Erhaben
, -er, -ste, adj. et adv. welches eigentlich das Participium des
Verbi erheben, in die Höhe gehoben, ist, aber doch in verschiedenen
Bedeutungen für sich allein gebraucht wird. 1. Eigentlich, doch nur im
Oberdeutschen. Erhabene Hände gen Himmel ausstrecken. 2. Figürlich.
1) Über der Oberfläche hervor ragend. Diese Stelle ist ein wenig mehr
erhaben, als die andere. Ich fühle etwas Erhabenes auf der Haut. Eine
erhabene Gegend, die sich über den Horizont erhebet. Ein etwas erhabener
Ort. Erhabene Arbeit, der Metallarbeiter, wo durch den Hammer allerley Figuren
in die Höhe getrieben werden. Halb erhabene Arbeit, der Bildhauer und
Bildgießer, die an dem Hintergrunde anhängt, im Gegensatze der ganz
erhabenen, welche an keinem Hintergrunde befestiget ist. 2) Weit über der
jedesmahligen Oberfläche hervor ragend, hoch, in der edlern Schreibart.
Ein erhabener Hügel, Es. 2, 14. Erhabene Cedern, V. 13. Ich sahe den
Herren sitzen auf einem hohen und erhabenen Stuhle, Kap. 6, 1. 3) Andere
ähnliche Dinge so weit übersteigend, daß es Ehrfurcht und
Bewunderung erweckt; eine Unterart dessen, was groß und hoch ist. Er ist
weit über mich erhaben.
Verschämte Muse sags nicht nach, Was ein erhabnes
Ungeheuer Zu einem frommen Weibe sprach, Gell.
Dergleichen Proben sind für eine gemeine Tugend zu
schwer, nur eine erhabene Tugend kann sie aushalten. Diese standhafte
Zärtlichkeit ist ein Ruhm, den nur ein erhabenes Herz zu schätzen
weiß, Gell. Eine erhabene Gesinnung, erhabene Denkungsart, u. s. f. Die
erhabene Schreibart, welche das Erhabene an einem Gegenstande so darstellet,
daß es Ehrfurcht und Bewunderung erwecken kann.
S. die Lehre von dem Deutschen Style, Th. 2, S. 146. Der
Dichter muß nach dem Erhabenen streben. Der Charakter eines Porträtes
muß edel, erhaben und wohl ausgedruckt seyn.Anm. Schon bey dem Notker
lautet dieses Wort irhauen und erhauen. Es ist freylich das im Hochdeutschen
veraltete Mittelwort des Zeitwortes erheben, welches jetzt erhoben
lautet.Allein in der Gestalt eines Bey- und Nebenwortes hat es sich unter den
Hochdeutschen behauptet; daher diejenigen noch wenig Beyfall erhalten haben,
welche dafür erhoben einführen wollen. Noch weniger Dank verdienen
diejenigen, welche dieses Wort in der eigentlichen Bedeutung erhoben, in den
figürlichen aber erhaben schreiben und sprechen wollen. Wo wollten wir mit
unserer Sprache hin, wenn es zur Regel werden sollte, die eigentlichen
Bedeutungen auf solche Art von den uneigentlichern zu unterscheiden?
S. Erheben. [
1897-1898]