- Inn
- Inn,
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1379-1380] plur. -en, eine
Ableitungssylbe, welche Hauptwörtern, die eine männliche Person bezeichnen,
angehänget wird, um daraus weibliche eben dieser Art zu bilden. Am häufigsten
und fast ohne Ausnahme leiden diese Verwandelung die Hauptwörter auf er, wenn
nur diese Endung eine männliche Person bezeichnet. Die Schweizerinn,
Engländerinn, Indianerinn, Hallenserinn, Hamburgerinn, Leipzigerinn u. s. f.
eine Person weiblichen Geschlechtes aus der Schweiz, aus England, Indien,
Halle, Hamburg, Leipzig, von Schweizer, Engländer, Indianer u. s. f. Ferner
diejenigen Wörter, welche ein männliches Amt, eine männliche Würde, Lebensart,
Verhältniß u. s. f. bezeichnen, entweder eine weibliche Person von eben dieser
Würde, Lebensart, oder Verhältniß, oder doch die Gattinn einer solchen
männlichen Person anzudeuten. Die Kaiserinn, Bürgermeisterinn, Richterinn,
Bäckerinn, Baderinn, Hofmeisterinn, Priesterinn, Schreiberinn, Künstlerinn,
Dichterinn, Sünderinn, Bettlerinn, eine Funfzigerinn, eine Frau von funfzig
Jahren, die Dienerinn, Gevatterinn, Gönnerinn, Wohlthäterinn, Klägerinn,
Schuldnerinn, Heuchlerinn, Schmeichlerinn, Sängerinn, Kanzlerinn u. s. f. von
Kaiser, Bürgermeister, Richter, Bäcker u. s. f. Einige verändern dabey das
vorher gehende a, o und u in ä, ö und ü, wie Bäuerinn, Schwägerinn u. s. f. von
Bauer und Schwager. Diejenigen, welche sich auf ein doppeltes er, oder auf erer
endigen, werfen des Wohlklanges wegen das eine er vorher weg, wie
Gotteslästerinn, Plauderinn, Zauberinn, Märtyrinn, Wanderinn, Wucherinn,
Kämmerinn, von Gotteslästerer, Plauderer, Zauberer, Märtyrer, Wanderer,
Wucherer, Kämmerer. Indessen werden auch andere Hauptwörter, welche eine Person
männlichen Geschlechtes bedeuten, auf diese Art umgebildet, weibliche Personen
eben dieser Art zu bezeichnen. Die Dominicanerinn, Franciscanerinn,
Lutheranerinn, Katholikinn, Christinn, Pietistinn, Calvinistinn, Papistinn,
Philosophinn, Poetinn, Generalinn, Königinn, Fürstinn, Herzoginn, Diebinn,
Schmiedinn, Enkelinn, Feindinn, Freundinn, Nachbarinn u. s. f. von Dominicaner,
Franciscaner, Lutheraner, Katholik u. s. f. Einige haben auch hier den Umlaut;
wie Männinn, (welcher nur in einigen Fällen üblich ist,) Vögtinn, Gräfinn,
Närrinn, Köchinn, Räthinn, Göttinn u. s. f. Diejenigen aber, welche ein e
euphonicum am Ende haben, werfen solches vorher weg, wie Türkinn, Sachsinn,
Schottinn, Pohlinn, Preußinn, Schwedinn, Däninn, Heidinn, Gefährtinn, Gattinn,
Genossin, Gespielin u. s. f. Von Türke, Sachse, Schotte, Pohle u. s. f. und mit
Veränderung des Selbstlautes, Jüdinn, Schwäbinn, Französinn, Bübinn u. s. f.
Nur von Deutscher macht man, weil es eigentlich ein Beywort ist, die Deutsche.
Auf eben diese Art lassen sich auch von den Nahmen mancher Thiere Wörter
bilden, das weibliche Geschlecht derselben zu bezeichnen. Die Eselinn, die
Wölfinn, die Hündinn, die Löwinn, die Tiegerinn, die Bärinn, Elephantinn,
Störchinn u. s. f. von Esel, Wolf, Hund, Löwe. Die Jäger, welche am häufigsten
in die Nothwendigkeit gerathen, die Thiere nach ihren Geschlechtern zu
unterscheiden, bilden auch die Häsinn, die Füchsinn, die Luchsinn, die Dachsinn
u. s. f. worin man ihnen ohne Bedenken nachfolgen kann. Bey andern Thieren sind
zur Unterscheidung der Geschlechter eigene Nahmen vorhanden, und wo diese nicht
zureichen, gebraucht man die Wörter Männchen und Weibchen. Dieß gilt auch von
verschiedenen andern männlichen Hauptwörtern, von welchen sich keine weibliche
Wörter bilden lassen, theils weil für dieselben eigene Nahmen üblich sind, wie
Mutter, Tochter, Frau, Magd, Base, Muhme, Witwe u. s. f. für Vaterinn, Sohninn,
Männinn oder Herrinn, Knechtinn, Vetterinn, Oheiminn, Witwerinn u. s. f. theils
aber auch, weil diejenigen, welche das männliche Geschlecht bezeichnen, auch
zugleich eine ähnliche Person weiblichen Geschlechtes andeuten; wie Gast,
Zeuge, Beystand, Freygeist, Teufel, Flegel u. s. f. wohin auch alle Hauptwörter
auf -ing und -ling gehören, welche gleichfalls von beyden Geschlechtern
gebraucht werden. Einige wenige leiden, ehe sie das inn annehmen, allerley
Veränderungen. Von Vormund macht man nicht Vormündinn, sondern Vormünderinn,
von Prinz nicht Prinzinn, sondern Prinzessinn, wo das Französische schon
weibliche Princesse, so wie bey Baronessinn das Franz. Baronnesse, zum Grunde
geleget worden, daher man an vielen Orten auch nur die Prinzesse und Baronesse
sagt. Äbtissinn ist aus dem mittlern Lat. Abbatissa, zum Unterschiede von
Äbtinn. Kindbetterinn und Wöchnerinn haben kein männliches Geschlecht, und sind
nur zur Nachahmung gebildet. Aus Beywörtern lassen sich dergleichen weibliche
Wörter nicht bilden. Man sagt nicht richtig, eine Geliebtinn, eine Heiliginn,
eine Bekanntinn, eine Verwandtinn, eine Gelehrtinn u. s. f. sondern eine
Geliebte, Heilige, Bekannte, Verwandte, Gelehrte. Nur die Gemahlinn eines
Gesandten oder Abgesandten pflegt man die Gesandtinn oder Abgesandtinn zu
nennen. Wohl aber nehmen es die eigenen Geschlechtsnahmen an, die Gattinn oder
Tochter eines Mannes zu bezeichnen, wo zugleich keine Veränderung des vorher
gehenden Selbstlautes Statt findet. Jungfer Schwarzinn, Juliana Ochsinn, Frau
Wolfinn, Frau Grafinn. Obgleich auch nicht alle dergleichen Geschlechtsnahmen
es verstatten, Frau Doctor Baumgarten, Jungfer Berends, man auch ohne Tadel
Jungfer Schwarz, Frau Wolf, Frau Graf, sagen kann, und oft wirklich sagt. Im
gemeinen Leben gehet dieses -inn häufig in ein -en über; Frau Wolfen, Jungfer
Schwarzen. Anm. In der ältern Oberdeutschen Mundart lautet diese
Ableitungssylbe beständig inne; thie kuiniginne. Die Hochdeutschen haben das e
weggeworfen, das doppelte n aber behalten, welches zugleich um des Plurals
willen nothwendig ist, wo das doppelte n deutlich gehöret wird, Königinnen. So
wie die Endung -er an den männlichen Hauptwörtern das noch als ein Fürwort
übliche er ist, so ist dieses inn unstreitig das im Deutschen veraltete Fürwort
in, hin, sie, welches ehedem auch als ein Hauptwort üblich war, ein weibliches
Individuum zu bezeichnen. Noch bey den Isländern ist han er, hinn derselbe, und
hin sie. Siehe auch Henne. Die Niedersachsen kennen diese Sylbe eigentlich
nicht, sondern gebrauchen dafür in den meisten Fällen ihr -sche oder -ske,
welches aus sie, Nieders. se, Engl. she, verderbt ist. Die Köksche, Köchsche,
die Köchinn, Adamsche, Frau Adam, Berendsche, Frau Berends, Betregerske,
Betriegerinn, Amtmannsche, die Amtmänninn u. s. f.
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1381-1382]