Der Hals
Der Hals,
[
921-922] des -es, plur. die Hälse,
Diminut. das Hälschen, Oberd. Hälslein. 1. Eigentlich, wenigstens seinem
heutigen Gebrauche nach, der Theil der thierischen Körper zwischen dem Kopfe
und der Brust, der gemeiniglich dünnere Theil, der den Kopf mit dem Rumpfe
zusammen hänget. Einen langen, dünnen, kurzen, dicken Hals haben. Einen langen
Hals machen, den Hals in die Länge ausdehnen, Nieders. reckhalsen. Die
Bassisten sahen mit langen Hälsen über ihre Instrumente herüber. Einem Thiere
den Hals abhauen, den Hals umdrehen. Im gemeinen Leben gibt man dem Teufel
Schuld, daß er den Hexen den Hals umdrehe, d. i. sie erwürge. Einem den Hals
brechen, ihm das Genick brechen, ihn erwürgen, auch wohl ihn zu Grunde richten.
Er hat den Hals gebrochen, hat sich das Genick abgestürzet. Das bricht dir den
Hals, kostet dir dein Leben. In engerer Bedeutung auch wohl für die innern
Theile des Halses, die Gurgel, die Luftröhre. Einen bösen Hals haben, wenn die
innern Theile entzündet, oder schadhaft sind. Daher die R. A. aus vollem Halse
lachen, schreyen, rufen, aus allen Kräften. Die Speise will mir nicht zu Halse,
will nicht schmecken; ein niedriger Ausdruck, den doch Opitz in einem sehr
ernsthaften Zusammenhange gebraucht:
Das Essen will nicht gehen Zu Halse wie zuvor, Ps. 107.
Der unrechte Hals, im gemeinen Leben, die Luftröhre. Daher
die figürlichen, aber nur im gemeinen Leben, höchstens nur in der vertraulichen
Sprechart üblichen Redensarten. Jemanden um den Hals fallen, ihn plötzlich
umarmen. Etwas am Halse haben, mir einer unangenehmen, beschwerlichen Sache
beladen seyn; eine vermuthlich von einem Joche, entlehnte Figur. Das Fieber,
ein böses Weib u. s. f. am Halse haben. Viele Verrichtungen über dem Halse
haben, viele beschwerliche Dinge zu verrichten haben. Jemanden auf dem Halse
haben, mit einem beschwerlichen Menschen Umgang, Gemeinschaft, Verbindung haben
müssen. Sich etwas vom Halse schaffen, sich von einer beschwerlichen Sache los
machen. Sich jemandes Zorn über den Hals ziehen. Einem etwas auf dem Halse
lassen, ihn im Besitze einer beschwerlichen Sache lassen. Jemanden etwas an den
Hals schwatzen, ihn zur Annehmung einer beschwerlichen Sache bereden. Er hat
schon Jahre auf dem Halse, er ist schon bey Jahren. Jemanden einen Prozeß an
den Hals werfen. Jemanden auf dem Halse sitzen, ihm zur Beschwerde zu nahe an
ihm sitzen. Über Hals und Kopf, in der größten Eile. Jemanden über den Hals
kommen, ihn unvermuthet überfallen. Du lügst in deinen Hals. Und was
dergleichen niedrige Arten des Ausdruckes mehr sind. 2. Figürlich. 1) Der ganze
Kopf; auch nur in einigen niedrigen R. A. Jemanden an den Hals schlagen, ihm
eine Ohrfeige geben. 2) Die Bekleidung des Halses; in welcher Bedeutung das
Diminutivum Hälschen von einem kleinen Halstuche üblich ist. Im Oberdeutschen
sagt man auch ein Hals Perlen, d. i. so viele Perlen, als zu einer Halsschnur
erfordert werden. 3) Das Leben; eine von der Strafe des Stranges oder des
Schwertes in einigen R. A. hergenommene Figur. Das wird dir den Hals kosten,
das Leben. Mit dem Halse bezahlen müssen. Es gehet ihm an den Hals, sein Leben
ist in Gefahr. Auf den Hals sitzen, auf den Tod sitzen, um einer Ursache willen
gefangen sitzen, welche das Leben kosten kann. 4) Die Person selbst; in welchem
Verstande es nur in verächtlicher Bedeutung in den Zusammensetzungen Geitzhals,
Wagehals, Schreyhals, Starrhals für Starrkopf u. s. f. üblich ist. Im
Ostfriesischen Landrechte ist der todte Hals ein Erschlagener. 5) Wegen einiger
äußern Ähnlichkeit, wird an verschiedenen Dingen ein schmalerer Theil, der den
obern mit dem ganzen Dinge verbindet, der Hals genannt. Dergleichen ist der
Hals an einer Bouteille oder Flasche, der Hals an einer Laute oder Violine, der
Hals an den Racketen, der Ort, wo sie am Zündloche gebunden werden; der Hals an
einem Anker, der Ort, wo die Arme mit der Ruthe vereiniget sind, der Hals eines
Kellers,
S. Kellerhals. Ein großer hölzerner Trichter, Wein- und
Bierfässer damit zu füllen, führet den Nahmen eines Füllhalses u. s. f. Anm.
Schon bey dem Kero Halsa, bey dem Ulphilas, Raban Maurus, Ottfried, Notker und
andern Hals, im Niedersächsischen, Dänischen, Schwedischen und Isländischen
gleichfalls Hals. Das hohe Alter macht die Abstammung dieses Wortes ungewiß.
Junius leitet es von -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ,
wälzen, drehen, Stiernhjelm und Wachter von halten, weil es den Kopf hält oder
träget. Man könnte auch auf das Wort hohl fallen, so daß damit auf die Speise-
und Luftröhre gesehen würde, welche man im gemeinen Leben den rechten und den
unrechten Hals zu nennen pflegt. So viel ist gewiß, daß das Lat. Collum sehr
genau damit verwandt ist. Im Schwed. finden sich noch zwey
[
923-924] völlig gleichlautende Wörter, welche aber
allein Ansehen nach sehr verschiedenen Ursprunges sind. Das eine ist Hals, ein
Ritter, tapferer Mann, welches Ihre zu dem Römischen Celsus rechnet, ein Titel,
den man den Rittern zu geben pflegte; und das andere Hals, ein Hügel, welches
zu unserm Halde gehöret. Das Deutsche Halse, ein Seil, ist von allen dreyen
verschieden,
S. 2. Halse. Im Krainischen ist Helze ein Messerheft,
welches unläugbar von halten abstammet. [
923-924]