Das Geschirr
Das Geschirr,
[
607-608] des -es, plur. die -e. 1)
Eigentlich, ein Gefäß, ein hohles Werkzeug, Dinge darin aufzubehalten; wo es in
weiterm Verstande im Oberdeutschen auch von kleinern Schiffen und Fahrzeugen,
welche man auch wohl Gefäße oder Schiffsgefäße zu nennen pfleget, gebraucht
wird. Besonders heißen die langen Kähne, welche aus Baiern und Ober-Österreich
die Donau hinunter gehen; daselbst Geschirre. In engerer und gewöhnlichster
Bedeutung, von kleinern im täglichen Leben gewöhnlichen Gefäßen, wo es am
häufigsten collective ohne Plural, zuweilen aber auch von einzelnen Dingen
gebraucht wird. Das Küchengeschirr, Milchgeschirr, Trinkgeschirr u. s. f.
Irdenes, goldenes, silbernes, gläsernes, hölzernes Geschirr. Das Geschirr
scheuern, reinigen. 2) In der weitesten Bedeutung, alles was zur Zubereitung
oder bequemen Behandlung anderer Dinge dienet, das Werkzeug, Geräth; ohne
Plural, außer von mehrern Arten oder Quantitäten. Das Ackergeschirr, alles zum
Feldbaue nöthige Geräth. Siehe Geschirrholz. Das Schiff und Geschirr der
Fischer, im Oberdeutschen, ihr Fahrzeug und Fischergeräth. bey den Tuchwebern
werden die Kammlitzen mit den Schäften das Geschirr genannt. In den
Papiermühlen begreift man unter dem Nahmen des Geschirres das Rad, die Welle
mit ihren Hebeln, die Schwingen und Stampfen mit dem Löcherbaume. Auf den
Schiffen wird das zur Schifffahrt nöthige Geräth gleichfalls das Geschirr
genannt. Bey den Zugpferden ist es das Lederwerk, vermittelst dessen sie
ziehen, das Pferdegeschirr oder Geschirr, welches Frisch nicht nöthig gehabt
hätte, von den ehemahligen Turnierrüstungen, worunter die Pferde, als unter
einem Geschirre oder Gefäße gezogen haben sollen, abzuleiten. Schiff und
Geschirr, bey den Fuhr- und Landleuten, der Wagen und das dazu gehörige Geräth,
besonders zum Behuf der Pferde;
S. Schiff. Nach einer noch weitern Figur bedeutet
Geschirr auch wohl zuweilen ein bespanntes Fuhrwerk. Mit seinem eigenen
Geschirre kommen, mit seinem eigenen Fuhrwerke. Daher das Dienstgeschirr, an
einigen Orten, das Gespann Pferde, womit ein Unterthan fröhnen muß. Die Seiler
nennen die vier starken Hafen, welche durch ein eisernes Rad in der Umlauf
gebracht werden, Stricke mit großer Gewalt zusammen zu drehen, gleichfalls das
Geschirr. In der weitesten Bedeutung eines jeden Werkzeuges kommt es noch in
dem 1488 zu Angsburg, gedruckten Buche der Natur vor, wo es heißt? der mund ist
ein geschirr der versuchenden Kraft der sel, damit das tier sein narung mit
nymt. Anm. In dem alten Gespräche Christi mit dem Samaritischen Weibe bey dem
Schilter bedeutet Kiscirre ein Gefäß zum Wasser schöpfen. Ein Pferdegeschirr
heißt im Pohln. Szur, vermuthlich nach dem Deutschen, wo ehedem auch nur das
einfache Schirr üblich war, und es in einigen Gegenden noch ist. Das Stammwort
ist noch im Schwedischen und Dänischen vorhanden, wo Kar so wohl ein Gesäß oder
Geschirr, als auch eine Kufe, einen Kübel, einen Kasten bedeutet, und woraus
vermittelst des vorgesetzten Zischlautes unser Schirr und Geschirr geworden.
Das Ulphilas dieses Wort Kas schreibet, so vermuthet Ihre, daß es mit Faß,
Gefäß, Lat. Vas, einerley sey; wenigstens ist die Verwechselung der Hauch- und
Blaselaute und des s und r nichts ungewöhnliches.
S. Karre, Kasten, Scheuer und Schirren. Sir. 50, 10
kommt noch das im Hochdeutschen veraltete Scheuer, ein Becher, Pokal, vor,
welches aus Schirr verderbt worden, und noch in einigen Oberdeutschen Gegenden
üblich ist. [
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