Das Glück
Das Glück,
[
727-728] des -es, plur. car. 1.
Derjenige Umstand, da uns unser Vorhaben gelinget, d. i. da solches durch eine
Verknüpfung von Umständen, die nicht unmittelbar in unserer Gewalt sind, unserm
Verlangen gemäß erfolget. Einem zu seinem Vorhaben, zu einer Reise Glück
wünschen, wünschen, daß ihm sein Vorhaben, seine Reise gelingen möge. Glück auf
den Weg! Glück auf! ein gewöhnlicher Wunsch der Jäger und Bergleute an
einander. Jemanden zu oder bey einer angenehmen Begebenheit Glück wünschen, ihm
wünschen, daß sie nach seinem Verlangen ausschlagen möge.
S. Glückwunsch. Glück zu oder in etwas haben. Weder
Glück noch Stern zu etwas haben. Gott gebe Glück dazu! Sein Glück versuchen,
versuchen, ob es ihm gelingen wolle.
S. Glücken. 2. In weiterer Bedeutung, eine jede
Verknüpfung solcher vortheilhaften Umstände, die wir nicht vorher sehen können,
wenigstens nicht in unserer Gewalt zu haben glauben, ein günstiger Zufall. Zu
allem Glücke war niemand zugegen. Ich kam zu allem Glücke dazu. Er hat von
Glück zu sagen, daß er noch so davon gekommen ist. Das war noch ein Glück, daß
sich der Wind legte. Es ist dein Glück, oder es ist ein Glück für dich, daß ich
es nicht gesehen habe. Es stehet dir ein großes Glück bevor. Ein Mensch hat
viel Glück, so wohl, wenn ihm alles gelinget, was er unternimmt; als auch, wenn
sich ohne sein Zuthun viele vortheilhafte Umstände für ihn ereignen. Star hat
mehr Glück als Verstand, mehr Glück als Recht. Es weiß sich nicht ein jeder in
sein Glück zu finden, wenn er solche Umstände nicht gehörig zu nutzen weiß.
Einem Glück bringen, im Scherze, durch seine Gegenwart machen, daß der andere
im Spielen gewinnet. Im Glücke sitzen, ansehnlich gewinnen. In weiterer
Bedeutung zuweilen für einen jeden ungefähren Zufall. Es war ein bloßes Glück,
daß ich ihn noch antraf. 3. Besonders, ein Umstand, eine Sache, wodurch unsere
Wohlfahrt auf das möglichste, wenigstens in einem sehr hohen Grade, verbessert
wird. 1) In dem weitesten Verstande. Dieses Glück ist für dich zu groß. Es ist
ihm ein unverhofftes Glück widerfahren. Ein kluger König ist des Volkes Glück,
Weish. 6, 26. Meine Tränen beweinen den Tod einer Freundschaft, die sonst das
Glück meiner Tage war, Cron. Was Gott über mich verhängt, wird in der Folge
Glück für mich werden. Gegen das Glück eines guten Nahmens empfindlich seyn.
Das Glück eines guten Gewissens genießen. Gesundheit ist ein großes Glück. Wo
dieses Wort in der gesellschaftlichen Sprache des höflichen Umganges oft gar
sehr gemißbraucht wird. Seitdem ich das Glück hatte, sie das letzte Mahl zu
sehen. Gönnen sie mir das Glück ihrer Gegenwart. 2) Im engern Verstande, der
ganze Zusammenhang aller derjenigen Umstände, wodurch unsere Wohlfahrt auf das
möglichste befördert wird. Uns alle treibt ein natürlicher Trieb zu dem Glücke,
diesem Ziele unserer Wünsche.
Was aber ist das Glück? Was alle Thoren meiden; Der Zustand
wahrer Luft, und dauerhaften Freuden, Haged.
Welcher Zustand doch eigentlich die Glückseligkeit ausmacht.
3) Im engsten Verstande, der Zustand der möglichsten Vollkommenheit unseres
äußeren Zustandes. Sein Glück verscherzen. Jemanden an seinem Glücke hindern.
Er hat sein Glück gemacht, er ist glücklich geworden. Ich habe das Glück meines
Freundes gemacht, habe ihn glücklich gemacht. Das sind nicht Tugenden eines
Weichlinges, den das Glück verzärtelt hat, Dusch. 4. Oft verbindet man mit
diesem Worte den Begriff eines gewissen Wesens, von welchem der gute Erfolg
unserer Unternehmungen und Wünsche abhänget, und welches diejenigen Dinge,
welche man zur äußern Wohlfahrt für nothwendig hält, nach bloßer Willkühr
austheilet; welches Wesen, so fern es nach der Mythologie der Griechen und
Römer als eine Untergottheit vorgestellet wurde, auch die Glücksgöttin genannt
wird; Lat. Fortuna. Dem Glück im Schooße sitzen. das Glück will ihm wohl,
hasset dich. Das Glück ist unbeständig. Das Glück hat es mir bescheret. Dem
Glücke seinen Gang lassen. Anm. Die Bemühungen der Wortforscher sind bey diesem
Worte bisher nicht glücklich gewesen. Älterer zu geschweigen,
[
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Loos ab, und Ihre getrauet sich nicht einmahl, eine Ableitung zu versuchen. Die
Ursache dieser fruchtlosen Bemühungen ist wohl, weil es mit allen seinen
Ableitungen und Zusammensetzungen in unsern ältesten Schriften so selten
vorkommt. Ich habe es im Stryker und den Schwäbischen Dichtern zuerst gefunden,
wo es Gelucke heißt. Daß das G nicht zum Stamme gehöre, erhellet aus den
verwandten Sprachen. Im Nieders. heißt das Glück nur Luck, im Fries. Lock, im
Engl good Luck, gutes Glück, ill Luck, Unglück, widriges Glück, im Schwed.
Lycka, im Dän. Lykke, Mir scheinet es wahrscheinlich, daß es zu dem Worte
gelingen gehöret, weil Notker das Glück Ein Mahl Lingiso nennet; denn daß das n
vor den Hauch- und Kehllauten sehr zufällig ist, wird bey diesem Buchstaben
gezeiget werden. Merkwürdig ist aber doch, daß in andern gleichbedeutenden
Wörtern der Begriff der Geschwindigkeit der herrschende ist, um den ungefähren
Zufall, der das Glück ausmacht, zu bezeichnen. So heißt das Glück bey dem
Notker Framspuote, und im Nieders, Spood, von dem noch in Niedersachsen
üblichen spoden, eilen. Das veraltete Selde, das Lat. Salus, unser Seil, u. s.
f. würden eine ähnliche Ableitung ertragen, und sich theils aus dem Lat.
salire, theils aus dem Deutschen eilen, und Nieders. hilde, geschwinde, hurtig,
erklären lassen. Indessen wäre es doch noch immer zu viel gewagt, wenn man um
deßwillen Glück und gelingen zu dem Geschlechte der Wörter fliegen, fliehen,
und gleich stalim, rechnen wollte, so gewöhnlich auch die Verwechselung der
Blase- und Kehllaute ist. [
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