Erz -
, ein Wort, welches nur allein in der Zusammensetzung mit
verschiedenen Haupt- Bey- und Nennwörtern vorkommt, alle Mahl das
Vornehmste in seiner Art bedeutet, und im Deutschen auf doppelte Art gebraucht
wird. 1) Im guten und vorzüglichen Verstande, das Vornehmste in seiner
Art, der Würde nach, da es denn mit verschiedenen Hauptwörtern und
davon abstammenden Beywörtern verbunden wird.
S. im Folgenden die Wörter Erzamt, Erzbischof,
Erzbisthum, Erzengel, Erzgraf, Erzhaus, Erzherzog, Erzhirt, Erzkämmerer,
Erzkanzler, Erzmarschall, Erzpfalzgraf, Erzpriester, Erzschatzmeister,
Erzschenk, Erzstift, Erztruchseß, Erzvater und Erzwürde. In
allen diesen Wörtern ersetzet das Deutsche Erz das Griechische Archi -,
und bedeutet das Vorzüglichste in seiner Art; kann aber nur in solchen
Wörtern gebraucht werden, welche bereits eingeführet worden. Für
Archiater, Archicustos u. s. f. Erzarzt, Erzküster, zu sagen, dürfte
wohl nicht leicht zu wagen seyn. 2) Im nachtheiligen Verstande, das
Vorzüglichste in bösen Eigenschaften zu bezeichnen. In diesem
Verstande wird es im gemei- [
1955-1956] nen Leben sehr
häufig gebraucht, so wohl vor Haupt- als Bey- und Nebenwörtern.
Dergleichen sind: Erzbetrieger, Erzbettler, Erzbösewicht, Erzdieb, -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - ,
trifurcifer, Erzsiegel, Erzgeitzhals, Erzheuchler, Erzhexe, Erzhure, Erzjude,
so fern das Wort Jude einen niedrigen Wucherer bedeutet, Erzketzer,
haeresiarcha, Erzlügner, Erznarr, Erzplauderer, Erzprahler, Erzschelm,
Erzschwelger, Erzwucherer, Erzzauberer, und tausend andere, von denen man noch
täglich neue entstehen siehet. Ingleichen die Bey- und Nebenwörter,
erzböse, erzdumm, erzliederlich u. s. f. In einigen der letztern hat es
auch einen gleichgültigen, ja zuweilen auch einen guten Verstand. Ein
erzlustiges Gemüth, ein erzleichtfertiger Mensch, er ist ein erzguter
Mensch. Doch alle diese Wörter sind nur in den niedrigen, höchstens
vertraulichen Sprecharten üblich, und werden daher auch im folgenden nicht
besonders angeführet werden.Anm. Im Ital. lautet dieses Wort Arci, im
Span. Arco, im Franz. Archi und Arch, im Angels. Arce, im Engl. Arch, im
Schwed. Erts, im Dänischen Ärts. In allen diesen Sprachen wird es,
wie im Deutschen, nur in der Zusammensetzung gebraucht. Einige haben es von er,
ar, vor, das erste der Zeit und Würde nach, herleiten wollen, da man
mehrere Beyspiele hat, daß das r am Ende ein s zu seinem Begleiter
annimmt. Allein es ist wohl glaublicher, daß es nach dem Griechischen
Archi, besonders nach dessen Italiänischen Aussprache, Arci, gebildet
worden. Merkwürdig ist aber doch, daß die Dänen außer dem
schon gedachten Ärts, welches bey ihnen so wohl im guten als bösen
Verstande gebraucht wird, Ärtscantzler, Ärtsbedrager, Erzbetrieger,
noch ein doppeltes gleich bedeutendes Wort haben: Erke welches nur allein im
guten Verstande, und Ers, welches nur im nachtheiligen und verächtlichen
Sinne üblich ist. So wohl im guten, als nachtheiligen Verstande war
für Erz ehedem auch all üblich. Ottfried alhoner, erzschändlich.
Sonst wird im Deutschen noch das Wort Haupt in Zusammensetzungen auf
ähnliche Art gebraucht; eine Hauptperson, ein Hauptdieb u. s. f. In andern
sind die Wörter Ober - und Groß - üblich. [
1957-1958]