Edel
, edler, edelste, adj. et adv. welches von den ältesten
Zeiten an in sehr verschiedenen Bedeutungen gebraucht worden.1. * Die erste und
älteste Bedeutung, wenigstens von welcher man in Schriften Nachricht hat,
ist verwandt, von dem alten nordischen Worte Ätt, Geschlecht,
S. Atte. Daß diese Bedeutung, in welcher auch Edel
und Adel als Hauptwörter für Geschlecht üblich waren, die
älteste ist, hat Ihre v. Adel sehr weitläufig und überzeugend
erwiesen. Bey dem Isidor heißt es Kap. 5, Chechundemes auh nu des edhili
endi odhili, nun wollen wir auch sein Geschlecht und Vaterland zeigen. Und bey
dem Ottfried B. 4, Kap. 15: Thar sihit er thuz edili, joh sines selbes bilidi,
da stehet er seine Verwandtschaft und sein eigenes Bild. In einer alten
geschriebenen Übersetzung der Bibel bey dem Frisch heißt es 2
Kön. 15: Asaria liegt begraben bey seinen Meren oder Edelen, d. i. bey
seinen Vätern oder Vorfahren. Da nun in den ältesten Zeiten nur
allein dieFreygebornen ein Geschlecht und eine Familie hatten, so kam es,
daß das Wort edel nachmahls,2. Auch einen jeden Freyen, oder Freygebornen
bedeutete. Ihre hat auch diese Bedeutung aus alten Schwedischen Stellen sehr
gelehrt bewiesen, und zugleich bemerket, daß edel in diesem Verstande mit
dem Franz. Gentilhomme und Engl. Gentleman sehr genau überein komme,
welche gleichfalls von dem Lat. Gens, Geschlecht, abstammen.3. Allein man
machte doch auch schon sehr frühe einen Unterschied unter den Freyen, und
nannte nur diejenigen edel, welche sich unter ihnen durch besondere Verdienste
hervor thaten. In diesem Verstande war edel sehr lange ein vorzüglicher
Ehrentitel der Glieder des hohes Adels, die Fürsten selbst nicht
ausgenommen, welche sich sehr häufig edle Herren, edle Fürsten, edle
Grafen, zu schreiben pflegten. Noch 1331 nannte der Graf von Hohenlohe die
Pfalzgrafen am Rheine die edila hochwerdigen Herren, S. C. L. Scheidts
Nachrichten von dem hohen und niedern Adel. Noch jetzt ist die Würde eines
Edelen des Reichs oder Edelen Herren eine Würde, welche einen Freyherren
bedeutet, und von dem Kaiser ertheilet wird, obgleich diejenigen, welche solche
erhalten, sie oft so wenig kennen, daß sie sich über den Titel eines
Freyherren noch ein eigenes Diplom geben lassen. Die Edlen zu Venedig.4. Ob man
nun gleich schon ältere Beyspiele findet, daß Personen des niedern
Adels gleichfalls edel genannt worden, so ward doch dieser Titel zu Anfange des
15ten Jahrhundertes, da der hohe Adel andere Titel anzunehmen anfing, ihnen
besonders eigen, und von ihnen werden die Wörter Edelmann, Edelfrau u. s.
f. nur noch allein gebraucht; obgleich das Wort edel selbst in dieser Bedeutung
ungewöhnlich geworden, seitdem adelig mehrern Beyfall gefunden. Doch
werden noch die Glieder der Reichsritterschaft von dem Kaiser Edle, die
Directores und Ausschüsse aber Wohlgeborne und Edle genannt. Auch der
Magistrat der Reichsstadt Nürnberg bekommt vermöge einer besondern
Vergünstigung von dem Jahre 1697 von dem Kaiser den Titel Edel, dagegen
andere nur Ehrsam von ihm genannt werden. Denn das Wort edel blieb auch nicht
lange ein Ehrentitel des niedern Adels, sondern ward gar bald5. Auch dem
bürgerlichen Stande eigen, unter welchem diejenigen, die sich durch
Gelehrsamkeit und Verdienste von andern unterschieden, edel und Edele genannt
wurden. Und in diesem Verstande sind noch jetzt die Wörter edel, wohledel,
hochedel, edelgeboren, wohledelgeboren und hochedelgeboren üblich, die man
Personen bürgerlichen Standes nach Maßgebung ihrer Würde
ertheilet.
S. diese Wörter. Das einfache edel hat dabey von
seiner alten Würde so viel verloren, daß man es heut zu Tage sogar
geringen Bürgern und kleinen Krämern beyleget, obgleich auch diese
wohledel und hochedel genannt seyn wollen.6. Am häufigsten wird dieses
Wort in figürlichem Verstande gebraucht, und da bedeutet es, 1) *
rechtmäßig, echt, von welcher veralteten Bedeutung Frisch v. Adel
einige Beyspiele angeführet hat. 2) Vorzüglich, das Beste in seiner
Art, in welchem Verstande schon Isidor adhal gebraucht. Die Edlen des Volkes,
in der bibl. und höhern Schreibart, die vornehmsten, die würdigsten
Personen in einem Staate, nicht allein dem Stande, sondern auch der Tugend, der
Denkungsart nach. Die Edelsten in Israel sind auf deiner Höhe erschlagen,
1 Sam. 1, 19.
Der Himmel, der sich nur die Rache vorbehält, Wählt
sich zum Werkzeug nie die Edelsten der Welt, Weiße.
Nach einer noch weitern Figur werden im gemeinen Leben auch
leblose Körper edel genannt, wenn sie sich durch vorzügliche
Eigenschaften von andern Dingen, so wohl ihrer, als fremder [
1635-1636] Art unterscheiden. Nimm die besten Specereyen, die
edelsten Myrrhen, 2 Mos. 30, 27. Ein edler Gang, ein edles Gebirge, edles Erz,
werden im Bergbaue ein reichhaltiger Gang, ein reichhaltiges Gebirge, ein
reichhaltiges Erz genannt. Edle Metalle, welche im Feuer unverändert
bleiben, wie Gold und Silber, zum Unterschiede von den unedlen. Die ältern
Kräuterkenner setzen vielen Nahmen der Pflanzen das edel vor, um sie von
unkräftigern oder gemeinern ihrer Art zu unterscheiden; edel Gamanderlein,
edel Leberkraut u. s. f. und bey den Jägern wird ein völlig
ausgewachsener Hirsch ein edler Hirsch genannt. Indessen ist doch diese ganze
Figur beynahe veraltet, außer daß sie in dem höhern Style noch
von Personen gebraucht wird. 3) Kostbar, köstlich, schätzbar. Er wird
sein Füllen an den. Weinstock binden und seiner Eselinn Sohn an den edlen
Reden, 1 Mos. 49, 11. Da sind edle Früchte vom Himmel, - da sind edle
Früchte von der Sonnen u. s. f. 5 Mos. 33, 13. Es ist eine edle Sache um
den Hausfrieden. Auch diese Bedeutung fängt an seltener zu werden,
vermuthlich weil sie von den Dichtern der ältern und neuern Zeiten zu sehr
gemißbrauchet worden. 4) Was sich von dem Gewöhnlichen und Gemeinen
auf eine vorzügliche Art unterscheidet, und dessen höchsten Grab man
erhaben nennet. Edle Gesinnungen. Edel denken. Edel handeln. Wie edel gesinnt
ist ihre Seele! Gell. Eine edle Kühnheit. Deine Seele ist werbt, einen
edlern Stolz zu haben. Er hat viel Edles in seinen Mienen.
Welch edler Anstand herrscht in seinen jungen Mienen!
Weiße.
Die edle Schreibart, die eine genaue Auswahl der Wörter
und Gedanken beobachtet, im Gegensatze der gemeinen und niedrigen. Das Edle in
den schönen Künsten, was sich über die gemeinen Bilder und
Vorstellungen erhebt. Ein Mahler kann auch gemeine Sachen edel behandeln.Anm.
Edel und Adel sind genau verwandt, und bloß der Mundart nach verschieden.
Edel wurde ehedem auch als ein Hauptwort für Adel gebraucht, und das
Beywort edel lautete vor diesem mehrmahls adel, wofür jetzt in den
eigentlichern Bedeutungen von dem Vorzuge des Standes adelig üblicher ist.
Die drey e, welche in der Verlängerung des Wortes dem Gehöre
unangenehm fallen, machen, daß man gern eines derselben wegwirft. Im
Positive und Comparative widerfähret solches dem zweyten, der edle, die
Edlen, edler, für edele, Edelen, edeler; im Superlative aber darf es nicht
weggeworfen werden, edelster, die Edelsten. [
1637-1638]