Die Gestalt
Die Gestalt,
[
633-634] plur. die -en. 1. Eigentlich,
die Einschränkung einer ausgedehnten Größe, die Stellung ihrer Außenlinien,
welche sie von allen Seiten begränzen; die Figur. Die Erde hat eine runde, ein
Würfel, eine viereckige Gestalt. Ein Mensch von einer guten, schönen,
einnehmenden Gestalt. Eine Gestalt an sich nehmen. In Gestalt einer Taube
erscheinen. Die Gestalt des Leibes, des Gesichtes. Allerley Gestalten annehmen.
Seine Gestalt verlieren, verändern. Zuweilen in engerer Bedeutung von der
Statur, der Leibeslänge. Eine lange, eine große, eine untersetzte Gestalt. Die
Gestalt (Taille) eines Pferdes. Noch öfter von einer guten Gestalt. Dem Holze
eine Gestalt geben. 2. Figürlich. 1) Die Art und Weiße, (a) wie ein Ding
empfunden wird, auch durch andere Sinne, als durch den Sinn des Gesichtes. Das
Vertrauen auf Gott entziehet unsern Kümmernissen die schreckliche Gestalt, und
gibt ihnen eine tröstliche, Gell. Was Gott mir zuschickt, hätte es auch die
Gestalt des Elendes, wird Wohlfahrt seyn, ebend. (b) Wie ein Ding ist oder
existiret. Er zeigt sich unter zwey Gestalten, wovon die eine immer das
Gegentheil der andern ist. Er führete seinen Entwurf folgender Gestalt aus, d.
i. auf folgende Art. Gleicher Gestalt, auf gleiche Art und Weiße, solcher
Gestalt, auf solche. Schrecklicher Gestalt; angenehmer Gestalt, anderer
Gestalten, u. s. f. für auf eine schreckliche, angenehme, andere Art, sind
Oderdeutsch; so wie auch das Nebenwort gestalten für weil, indem, und was
gestalten, für auf welche Art. Nach Gestalt der Sachen, nach Besinden der
Umstände, ist dieser Mundart gleichfalls am geläufigsten, wo dafür auch das
Wort die Gestaltsame üblich ist. Die Gestalt Gottes, in der Deutschen Bibel,
Phil. 2, 6, dessen Würde und Vollkommenheiten, so wie Knechtsgestalt v. 7, das
ganze Verhältniß der Niedrigkeit und Knechtschaft bezeichnet. 2) Ein
Scheinkörper, eine bloße optische Erscheinung, welche außer der Gestalt nichts
körperliches hat; ein Corpus perastaticum, im Gegensatze eines organischen. Es
erschien mir eine Gestalt im Traume.
- Er sah die Gestalten Schöner Katzen versammelt um sich,
Zachar.
3) Der Körper oder ein Ding selbst. (a) Ein Ding, besonders
eine Person, in Ansehung ihrer Gestalt; am häufigsten in verächtlichem oder
doch zwey deutigem Verstande. Ehe ich es mich versahe, trat eine lange hagere
Gestalt in das Zimmer herein. Er stellete eine genaue Nachforschung über die
Aufführung dieser weiblichen Gestalt an: Jede menschliche Gestalt ist ihr
verhaßt. (b) In der Theologie werden die beyden sichtbaren Dinge in dem
Sacramente des Abendmahles, das Brot und der Wein, zwey Gestalten genannt; eine
Benennung; welche freylich jetzt unbequem ist, weil Gestalt in der Bedeutung
einer Gattung, Species, im Hochdeutschen veraltet ist, im Oberdeutschen aber
noch in derselben vorkommt, wo man allerley Gestalten, d. i. Arten, Gattungen,
von Thieren hat. Anm. Im Dän. Gestalt, im Pohln. Kszalt. Es kommt von stellen
her, und bedeutet eigentlich die Art, wie die Theile eines Dinges gestellet
sind. Es sollte daher auch billig mit zwey l geschreiben werden; allein der
Gebrauch hat schon seit langer Zeit ein einfaches eingeführet.
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