit geriebenen Farben zu thun haben, ist der
Läufer der kleinere bewegliche Stein in Gestalt eines Kegels, mit welchem die
Farbe auf dem Reibesteine zerreiben wird. In der Seefahrt werden die
beweglichen Stücke auf dem Jacobsstabe Läufer genannt. Bey den Tuchbereitern
ist der Läufer das bewegliche Blatt an der Tuchschere, im Gegensatze des
Liegers, oder des unbeweglichen. Die Ranken an den Erdbeeren und andern
Pflanzen, sind häufig unter dem Nahmen der Läufer bekannt. Eine Art wilden oder
Weidenhopfens heißt Läufer, weil er sich zeitlich von der Hitze aufthut, und so
wohl seinen Samen, als das Mehl laufen läßt. Der Läufer der Seiler ist ein in
der Wand stehendes bewegliches Rad, ein Seil mit vier Haken daran zu spinnen;
das Seilerrad, der Wirbel. An den Thorwegen der Meierhöfe ist der Läufer ein
gerade stehendes Holz an der Seite, wo die Haspen sind, welches unten einen in
einer Pfanne beweglichen Zapfen hat, oben aber wie ein Cylinder gestaltet ist;
damit es in eine Angel gehen könne. Eine abgelaufene Spule, auf welcher nicht
Wolle genug gewunden gewesen, heißt bey den Tuchmachern ein Läufer, und unter
den Gränzsteinen sind diejenigen, welche zwischen den Haupt- und Ecksteinen
stehen, und gleichsam mit unter laufen, unter dem Nahmen der Läufer bekannt.
Die Maurer nennen diejenigen Mauersteine, welche nach der Länge der Mauer
gehen, Läufer, zum Unterschiede von den Bindern, welche sich nach der Dicke
erstrecken. In der Musik macht man einen Läufer, wenn man von einer Note zu
einer andern entferntern alle der Scale gemäß dazwischen liegende Tonstufen in
der Geschwindigkeit mit berühret. Anm. Im Nieders. Looper, im Oberd. Laufer,
weil man daselbst in der zweyten und dritten Person du laufst, er lauft, sagt.
Im Hochdeutschen, wo das a in dieser Person am häufigsten in ein a übergeht,
ist daher auch Läufer üblicher. [
1935-1936]