Der Gott
Der Gott,
[
755-756] des -es, plur. die Götter. 1)
Ein jedes Wesen höherer Art, welches nach dem Lehrbegriffe der heidnischen
Religionen den Grund von den Veränderungen in der Welt und in den menschlichen
Dingen enthalten soll. Gute Götter, böse Götter. Die obern Götter, die untern
Götter, die Halbgötter. Himmelsgötter, Höllengötter, Waldgötter u. s. f. In
welcher Bedeutung auch das weibliche Geschlecht die Göttinn üblich ist,
S. solches hernach besonders. Ein jeglicher schrie zu
seinem Gott, Jon. 1, 5. 2. In engerer und vorzüglicher Bedeutung, dasjenige
höchste Wesen, welches den Grund aller Dinge in sich enthält, ohne Plural; wo
dieses Wort, wenn es ein Beywort bey sich hat, oder wenn von diesem Wesen in
einer gewissen Beziehung geredet wird, den Artikel bekommt, in welchem Falle es
auch im Dativo Gotte haben kann. Der ewige, der gütige Gott. Der Gott Jacobs,
der Gott Abrahams. Der Gott des Friedens, Röm. 15, 33. Dem gote dem ich da
dienen soll, Reinmar der Alte. Dem ewigen Gotte Hohn sprechen. Dem Gotte
Abrahams dienen. Obgleich dieses e in der dritten Endung auch häufig, ja fast
gemeiniglich, wegbleibet. Gesegnet seyst du dem höchsten Gott, der Himmel und
Erden besitzet, 1 Mos. 14, 19, 22. Gesegnet bist du Tochter vom Herrn dem
höchsten Gott, Judith 13, 23. Mit Bücken vor dem hohen Gott, Mich. 6, 6. Hohn
zu sprechen dem leben- digen Gott, 2 Kön. 19, 4; und so in andern Stellen mehr.
Noch häufiger gebraucht man dieses Wort ohne Artikel als einen eigenthümlichen
Nahmen des höchsten Wesens, da denn das e in der dritten Endung niemahls Statt
finden kann. Einen Gott glauben. An Gott glauben. Sich an Gott versündigen.
Seine Seele Gott (nicht Gotte) befehlen. Gott dienen. Die Alten sagten auch
hier, Gotte. Gote thiononti, Ottfr. An iro Gote, an ihrem Gott, Notk. Mit Gote,
mit Gott, Ottfr. So auch Kero, der Übersetzter Isidors und andere. Die zweyte
Endung wird nach dem Vorgange der Deutschen Bibel auch oft gebraucht, den
persönlichen Gegenstand auszudrucken. Die Liebe Gottes, nicht nur Gottes Liebe
gegen seine Geschöpfe, sondern auch die Liebe der Menschen gegen Gott. Die
Furcht Gottes, die Furcht vor und gegen Gott. Ja in der Deutschen Bibel wird
die zweyte Endung nach Hebräischer Art mehrmahls gebraucht, etwas Großes,
Vortreffliches in seiner Art anzudeuten. Ein Berg Gottes, ein hoher Berg. 1
Mos. 23, 6 heißt Abraham wegen seines vorzüglichen Ansehens ein Fürst Gottes.
Um Gottes willen, bedeutet im gemeinen Leben oft so viel als umsonst. Im
gemeinen Leben so wohl, als auch zuweilen in der edlen Schreibart ist dieses
Wort sehr üblich, die Ausdrücke aller Arten von Gemüthsbewegungen,
Betheuerungen, Wünschen u. s. f. zu begleiten.
Gott! wie verwundest du mein schon zerrißnes Herz! Weiße.
Gott! wie stehest du aus, meine Tochter! ebend. Ach, daß Gott
erbarme! Ausdrücke eines hohen Grades des Schmerzens. Gott sey gelobt, Gottlob,
Gott sey Dank, gewöhnliche Formeln, seine Erkenntlichkeit gegen Gott wenigstens
mit dem Munde an den Tag zu legen. Ich befinde mich, Gott sey Dank! recht wohl.
Die Sache gehet, Gottlob! erwünscht von Statten. Gott belohne es ihnen! Gott
vergelte es ihnen! in der niedrigen Sprecharten Gotteslohn! jemanden die
Belohnung einer Wohlthat von Gott anzuwünschen. Wollte Gott! daß ich ihn nie
wieder sehe! Geliebt es Gott, wills Gott, so Gott will, im gemeinen Leben, für,
wenn es Gott beliebt. Ich werde, geliebt es Gott, morgen abreisen. Wir werden
die Sache, wills Gott, nächstens zu Stande bringen. Bewahre Gott, behüthe Gott,
oder Gott bewahre, Gott behüthe, seine Abneigung von etwas an den Tag zu legen.
Gerechter Gott! Allmächtiger Gott! u. s. f. Ausrufungen eine Verwunderung in
unangenehmen Fällen zu bezeichnen. Gott weiß es! (im gemeinen Leben, weiß
Gott!) So wahr Gott lebt! Gott ist mein Zeuge, so wahr mir Gott helfe! Bey
Gott! u. s. f. Arten der Betheuerung, wohin auch das niedrige Gott strafe mich!
oder Straf mich Gott! gehöret. Gott helf! im gemeinen Leben, Helf Gott! der
gewöhnliche Wunsch bey dem Niesen eines andern, dessen Ursprung sich in dem
tiefsten Alterthume verlieret. Gott befohlen, eine größten Theils veraltete
Abschiedsformel. Das niedrige Gotts! Gotts tausend! eine jede heftige
Gemüthsbewegung auszudrucken, wird oft auch in Botz tausend! Potz tausend!
Potz! der Tausend! u. s. f. verstümmelt, vermuthlich, um den Mißbrauch des
göttlichen Nahmens dadurch zu verbergen. Er hat ihn hinter Gott und vor Gott,
d. i. auf die inständige Art, gehöret gleichfalls in die niedrigste Sprache des
Pöbels. 3. Figürlich. 1) Eine Person von vieler Macht und großem Ansehen; in
welcher Bedeutung es in der Deutschen Bibel mehrmahls vorkommt, das Hebr. El
und Elohim auszudrucken. So heißt 2 Mos. 4, 16 Moses Aarons Gott. Kap. 7, 1
setzt [
757-758] der Allmächtige Mosen als einen Gott
über Pharao. So bringe ihn sein Herr vor die Götter, 2 Mos. 21, 6; Kap. 22, 8,
9; vor die Obrigkeit. Gott stehet in der Gemeine Gottes und ist Richter unter
den Göttern, Ps. 82, 1. Ihr seyd Götter und allzumahl Kinder des Höchsten, V.
6. Im Hochdeutschen kommt es in dieser Bedeutung nur noch zuweilen in der
höhern Schreibart von Königen und unumschränkten Fürsten vor.
Wie lange schwingt die rasende Megäre Die Fackel, Götter
dieser Welt? Raml.
2) Ein Gegenstand einer übertriebenen, ausschweifenden
Verehrung; ohne Plural. Denen der Bauch ihr Gott ist, Phil. 3, 19. Einen Gott
aus etwas machen. Wo doch das Wort Abgott üblicher ist. Anm. Bey dem Ulphilas
Gud, bey dem Kero Cot, bey dem Ottfried Got, bey dem Notker Kot, im Nieders.
God, in der zweyten Endung Gades, in der dritten Gade, im Angels. und Engl.
God, im Schwed. und Dän. Gud, im Pers. Choda. Der Plural lautet bey dem
Ulphilas Guda, bey den ältern Oberdeutschen Schriftstellern Cote, Gote, und
noch in dem 1514 gedruckten Deutschen Livius Götte, im Angels. aber schon im
9ten Jahrhunderte Godar. Schon Luther leitete dieses Wort von gut her, welchem
nachmahls viele andere Wortforscher gefolget sind. Allein das Wort ist zu alt,
und die Begriffe der ältesten Völker von dem höchsten Wesen sind zu unbestimmt,
als daß sich hier etwas bestimmen ließe. Wahrscheinlich ist es indessen, daß
dieses Wort mit dem alten Skandischen Nahmen des höchsten Wesens, Odin, Eines
Stammes ist, woraus durch Vorsetzung des Blaselautes auch Wodan gebildet
worden. Wenn man ferner auf die aus so viel tausend Fällen erweisliche
Verwechselung der ähnlichen und verwandten Buchstaben stehet, so wird es sehr
einleuchtend, daß diese Wörter von dem Gothischen Thiuth, dem Scyth. Zeut,
Seit, dem Lappländischen Seita, dem Ägypt. Zeut und Theut, dem Griech. $, $, $,
dem Lat. Deus, dem alten Schwed. Dis., This und im Fämin. Disa, und andern
Nahmen des höchsten Wesens mehr, nicht so verschieden sind, als man dem ersten
Augenblicke nach denken sollte. In vielen der folgenden Zusammensetzungen
bedeutet die zweyte Endung Gottes, daß eine Sache den Gottesdienst und die dazu
gehörigen Personen, oft aber auch, daß sie die Armen betreffe, denen man um
Gottes willen Gutes zu thun verbunden ist. [
757-758]