- Heit
- Heit,
[
1091-1092] ein außer der Zusammensetzung
veraltetes Wort, welches ehedem eine Person bedeutete, da es denn so wohl im
männlichen als weiblichen Geschlechte vorkommt, der Heit und die Heit. Heiteo
antfankidu, Ansehung der Personen, Kero. Besonders gebraucht es Isidors
Übersetzer einige Mahl von dem Personen des göttlichen Wesens. Dhero zueio
heido, der zwey Personen; dhiu anderheit, die zweyte Person; dhiu drittunheit,
und an einem andern Orte dher dritto Heid, die dritte Person. Auch in den
Monseeischen Glossen wird Heite durch Personae übersetzt, so wie das Schwed.
Had noch jetzt eine Person bezeichnet. Adelheid, eine freye Person, scheinet
gleichfalls hierher zu gehören.
S. 4. Heide. Figürlich bedeutete es ehedem auch den
Stand einer Person, die Art und Weise, eine Eigenschaft einer Person und in
weiterer Bedeutung eines jeden Dinges, welche Bedeutung noch in dem Schwed.
Had, und Isländ. Hatt, Hattur, angetroffen wird. Jetzt ist es in dieser Gestalt
veraltet, wo man es nur noch als eine Endsylbe vieler Hauptwörter weiblichen
Geschlechtes antrifft, denen es die jetzt gedachten Bedeutungen mittheilet. Es
bezeichnet nehmlich, 1) mehrere Personen Einer Art, als ein Ganzes, oder als
eine einzige Person betrachtet. Dahin gehöret vornehmlich das Wort
Christenheit, welches schon bey dem Isidor Christinheit, nach dem Muster des
mittlern Lat. Christianitas lautet. Ehedem sagte man auch die Jüdischheit für
die Juden, die Pfaffheit für die Geistlichkeit, welche aber veraltet sind. 2)
Die Eigenschaft, zuweilen auch den Stand einer Person und Sache. In dieser
Bedeutung ist es zwar gleichfalls schon sehr alt, allein die damit zusammen
gesetzten Wörter kommen doch in den ältesten Zeiten weit seltener vor, als in
den folgenden, da man bey dem mehrern Wachsthume der Weltweisheit und Redekunst
auch immer mehr genöthiget wurde, aus Concretis Abstracta und aus den
Eigenschaften der Dinge Prosopopölen zu machen. Man setzte daher das Wort heit
an Hauptwörter, das Wesen derselben, ihren Stand, ihre Eigenschaft
auszudrucken. Dergleichen sind, die Gottheit, das göttliche Wesen, die
Menschheit, die menschliche Natur, die Mannheit, männliche Eigenschaft,
Kindheit, Stand, Alter eines Kindes, Schalkheit, Eigenschaft eines Schalkes; so
auch Thorheit, Narrheit und vielleicht noch andere mehr. Ehedem sagte man auch
Biscofheit, welches in dem Tatian männlichen Geschlechtes ist, das
Priesterthum, Champfheit, bey dem Kero, der Kriegesstand u. s. f. Noch mehrere
werden aus Beywörtern gebildet, eine Eigenschaft eines Dinges als ein
Abstractum zu bezeichnen. Dergleichen sind Beschaffenheit, Bescheidenheit,
Blindheit, Bosheit, Dunkelheit, Eigenheit, Einheit, Ergebenheit, Freyheit,
Falschheit, Gelegenheit, Gewogenheit, Grobheit, Gleichheit, Gutheit, Hoheit,
Kargheit, Klugheit, Klarheit, Kühnheit, Lüsternheit, Plumpheit, Schwachheit,
Thorheit, Trunkenheit, Vermessenheit, Vielheit, Ungelegenheit, Wahrheit,
Wildheit, Zagheit, Zufriedenheit u. a. m. Nach einer neuen Figur werden diese
aus Concretis gemachten Abstracta wiederum gebraucht, Concreta zu bezeichnen,
welche die Eigenschaft des Abstracti an sich haben; und in diesem Falle leiden
die mit heit zusammen gesetzten Wörter auch den Plural, dessen sie als
Abstracta nicht fähig sind. Die Gottheit, Gott selbst, Angelegenheiten, Dinge,
welche uns angelegen sind, Einheiten, einfache Dinge, Thorheiten, thörichte
Handlungen, die Gemeinheit, ein Grundstück, welches mehrern gemein ist,
Schwachheiten, schwache Handlungen u. s. f. Indessen sind nicht alle Beywörter
geschickt, Hauptwörter auf - heit zu bilden. Diejenigen, welche sich auf bar,
er ig, lich und sam endigen, nehmen keit an, Sicherheit und einige wenige
andere ausgenommen. Die auf haft und los, setzen vor dem keit noch ein ig,
Schmeichelhaftigkeit, denen auch rein, matt, müde, süß u. a. m. folgen. In
andern sind [
1093-1094] die Endungen e, de, ey u. s. f.
hergebracht. Es erhellet hieraus zugleich, daß man nicht befugt ist,
dergleichen Abstracta nach Belieben zu bilden, ob es gleich nicht ganz
unverwehret ist. Erfahrung und Gehör können hier allein die Gränzen bezeichnen,
welche man nicht überschreiten darf. Anm. Diese Endung lautet im Angels. had
und hade, im Engl. hood und head, im Schwed. het, im Dän. hed. Unser -kett ist
unstreitig daraus entstanden; wahrscheinlich auch das veraltete -ode,
Bettelode, mendicitas, Notk. und die heurige Endsylbe -de, und noch mehr
zusammen gezogen -e und -ey.
S. -Keit. Was die Abstammung des Wortes Heit betrifft,
so fern es ehedem eine Person bedeutete, so ist es sehr glaublich, daß es von
heißen, Nieders. heten, oder auch dieses von jenem herkomme. Auch Nahme wurde
ehedem häufig für Person gebraucht. Das alte Fürwort ha, he, er, Hebr.
-
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , womit man ehedem eine
jede Person außer sich bezeichnete, und welche schon durch den heraus
gestoßenen Laut ein Wegweisen von sich selbst, so wie ich, durch den
eingezogenen Athem, seine eigene Wenigkeit bedeutet, ist vermuthlich das
Stammwort von beyden.
S. Er, Ich. [
1093-1094]