Lahm
Lahm,
[
1871-1872] -er, -ste, adj. et adv. ein
Wort, welches überhaupt zwey einander entgegen gesetzte Fehler in der
Beweglichkeit ausdruckt. 1) Den Fehler der allzu großen Beweglichkeit,
beweglicher, als es der Absicht, dem Gebrauche des Dinges gemäß ist. In diesem
Verstande sagt man von Einlegemessern, Scheren, Zirkeln, und andern mit
Gewinden und Gelenken versehenen künstlichen Dingen, daß sie lahm sind, wenn
sie in ihren Gewinden oder Gelenken allzu beweglich sind. 2) Den Fehler der
allzu schwachen Beweglichkeit, oder des völligen Mangels derselben, besonders
von den Gliedern und Gelenken der thierischen und menschlichen Körper. Ein
Glied ist lahm, wenn es der gehörigen freywilligen Bewegung ganz oder doch zum
Theile beraubt ist. Eine lahme Hand, einen lahmen Fuß haben. Lahm gehen,
hinken. Hüftenlahm, lendenlahm, eine lahme Hüfte oder Lende habend. An Einem
Fuße, an Einer Hand, an allen Gliedern lahm seyn. In engerer Bedeutung, am Fuße
lahm. Ein lahmer, ein Hinkender. Auch figürlich, der gehörigen Kraft, Wahrheit
und Gründlichkeit beraubt. Eine lahme Entschuldigung, ein lahmer Beweis. Ein
lahmer, kraftloser, Gedanke. Ein lahmer Einfall. Anm. Im Tatian, wo es für
paralyticus und Luthers gichtbrüchig gebraucht wird, lam, im Nieders. lam, im
Engl. lame, im Angels. laem, lam, im Schwed. lam, im Isländ. lamr, im Pohln.
lamac, im Slavon. lomiti. Es scheinet, daß es ehedem überhaupt einen jeden
Fehler eines Dinges bedeutet habe. Der sprache bilemit, ist bey dem Ottfried
stumm. Notker gebraucht lam für dumm, fühllos, im Angelsächs. ist laemp ihalt
plump, und im Theuerdanke Leme eine Wunde. In Ansehung der allzu großen
Beweglichkeit, sind Lumpen, das provinzielle lumlen, schlaff seyn, damit
verwandt. Auf der andern Seite bedeutet Lem im Dänischen, Lim und Leome im
Angels. und Limb im Engl. ein Glied, wo die Beweglichkeit gleichfalls der Grund
der Benennung zu seyn scheinet. [
1873-1874]