Ch
, ein aus c und h zusammen gesetzter Buchstab, welcher aber doch
nur einen einfachen Laut bezeichnet, der stärker hauchet als g, und in der
Aussprache in den meisten Fällen dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - und Hebr. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gleichet.
Daß der Laut, von welchem das ch das Zeichen ist, kein Doppellaut ist,
erhellet unter andern auch daher, weil der vorher gehende Vocal durch denselben
nicht geschärft wird; denn in Tuch, Fluch, suchen, hoch, u. s. f. ist er
gedehnt, welches der Regel nach nicht seyn könnte, wenn das ch ein
gedoppelter Buchstab wäre. Was nunI. Die Aussprache dieses Buchstabens
betrifft, so hat derselbe einen doppelten Laut.1. Sein eigenthümlicher
Laut ist ein starker Hauch, der unserer heutigen Aussprache der Latein. ch und
Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - gleich ist, aber doch einen doppelten Unterschied in der Stärke
und Schwäche leidet.1) Gehet ein geschärfter Vocal vorher, so wird
das ch stärker gehaucht, oder es wird doppelt ausgesprochen: Loch, Pech,
Geruch, ruchlos, rechnen, Dach, Stich, Strich. u. s. f. Welches besonders in
der Mitte eines Wortes, wenn ein Vocal darauf folget, merklich wird, wie in
sprechen, brechen, lachen, Sache, Gerüche, Löcher, pichen, Stiche,
Rechen, welche so ausgesprochen werden, als wenn sie sprechchen, brechchen u.
s. f. geschrieben würden. Die Bey- und Nebenwörter auf - lich
scheinen hier eine Ausnahme zu machen, besonders wenn der Ton auf der
nächsten Sylbe vorher lieget, da denn das ch nur einfach lautet, wenn
gleich das i geschärft ist: bildliche Vorstellun-gen, freundliche Rede,
täglicher Umgang, weibliche Schwachheiten. Es rühret dieses indessen
bloß daher, weil das i in diesen Fällen unbetont ist, daher die Zunge
schnell über die ganze Sylbe wegeilet; denn wenn der Ton auf der zweyten
Sylbe vorherliegt, so ist die doppelte Aussprache des ch merklich genug,
veränderliches Herz, fürchterliche Vorstellungen, abentheuerliche
Gedanken, weil alsdann doch ein halber Ton auf die Sylbe lich kommt.2) Ist aber
die vorher gehende Sylbe gedehnt, so wird das ch gelinder oder einfach
ausgesprochen. Gesuch, suchen, Fluch, fluchen, die Büche, das Buch, brach,
die Brache, hoch, Kuchen, ich sprach, die Sprache, das Tuch, die Tücher,
der Brauch, der Bauch, hauchen, räuchern, Schläuche, Teich, Streich,
und tausend andere unterscheiden sich in der Aussprache von den vorigen sehr
merklich; ob es gleich Mundarten gibt, die in diesen Wörtern nur einen
geschärften Vocal kennen. Denn so sprechen die Schlesier Büchcher,
fluchchen, Kuchchen u. s. f. mit einem kurzen u.2. Hingegen lautet es in
manchen Fällen auch nur wie ein bloßes k. Die Fälle sind,1) Wenn
es zu Anfange eines ursprünglich Deutschen Wortes stehet, deren aber heut
zu Tage nur noch sehr wenige sind. So wird es in Chur, Churfürst,
Charfreytag, Charwoche wie ein k gesprochen. Dieser Aussprache folget man auch
gemeiniglich in vielen fremden Wörtern, ungeachtet sie in der Sprache, aus
welcher sie entlehnet sind, ein Ch oder X haben, wie ein Christ, Christus,
Chronik, Charte, Charakter, Cherub, Chrisam, Chor, Chaldäa, Chaleedon u.
s. f. die man gemeiniglich so ausspricht, als wenn sie mit einem K geschrieben
wären; dagegen die Aussprache in andern, als China, Chamit, Chaos, Chymie
u. s. f. dem eigentümlichen Laute des ch getreuer gebliebene ist.2) Wenn
ein s darauf folget, welches zu eben demselben Stammworte gehöret; wie in
Dachs, Lachs, Fuchs, Flachs, Flächse, Achse, Achsel, Ochs, Wachs, sechs,
Büchse, Buchsbaum u. s. f. welche im Hochdeutschen Daks, Laks, Fuks u. s.
f. lauten. Gehöret aber das s nicht mit zu eben dem Stammworte, so
behält das ch seine gewöhnliche Aussprache, wie in nachsehen,
wachsam, Dachspäne u. s. f.Aus dieser unserer Aussprache des ch erhellet
unter andern sehr deutlich, daß die Hochdeutsche Mundart das Mittel
zwischen der Alemannischen und Sächsischen hält. Die Alemannische
spricht alle diese Wörter mit dem, dem ch eigenen starken Hauche aus; das
Hochdeutsche hat dafür das gelindere k, und die Niedersächsische
lässet es gar weg; denn da lauten diese Wörter Laß, Voß,
Flaß, Asse, Os, Waß, föß, Büsse u. s. f. Man
könnte3. Noch die Aussprache wie sch beyfügen, die aber nur in
eigentlich Französischen Wörtern Statt findet, deren aber doch
nunmehr sehr viele im Deutschen gangbar sind, wie Charlotte, Chaluppe, Chagrin,
Champignon, Champagner u. s. f. welche Scharlotte, Schaluppe u. s. f.
gesprochen werden müssen.II. Da das ch das Zeichen eines einfachen Lautes
ist, folglich so wohl nach gedehnten als nach geschärften Vocalen stehen
kann, so sollte es in dem letztern Falle auch, wenn es nehmlich nach einem
geschärften Vocalen in einer und eben derselben Sylbe allein stehet,
verdoppelt werden, wie bey andern Consonanten üblich ist. Man sollte
schreiben Stichch, stechchen, Dachch, Löchcher, wie man schreibt still,
stellen, Bitte, müssen. Allein da das Zeichen schon aus zwey Buchstaben
zusammen gesetzt ist, so würden vier Buchstaben hinter einander zur
Bezeichnung eines einzigen verdoppelten Lautes das Auge beleidigen; daher hat
man bey dem ch, und aus eben dem Grunde auch bey dem sch, diese Verdoppelung
von jeher unterlassen, so daß man die Schärfe oder [
1319-1320] Dehnung des vorher gehenden Vocales bloß aus der
Übung erlernen muß. Daß macht nunIII. Bey der Abtheilung der
Sylbe einige Schwierigkeiten. Zwar nicht nach gedehnten Vocalen, denn da
theilet man sehr richtig Flü-che, su-chen, Bü-cher, wie man theilet
Lie-be, versü-ßen, tra-gen; wohl aber nach geschärften, wo es
doppelt lauten muß, und wo man zweifelhaft seyn kann, ob man es zur vorher
gehenden oder zur folgenden Sylbe ziehen soll, ob man z. B. lach-en, oder
la-chen theilen soll. Man theile, wo man will, so geschiehet der Aussprache
Gewalt, weil das ch nicht verdoppelt werden darf. Der schicklichste Ausweg ist
hier indessen doch der, daß man es bey der vorhergehenden Sylbe
läßt, lach-en, weil die Aussprache dabey mehr gesichert ist, als wenn
man la-chen theilt, indem das ch hier dem Auge zu weit entrückt und bis an
den Anfang der folgenden Zeile geworfen wird. Mehr davon
S. in der Orthographie. Was nunIV. Die Geschichte dieses
Buchstabens betrifft, so ist das Vornehmste davon schon bey dem Buchstaben C
bemerket worden. Die Lateiner erfanden schon das ch, das Griechische -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image -
auszudrucken. Die Deutschen, die ihre Buchstaben von den Römern bekamen,
behielten es bey, weil sie eben denselben Hochlaut hatten. Den häufigsten
Gebrauch davon machten die Alemannen, weil sie unter allen Deutschen am
stärksten hauchten. Indessen wurde der eigentliche Laut, den das ch in der
Mitte der Wörter und am Ende noch jetzt hat, anfänglich nicht durch
ch, sondern entweder durch ein bloßes h und durch hh ausgedruckt. Kero
schreibt duruh, durch, foraht, Furcht, rihh, Reich, sleht, schlecht iohh, euch,
puah, Buch, ambaht, Ambacht, cernlihho, gernlich, cuatlihho, gütlich; und
Ottfried fehtan, fechten, thih, dich, ouh, auch, thoh, doch, sprah, sprach,
sleihan, schleichen, thahta, dachte, sulih, solch. Doch hat der letztere schon
iagilich, jeglich, buachar, Bücher, sechszug, sechzig, uuelicheru,
welcher, licham, Leichnam. Desto häufiger gebrauchten die Oberdeutschen
das ch anstatt unsers heutigen K, weil sie hier alle Mahl einen stärkern
Hauch hören ließen, wie die heutigen Oberschwaben noch thun. Daher
schreibt Kero achustio, chind, uuerach, Werk, chuning u. s. f. Die Franken, ein
Stamm der Niedersachsen, führeten in diesen Fällen nach und nach das
k ein, weil es ihrer Aussprache gemäßer war, und die Hochdeutschen
haben das ch, bis auf einige wenige oben angeführte Fälle, nunmehr
völlig von der Verbindlichkeit los gesprochen, das k vorzustellen. In den
eigentlichen Oberdeutschen Mundarten hingegen behielt man es noch lange bey,
weil man daselbst so schrieb, wie man sprach. Daher findet man noch bey dem
Hornegk chlaine, Chunst, Chayser, chain, Chraft, chommen, churez, Chnecht,
chraczen, Chern, chunt u. s. f. und ein heutiger Oberschwabe würde noch
eben so schreiben müssen, wenn er seiner Aussprache getreu bleiben
wollte.Die Niedersächsische Mundart gebraucht das ch zu Anfange der Sylben
gar nicht, außer in einigen Fällen in dem sch, am Ende aber sehr
sparsam, weil sie unter allen Deutschen Mundarten am wenigsten haucht. Sie
liebt dafür das k; striken, für streichen, sliken, für
schleichen, Book, für Buch, Bunk, für Bauch, söken, für
suchen. Doch hat sie es in einigen, obgleich nur wenigen Wörtern, wohin
Acht, Berathschlagung, und acht, -octo, Schecht, ein Schaft, Lucht, Luft,
sacht, schichten, achter, nach, und andere mehr gehören.
S. auch Sch. [
1321-1322]