Gestalten
Gestalten,
[
633-634] verb. reg. act. eine Gestalt
geben; ein nur im Oberdeutschen übliches Zeitwort, wo es auch figürlich, für
bilden, sittliche Gestalt geben, gebraucht wird. Die gestaltende Kraft des
Samens. Die Seele gestaltet den Leib.
Er hat von freyer Hand gestaltet Selbst ihrer aller Herzen
hier, Opitz.
Im Hochdeutschen hat man von diesem Zeitworte nur das
Mittelwort gestaltet beybehalten. Sie sind wie Statuen gestaltet, Gell. Ein
wohl gestalteter, übel gestalteter Mensch. Im gemeinen Leben lautet dieses
Mittelwort nur verkürzt gestalt, auf welche Art es häufig auch in der Deutschen
Bibel vorkommt. Wie ist er gestalt? 1 Sam. 28, 14. Vergessen, wie man gestalt
gewesen, Jac. 1, 24. Welche Form sich auch in ungestalt erhalten hat. Bey so
gestalten Sachen, so gestaltig, und so gestalten Dingen nach, sind Blumen
Oberdeutscher Kanzelleyen; so wie die Hauptwörter Gestaltung und Gestaltniß,
und das Bindewort gestaltsam, für weil, indem, gleichfalls nur in dieser
Mundart üblich sind. Anm. Ein wol gestellet kinne, für ein wohl gestaltetes
Kinn, kommt noch bey einem der Schwäbischen Dichter vor, und die Winsbeckinn
sagt schon gestalt für gestaltet. In einigen Oberdeutschen Gegenden kennet man
auch das Neutrum stalten, vorstellen. Die Schnur staltet eine Rettenlinie.
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635-636]