Empfangen
, verb. irreg. act.
S. Fangen. 1. Eigentlich, in seine Verwahrung bekommen,
von einem anderen an sich nehmen. Geld empfangen. Ich habe das Geld noch nicht
empfangen. Wir haben die Waaren bereits empfangen. Einen Theil von der Beute
empfangen. Almosen, seinen Sold, seinen Theil empfangen. Empfangene Wohlthaten
läugnen. Briefe empfangen. Ein Lehen empfangen. Das heilige Abendmahl
empfangen.
S. Bekommen und Erhalten, welche einige Bedeutungen mit
diesem Worte gemein haben. 2. Figürlich. 1) Oft auch von solchen Dingen,
die einem Gegenstande von außen widerfahren, wenn er sich gleich leidend
dabey verhält. Einen Befehl empfangen. Vergebung der Sünde, die
heilige Taufe, den heiligen Geist empfangen, u. s. f. Eindrücke von
außen empfangen. Freylich findet dieses Gebrauch nur in einigen bereits
eingeführten Fällen Statt, weil das Zeitwort bekommen in dieser
Bedeutung üblich ist. Indessen wird empfangen so wohl in der Deutschen
Bibel, als auch im Oberdeutschen noch häufig in solchen Fällen,
selbst von leblosen Körpern gebraucht, wo man sich im Hochdeutschen lieber
des Zeitwortes bekommen oder eines andern Ausdruckes bedienet. Die Erde, die
deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen, 1 Mos. 4, 11. Wenn die
Erde den Samen empfängt, 4 Est. 9, 34. Die Verdammniß empfangen,
Matth. 23, 14; Luc. 20, 47. Vierzig Streiche empfangen. 2 Cor. 14, 24. Von
solchen Veränderungen, die sich aus dem Innern eines Dinges selbst
entwickeln, ist nur allein bekommen, niemahls aber empfangen üblich.
Blätter, Laub, die Blattern, das Fieber bekommen u. s. f. 2) Einen
Ankommenden bewillkommen, ohne Rücksicht auf die Art und Weise. Jemanden
mit vieler Ehrerbiethung, mit großer Pracht empfangen. Der Landesherr
wurde von der Obrigkeit vor der Stadt empfangen. Er empfing mich mit offenen
Armen aber weinenden Augen. Jemanden kaltsinnig, mit Vorwürfen, mit
Schlägen empfangen. 3) Schwanger werden, so wohl als ein Activum, als auch
als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben. Die Frau hat empfangen. Von
jemanden empfangen. Das Kind ist von seiner Mutter empfangen worden. In der
anständigern Sprechart gebraucht man dieses Zeitwort auch von den Thieren;
im gemeinen Leben aber sind dafür die Zeitwörter ansetzen, aufnehmen,
zukommen u. s. f. üblich.Das Hauptwort die Empfangung wird wenig
gebraucht, weil dafür Empfang und in der letzten Bedeutung
Empfängniß eingeführet sind.Anm. Die erste Sylbe diese Wortes
hat mit der ersten Sylbe in empfahen einerley Schicksale gehabt. Kero gebraucht
antfangan, Notker und Ottfried aber wechselsweise infangan undintfangan; die
heutige Form ist neuer. Empfangen ist vermuthlich nach dem Muster des Lat.
accipere und concipere gebildet worden.
S. Ent- und Fangen. Im Niedersächsischen der
vorigen Zeiten kommt auch untfangen vor. In eben dieser Mundart bedeutete
entfangen ehedem auch Feuer fangen, in Brand gerathen. [
1797-1798]