J
J,
[
1405-1406] welches wenn es das Zeichen
eines Mitlautes ist, Jod genannt wird, ist, wenn man den vorigen Selbstlaut I
besonders zählet, der zehnte Buchstab des Deutschen Alphabetes. Man
unterscheidet ihn in der kleinern Schrift von dem vorigen durch den nach unten
zu verlängerten Strich j, in der größern aber ist zwischen ihm und dem vorigen
Selbstlaute noch kein Unterschied eingeführet, obgleich solches sehr leicht
seyn würde. Man hat daher hier einen Versuch gemacht, den Consonanten J von dem
Vocal I zu unterscheiden. Vermuthlich ist dieser Unterschied darum unterlassen
worden, weil man glaubte, das Jod sey durch seinen Stand hinlänglich von dem I
unterschieden, weil es zu Anfange eines Wortes alle Mahl einen Vocal, der
Selbstlaut J aber alle Mahl einen Consonanten nach sich hat. Um diesen
Unterschied durch nichts zu unterbrechen, pflegt man auch das selbstlautende
lange I zu Anfange eines Wortes niemahls ie zu schreiben, weil es sonst ie
lauten würde; Isopp, nicht Iesopp. In ihm, ihn, ihr, ihnen ist statt des ie ein
ih angenommen worden. Hieraus erhellet zugleich, daß diejenigen Unrecht haben,
welche je, jeder, jener, jemahls, jemand, jetzt u. s. f. ie, ieder, iener,
iemahls, iemand, itzt schreiben, und ih, ihder, ihner, ihmahls, ihmand, itzt,
sprechen; eine Sprechart, welche den Oberdeutschen eigen ist, aber in
Obersachsen wirklich nicht so häufig angetroffen wird, als uns manche
Sprachlehrer bereden wollen, Herr Rector Heinz hält diese Sprechart für die
richtige, und glaubt, das i stamme von der unrichtigen Schreibart der Mönche
her. Aber ist es wohl wahrscheinlich, daß ein Paar Mönche im Stande seyn
sollten, die herrschende Aussprache einer ganzen großen Nation zu bestimmen?
Die schmelzendere Aussprache mit dem Jod stammet in diesen andern Fällen
zunächst aus Niedersachsen her, und ist im Hochdeutschen allgemein. Im
Oberdeutschen hat das ie und i den Vorzug. Was die Aussprache dieses
Buchstabens betrifft, so ist er der weichste unter den Gaumenbuchstaben,
welcher entstehet, wenn sich die Zunge hinten an den Gaumen leget; ein Laut,
welcher ganz natürlich entstehet, wenn der Selbstlaut i mit einem andern
Selbstlaute zusammen schmelzet; daher Lilie, Petersilie, Linie, Pinie u. s. f.
im geschwinden Sprechen häufig Lilje, Petersilje, Linje, Pinje lauten. Die
Franzosen sprechen das Jod wie sch, die Engländer aber wie dsch aus. Journal,
Schurnal, James, Dschemes. Die Niedersächsische Mundart, welche unter allen die
weichste und zärtlichste ist, macht von diesem Laute einen vorzüglich starken
Gebrauch. Besonders schiebt sie ihn dem h und den stärkern Gaumenlaute g und ch
unter. Glöjen, glühen, bröjen, brühen, jähnen, Jäscht, jälfern, jappen, jegen,
Jegene, Jicht, jähren, für gähnen, Gäscht, gälfern, gaffen, gegen, Gegend,
gähren; dagegen sie gunnen für jener, und gunstet für jenseit spricht und
schreibt. Viele Niedersachsen bringen diesen weichen Laut mit i in das
Hochdeutsche, und daher rühret es auch, daß Herr Heynatz, ein Märker, jähnen,
jäschen und Jäscht, geschrieben haben will, welches wider die reine
Hochdeutsche Aussprache streitet. Jähe ist zweifelhaft, oder vielmehr, es ist
gleichgültig, ob man gähe oder jähe schreibet, weil beydes gleich üblich ist,
obgleich das erstere den Vorzug zu verdienen scheinet. Die Hochdeutschen
Abstracta auf e und ey, endigen sich in Niedersachsen gern auf ije und je;
Gachelije, Gaukeley, Horije, Hurerey, Koopfaardije, Kauffahrdey, Kibbelije,
Kampeley, Häpje, Hoffnung, gleichsam Hoffe. So wie auch einige Diminutiva statt
des Hochdeutschen chen daselbst auf ie gemacht werden. Götje, Grottfriedchen,
Greetje, Gretchen, Klütjes, Klößchen, Grapjes, Grillen, Holtjes, Holzäpfel;
obgleich das -ken in andern Fällen üblicher ist. eben so häufig wird es den
Selbstlautern zu Anfang einer Sylbe müßig vorgesetzt. Hötjer, Hüter, Hutmacher,
jik, euch, jummer, immer, ju, ji, ihr, Jidder, Euter. Das letztere ist mehrern
so wohl ältern als neuern mitternächtigen Sprachen und Mundarten eigen. Jup
stehet bey dem Ulphilas für up, auf, für aeta, essen, sagen die Schweden jaeta,
für efa, zweifeln, jefa, für Earl Jarl u. s. f. Auch die Hoch- und Oberdeutsche
Mundart ist nicht frey davon; denn in Jahr, Joch, jung, je u. a. m. ist das j
ein bloßer müßiger Vorsatz, so wie es in vielen andern in die härtern
Gaumenlaute g, ch und k übergegangen ist.
S. diese Buchstaben.