2. Das Kraut
2. Das Kraut,
[
1759-1760] des -es, plur. doch nur von
mehrern Arten, die Kräuter, Diminut. das Kräutchen, Oberd. Kräutlein. 1. Die
Blätter derjenigen Gewächse, welche nicht zu den Bäumen und Stauden gerechnet
werden, als ein Collectivum und ohne Plural; wo es bald in weiterer Bedeutung
von dem ganzen außer der Erde befindlichen Theil eines solchen Gewächses, im
Gegensatze der Wurzel, theils nur von den Blättern allein gebraucht wird,
welche bey den Bäumen und Stauden das Laub genannt werden. Eine Pflanze wächset
zu sehr in das Kraut, wenn sie zu viele Blätter treibet, zum Nachtheile der
Wurzel oder der Blumen und Früchte. Das Kraut an einem Gewächse abschneiden.
Die Möhren haben ein schönes grünes Kraut. Noch mehr. 2. Ein solches Gewächs
selbst, eine Pflanze, welche nicht zu den Sträuchen und Bäumen gerechnet werden
kann. 1) Eigentlich, wo dieses Wort in einem vielfachen Umfange der Bedeutung
gebraucht wird. a) In dem weitesten Verstande, von allen Arten dieser Gewächse,
mit Inbegriff der Gras- und Getreidearten; in welcher veralteten Bedeutung es
noch einige Mahl in der Deutschen Bibel vorzukommen scheinet. In den
Zusammensetzungen Kräuterreich, Kräuterkunde, Kräuterkenner, Kräuterlehre u. s.
f. kommt es zuweilen noch in dieser Bedeutung vor, wo aber in noch weiterm
Verstande auch die Sträuche und Bäume mit darunter begriffen werden. (b) In
engerm Verstande, mit Ausschließung der Gras- und Getreidearten. Und die Erde
ließ aufgehen, Gras und Kraut, 1 Mos. 1, 12; wo es collective für Kräuter
stehet. Kräuter sammeln. Feldkräuter, Gartenkräuter, Heilkräuter, Wundkräuter
u. s. f. (c) In noch engerm Verstande, nur die zu einer gewissen Absicht
brauchbaren Kräuter. aa) Eßbare Kräuter oder Gartengewächse führen wenigstens
in einigen Zusammensetzungen den Nahmen der Kräuter; im Gegensatze des
Unkrautes. Der Krautgarten, ein Küchengarten. bb) Gewürze, eine nur noch im
Niedersächsischen übliche Bedeutung, wo das Gewürz Krund oder Kraut genannt
wird. Daher ist Krundkrämer daselbst ein Gewürzhändler, Krundlade die
Gewürzlade, krüden würzen u. s. f. Auch im Schwed. ist Krydda Würze. cc)
Arzeneykräuter, Heilkräuter. Besonders wurde es ehedem von solchen Kräutern
gebraucht, deren man sich zum Aberglauben und zur Vergiftung bedienete, in
welchem Verstande auch Herba im mittlern Lateine häufig ist. Das gehet mit
Kräutern zu, mit unrechten Dingen. Im Franz. ist enherber gleichfalls
vergiften. (b) In der engsten Bedeutung werden diejenigen einzelnen
Gewächsarten, deren man sich zu einer gewissen Absicht am häufigsten bedienet,
nur Kraut schlechthin und ohne Plural genannt. So heißt der Schmack oder Sumach
bey den Gärbern einiger Gegenden nur das Kraut, da denn auch diejenigen Gärber,
welche sich dessen bedienen, unter dem Nahmen der Kräuter bekannt sind. Am
häufigsten ist es von dem Kohle, weil derselbe das gewöhnlichste unter den
eßbaren Kräutern ist. Grünes Kraut oder Grünkraut, grüner Kohl, Weißkraut,
weißer Kohl, Kopfkraut, Kappiskraut, Kopfkohl, Sauerkraut, geschnittener und
sauer eingemachter Kopfkohl, Komstkraut u. s. f. Kraut schneiden, kochen,
einmachen u. s. f. Er mengt alles unter einander, wie Kraut und Rüben, ohne
alle Ordnung.
S. viele der folgenden Zusammensetzungen. 2) Figürlich,
wo dieses Wort im gemeinen Leben zuweilen von Menschen, doch allemahl im
nachtheiligen Verstande und ohne Plural gebraucht wird. Du bist mir ein schönes
Kräutchen, sagt man von einem leichtsinnigen, muthwilligen, hitzigen Menschen.
In noch härterm Verstande wird auch wohl Unkraut dafür gebraucht. Anm. In der
zweyten eigentlichen Bedeutung bey dem Ottfried Chrut, bey dem Willeram Krut,
bey dem Notker im Plural Chriutter, Chroter, im Nieders. Kruud, im Schwed. Krut
und Krydda. Es stammet ohne Zweifel von dem veralteten Angels. growan, Schwed.
gro, wuchsen, her, so daß Kraut eigentlich ein Gewächs bedeutet. (
S. Gras, Grod, Grün und Groden.) Im Oberdeutschen hat
man noch ein anderes sehr genau damit verwandtes Wort, welches Krätz lautet,
und eigentlich eßbare Kräuter, Gartengewächse bedeutet. Daher ist Krätzerey und
Krätzwerk daselbst Gemüse, der Krätzgarten ein Küchengarten u. s. f. Frisch
leitet es sehr gezwungen von Krätze, ein Korb, ab, weil dergleichen Gewächse in
Körben zu Markte gebracht würden. Allein, wer siehet nicht, daß es zu Kraut
gehöret, und in Ansehung. des Ableitungslautes das Mittel zwischen diesem Worte
und Gras ist? [
1761-1762]