Die Frau
Die Frau,
[
269-270] Genit. der Frau, und in
einigen Fällen der Frauen, plur. die Frauen, überhaupt eine Person weiblichen
Geschlechtes, doch mit mancherley Einschränkungen. I. Als ein Ehrenwort, so
fern sie andern zu befehlen hat, eine Gebietherinn, in welchem Verstande das
Wort Herr von dem männlichen Geschlechte gebraucht wird. 1) Kaiserliche,
königliche, fürstliche u. s. f. Personen weiblichen Geschlechtes bekommen, wenn
sie verheirathet sind, in diesem Verstande in Titeln den Ehrennahmen Frau.
Allergnädigste, Durchlauchtigste Frau u. s. f. Der Hochgebornen Frau u. s. f.
Ja in dem Hause Österreich bekommt die älteste Prinzessin, wenn sie gleich noch
in der Wiege liegt, den Titel große Frau. Herunter, Jungfrau, du Tochter Babel
- denn du sollt nicht mehr heißen, Frau über Königreiche, Es. 47, 1, 5. Im
Theuerdanke kommt meine Frau, von gebiethenden fürstlichen Personen, selbst von
Prinzessinnen, mehrmahls vor. 2) In eben diesem Verstande wird die Jungfrau
Maria von Alters her, besonders in der Römischen Kirche, unsere Frau, unsere
liebe Frau, Franz. Notre Dame, Schwed. Fru, im mittlern Lat. Domina, und in
vielen Zusammensetzungen auch nur schlechthin Frau ge- nannt, welche Bedeutung
auch in vielen der folgenden Zusammensetzungen vorkommt. 3) Bey verheiratheten
weiblichen Personen vornehmen Standes wird dieses Wort, so wie bey den
männlichen Herr, dem Nahmen der Würde ihrer Ehegatten vorgesetzet. Die Frau
Generalinn. Ich habe es der Frau Hofräthinn gegeben. Die Frau Professorinn,
Frau Pastorinn u. s. f. Auch bey geringern Personen, wenn man ihnen einige
Achtung erweisen will, wird dieses Wort dem Zunahmen ihrer Männer vorgesetzet,
Frau Hofmann, (nicht Frau Hofmanninn,) Frau Richter, (nicht Frau Richterinn,)
Frau Heppe, u. s. f. 4) In den Nonnenklöstern bekommen die eigentlichen Nonnen,
zum Unterschiede von den Schwestern, den Ehrennahmen Frau. Frau Clara, Frau
Maria. Die Äbtissin aber wird Hochwürdige Frau genannt. Im mittlern Lat. heißen
sie Dominae. 5) In der häuslichen Gesellschaft wird die Ehegattinn des
Hausvaters, die Hausfrau, von den Bedienten und dem Gesinde gemeiniglich nur
die Frau genannt. Wie die Augen der Mägde auf die Hände ihrer Frauen sehen, Ps.
123, 2. Eine Magd, wenn sie ihrer Frauen Erbe wird, Sprich. 30, 23. Die Frau
hat es befohlen. Sie ist Frau im Hause. Die Magd will die Frau spielen, d. i.
vorstellen. 6) Ehedem pflegten auch die Dichter ihren geliebten Gegenstand, er
mochte verheirathet seyn oder nicht, ihre Frau zu nennen., wofür jetzt
Gebietherinn üblicher ist. In den Schwäbischen Dichtern sind die Beyspiele sehr
häufig. II. Als ein Geschlechtswort, ohne doch das Ehrenwort ganz davon
auszuschließen, welches wenigstens in der folgenden ersten Bedeutung noch
merklich ist. 1. Eine verheirathete Person weiblichen Geschlechtes. 1) In
Beziehung auf ihren Ehemann, wird eine solche Person im gemeinen Leben und von
geringern Personen dessen Frau, in der anständigern Sprechart dessen Gattinn,
und von vornehmen Personen dessen Gemahlinn genannt. Sich eine Frau nehmen,
heirathen. Eine Frau haben, verheirathet seyn. Einem eine Frau geben, ihn
verheirathen. Es ist meine Frau. Seine Frau (oder Frauen) Bruder. Er hat sie
zur Frau verlangt. Er will sie zur Frau haben. Ich habe meiner Frau den Fehler
schon vergeben, Gell. Im mittlern Lat. nennen die Ehemänner ihre Gattinnen in
den Urkunden mehrmahls Dominas. 2) Auch ohne diese Beziehung, wird eine jede
verheirathete Person weiblichen Geschlechtes, auch wenn sie schon Wittwe ist,
eine Frau genannt, wo dieses Wort ein Geschlechtswort verheiratheter weiblicher
Personen, nicht aber ein Ehrenwort ist. Eine alte Frau, eine junge Frau, eine
vornehme Frau, eine kluge Frau. Eine Edelfrau, Bauerfrau, Bettelfrau,
Officierfrau, u. s. f. welche Zusammensetzungen doch nur im gemeinen Leben, und
wenn man von geringern Personen spricht, üblich sind. Bey vornehmern setzt man
das Ehrenwort Frau voran. Die Frau Majorinn, Generalinn, nicht die
Generalsfrau, Majorsfrau. Auf ähnliche Art ist im mittlern Lat. Domina, und im
Ital. Donna, ein Geschlechtswort nicht nur verheiratheter, sondern auch
unverheiratheter weiblicher Personen. In beyden Bedeutungen ist in der
vertraulichen Sprechart auch das Dimin. Fräuchen, Oberd. Fräulein üblich. 2.
Eine jede Person weiblichen Geschlechtes, auch wenn sie noch unverheirathet
ist, als ein Geschlechtswort. Es geht mir nach der Frauen Weise, 1 Mos. 31, 35.
Deine Liebe ist mir sonderlicher gewesen, denn Frauen-Liebe ist, 2 Sam. 1, 26.
Diese Bedeutung ist im Hochdeutschen veraltet, seitdem die Ausdrücke
Frauensperson, Frauenbild und Frauenzimmer üblicher geworden sind. Indessen
kommt sie noch in den Zusammensetzungen Jungfrau, Frauenkloster, u. s. f. vor.
[
271-272] Anm. 1. Dieses Wort lautet in den meisten der
obigen Bedeutungen bey dem Ottfried Frouuo, bey dem Notker Frouuu, im Oberd.
noch jetzt Frow und Frowe, im Nieders. Frouw, im Holländ. Vrouw, im Dän. Frue,
im Isländ. und Schwed. Fru. Die Bedeutung einer gebiethenden Frau ist ohne
Zweifel die älteste, wenigstens kommt sie in Schriften am frühesten vor; denn
ehedem hatte man von diesem Worte auch das männliche Geschlecht, bey dem
Ulphilas Frauja, bey dem Ottfried Fro, Angels. Frea, welches einen Herren
bedeutete. Es ist sehr wahrscheinlich, daß es zu dem Beyworte frey gehöret, und
eigentlich eine freye Person bedeutet. Um deßwillen ist es auch eigentlich ein
Beywort, welches im männlichen Geschlechte Frau und im weiblichen Fraue hieß.
Das erstere ist dieser Form völlig veraltet; das letztere hat aber im
Hochdeutschen sein End e und mit demselben auch seine adjectivische Gestalt
verloren, obgleich einige Oberdeutsche Mundarten noch jetzt die Fraue sagen.
Anm. 2. Weil nun dieses Wort eigentlich ein Beywort ist, so wird es im
Oberdeutschen auch noch als ein solches abgeändert. Die Fraue, Genit. der
Frauen, Dat. der Frauen, Accus. die Fraue, bey einigen gleichfalls die Frauen.
Frouuon, im Accus. Ottfried. Die ich mir zefrowen hatte erkorn, einer der
Schwäb. Dichter. Von diner vrowen, ebend. Sin vrouun, im Dat. schon um das Jahr
790. Das kumt von einer frouuen schoene, Der ich gerne were bi, Ditmar von Ast.
Vmb eine schöne frowen, Markgr. Otto von Brandenb. In meiner frawen lanndt,
Theuerd. Viele Hochdeutsche behalten diese Abänderung, wenigstens in vielen
Fällen, bey. Kehre um wieder zu deiner Frauen, 1 Mos. 16, 8. Der Frauen
verschlossene Mutter, Sprichw. 30, 16. Der Frauen gehts wie der Magd, Es. 24,
2. Laß dem Sohn der Frauen nicht Gewalt über dich, Sir. 33, 20. Ich bin es
seiner Frauen schuldig. Gottsched tadelte solches im Hochdeutschen mit Recht,
und doch schrieb er selbst: ich weiß nicht, was ich von der Frauen denken soll.
Indessen gibt es doch Fälle, wo das Ohr diese Oberdeutsche Abänderung auch im
Hochdeutschen nothwendig macht, besonders wenn der Genitiv des
Geschlechtswortes (nicht des Ehrenwortes) Frau vor dem Hauptworte stehet, von
welchem er regieret wird. Es ist der Sohn seiner Frauen Schwester, d. i. der
Schwester seiner Frau. Das Ehrenwort Frau verträgt in diesem Falle diese
Oberdeutsche Abänderung nicht; daher müßte es in diesem Falle heißen, es ist
der Sohn seiner Frau Schwester, d. i. seiner verheiratheten Schwester. Er lag
in meiner Frauen Kasten, Gell. wo, in meiner Frau Kasten, das Ohr beleidigen
würde. Es ist meiner Frauen Vater. Meiner Frauen Herz ist allzu sehr verdorben,
Hermes. Indessen gibt es auch hier Fälle, wo die Oberdeutsche Abänderung ohne
Härte wegbleiben kann. Ich habe erst angefangen, auf meiner Frau Betragen Acht
zu geben, Hermes. Ferner findet die Oberdeutsche Abänderung Statt, wenn Frau
die Jungfrau Maria bedeutet. Unserer lieben Frauen Tag, unserer Frauen
Scheidung, unserer Frauen Heimsuchung u. s. f. In den Titeln hat sich die
verlängerte Abänderung noch bey vielen erhalten. Der Hochgebornen Frauen,
Frauen u. s. f. wo doch Frau eben so gut klingen würde. In den folgenden
Zusammensetzungen findet die Oberdeutsche Abänderung ohne Widerspruch Statt,
und in manchen Wörtern hat sich noch ein s mit hinein geschlichen.
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271-272]