Herab
Herab,
[
1109-1110] eine Nebenwort des Ortes, von
einem höhern Orte nach dem Redenden zu; im Gegensatze des hinab, von einem
höhern Orte von dem Redenden weg. Du bist gesegnet mit Segen oben vom Himmel
herab, 1 Mos. 49, 25. Weil du vom Himmel herab gestäupet bist, 2 Marc. 3, 34.
Die Hülfe die ihnen vormahls vom Himmel herab geschehen wäre, Kap. 15, 8. Wenns
vom Libano herab schneyet, Jer. 18, 14. Zuweilen, besonders in der edlen
Schreibart, wird es auch ohne das Vorwort von, mit der vierten Endung
verbunden, welche demselben aber alle Mahl vorgesetzet wird. Den Berg herab.
Wasserströme rollen das Gebirge herab. Mehrere Beyspiele kommen im folgenden
vor. Herab und hinab werden selbst von guten Schriftstellern häufig
verwechselt, ungeachtet der nunmehr wesentliche Unterschied zwischen her und
hin auch in den Zusammensetzungen beobachtet werden sollte. Nur da scheinet es
gleich gültig zu seyn, welches Nebenwort gewählet wird, wenn die Richtung in
Absicht auf den Redenden unbestimmt bleibt, und bloß eine Bewegung von einem
höhern nach einem niedrigen Orte bezeichnet werden soll, in welchem Falle das
her bloß zur Verstärkung des ab dienet, in welchem Falle denn herab beynahe
gebräuchlicher ist als hinab. Heiße Thränen rollten ihre Backen herab. Dessen
grauer verworrener Bart den Gürtel herab floß, Zach. Mehrere Beyspiele kommen
im folgenden vor. Das versetzte Oberdeutsche abher für herab, welches nach
Marc. 3, 22 vorkommt, ist im Hochdeutschen veraltet. Da herab ein wirkliches
Nebenwort ist, so thun diejenigen nicht wohl, welche es mit den Zeitwörtern,
denen es beygesellet wird, zusammen ziehen und beyde als Ein Wort schreiben,
ungeachtet solches in Ansehung der von solchen R. A. abgeleiteten Nennwörter,
z. B. bey Herablassung von herab lassen, Her- abkunft von herab kommen u. a. m.
Statt finden kann und muß. Herab kann allen Zeitwörtern der Bewegung oder der
Richtung beygesellet werden. Einige der gebräuchlichsten sind folgende.
Bringen. Bringet ihn herab zu mir, 1 Mos. 24, 21. Sie brachten die Früchte
herab zu uns, 5 Mos. 1, 25. Dreymahl brachte er Feuer herab, Sir. 48, 3. Wer
hat die Weisheit aus den Wolken herab gebracht? Bar. 3, 29. Fahren. Den dritten
Tag wird der Herr vor allem Volke herab fahren auf den Berg Sinai, 2 Mos. 19,
11. Wer fähret hinauf gen Himmel und herab? Sprichw. 30, 4. Fallen. Wenn jemand
von dem Hause herab fiele, 5 Mos. 22, 8. Da fiel das Feuer des Herren herab, 1
Kön. 18, 38. Wie der Thau, der vom Hermon herab fällt auf die Berge Zion, Pf.
133, 3. Fließen. Wasser, welches von oben herab fließet. Der Strom fließt den
Berg herab, wenn der Redende unten ist, hinab, wenn er sich auf dem Berge
befindet. Laß Tag und Nacht Thränen herab fließen, Klagel. 2, 18, wo auch hinab
mit eben so vielem Rechte stehen könnte. Führen. Führet ihn zu uns herab.
Gehen. Die Stufen, die von der Stadt David herab gehen; Nehem. 3, 15. Von dem
Berge herab gehen, oder den Berg herab gehen, wenn der Redende als unten
befindlich vorgestellet werden soll. Hängen, das Neutrum. Der Himmel, der
finster über mich herab hängt, Weiße. Hängen, das Activum. Die haben ihre
Schilde von deinen Mauern herab gehangen, (gehänget,) Ezech. 27, 11. Hauen. Die
Bilder oben darauf hieb er oben herab, 2 Chron. 34, 4. Heben. Hebet ihn herab,
von dem Pferde. Hohlen. Salomo ließ ihn herab vom Altar hohlen, 1 Kön. 1, 53.
Christum herab hohlen, (vom Himmel,) Röm. 10, 6. Kommen. Komm herab zu mir.
Kriechen. Den Berg herab kriechen. Lassen. Etwas mit Stricken herab lassen,
wenn der Redende unten ist, hinab, wenn er oben ist. Ingleichen figürlich, sich
zu jemanden herab lassen, von Personen höhern Standes, wenn sie sich mit
Geringern in eine Art von Gleichheit setzen. Sich zu den ärmsten Personen herab
lassen. Nach einer noch weitern Figur, sich nach ihren Einsichten, nach ihren
Fähigkeiten bequemen. Sich zu dem Gesichtskreise, zu den Fähigkeiten des großen
Haufens herab lassen. Sich zu den Schwachheiten anderer herab lassen. Weißt du
noch, mit wie vieler Geduld ich mich zu allen Erniedrigungen herab ließ? Dusch.
S. Herablassung. Hier sollte billig hinab stehen; allein
herab hat schon die Zeitdauer und eine allgemeine Gewohnheit für sich; man
müßte denn behaupten, daß in diesen figürlichen Arten des Ausdruckes die
Richtung der Bewegung in Absicht auf den Redenden in keine Betrachtung komme.
Für die im gemeinen Leben üblichen R. A. etwas von dem Preise herab lassen,
sagt man richtiger und gewöhnlicher, ablassen. Müssen. Es muß herab. Nehmen.
Laßt sehen, ob Elias komme, und ihn herab nehme, Marc. 15, 36. Reißen. Bis ein
Stein herab gerissen ward, Dan. 2, 34. Rollen. Eine glänzende Thräne rollte
über ihre Wangen herab. Schauen. Bis der Herr vom Himmel herab schaue, Klagel.
3, 30. Schütten. Segen herab schütten die Fülle, Mal. 3, 10.
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1111-1112] Sehen. Siehe herab von deiner heiligen
Wohnung, Es. 63, 15. Seine Unschuld, auf die er jetzt im Triumphe eines guten
Gewissens herab siehet, (hinab siehet,) Gell. Senden. Gott der euch herab
sendet Frühregen und Spatregen, Joel 2, 23. Setzen. Jemanden herab setzen, von
dem Pferde, von dem Stuhle. Einen Ober-Officier bis zum Unter-Officier herab
setzen, ihn degradiren. Einen Thaler bis auf einen Gulden herab setzen,
abwürdigen. Den Preis des Getreides herab setzen, durch Befehl vermindern. In
welchen figürlichen Arten des Ausdruckes die Richtung der Bewegung in Ansehung
der Nähe und Ferne nicht in Betrachtung kommt, daher auch hinab in denselben
nicht üblich ist. Sinken. Bis zur Sprache des Pöbels herab sinken, besser
hinab. Steigen. Vom Berge herab, oder den Berg herab steigen. Bist du Gottes
Sohn, so steige herab vom Kreuz, Matth. 27, 40. Stürzen. Er sprach: stürzet sie
herab, 2 Kön. 9, 33, wo der Redende unten stand. Wäre er oben befindlich
gewesen, hätte er sagen müssen hinab. Träufeln. O träufle Trost auf ihn herab!
besser hinab. Wälzen. Ich will dich von den Felsen herab wälzen, Jer. 51, 25.
Ziehen, so wohl das Neutrum als das Activum. Da er den Öhlberg herab zog,
(besser hinab,) Luc. 19, 37. Man zog ihn herab, von dem Pferde. Und so in
vielen andern mehr. [
1111-1112]