Gewahr
Gewahr,
[
647-648] adv. welches nur mit dem
Zeitworte werden, für erblicken gebraucht wird, eine vorher nicht gesehene
Sache durch das Gesicht empfinden. Eine Sache gewahr werden. Ich sahe mich
überall nach ihm um, aber ich konnte ihn nicht ge- wahr werden. Sie wurden
gewahr, daß sie nackend waren 1 Mos. 3, 7. Und sie sahen dahin, und wurden
gewahr, das der Stein abgewälzet war, Marc. 16, 4. Ingleichen figürlich aus den
Wirkungen erkennen. Schlimm genug, daß man der Neid an so viel albernen
Menschen gewahr werden muß Ihr Herz fühlt Dinge, über welche tausend andere,
ohne sie gewahr zu werden, sich hinweg setzen. Die tiefste Ehrfurcht, in der
alle Wesen, welche Gottes Gegenwart, gewahr werden, empfinden müssen. Im
Oberdeutschen wird es gemeiniglich mit der zweyten Endung der Sache verbunden,
welche Wortfügung Luther gleichfalls beybehalten hat. Seines Geldes gewahr
werden, 1 Mos. 42, 27. Die da gewahr werden ihrer Platze, ein jeglicher in
seinem Herzen, 1 Kön. 8, 38. Ich ward gewahr unter den Kindern eines närrischen
Jünglinges, Sprichw. 7, 7. Anm. Bey dem Ottfried anauuart uuerdan, (
S. Antwort,) giuuaro wesan, bey dem Notker keuuar
uuerilen. Es ist ein altes Wort, welches im Engl. uware lautet, und im
Oberdeutschen noch eine zahlreiche Verwandtschaft hat, welche im Hochdeutschen
veraltet ist. Wahren bedeutet in dieser Mundart noch sehen. Er habe weder grüne
Farbe noch unbekannte Materi daran gewahret, Bluntschli, der auch gewahren für
gewahr werden hat. Im Isländ. ist wara, und im Griech. $, gleichfalls sehen.
Von diesem Zeitworte nun stammet nicht nur das Nebenwort gewahr, im Schwed.
war, warse, im Isländ. var, sehend, sondern auch das Oberdeutsche Beywort
gewahr, aufmerksam, wachsam, ingleichen die Hochdeutschen bewahren, ungefär,
wahrnehmen, Gewahrsame u. s. f. ab
S. diese Wörter, ingleichen Warten, welches das
Frequentativum von wahren, sehen, ist. [
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