Die Burg
, plur. die Bürge. 1) Ein jeder befestigter oder mit
Festungswerken eingeschlossener Ort. Von dieser ersten und weitesten Bedeutung,
welche aber nunmehr völlig veraltet ist, ist noch das zusammen gesetzte
Wagenburg ein Zeuge. In einigen Oberdeutschen Gegenden ist Vorburg noch so viel
als eine Vorstadt, welche Bedeutung in dem Franz. Fauxbourg noch gäng und
gebe ist. Besonders wurde dieses Wort in den ältesten Zeiten von einer
Stadt gebraucht, welche Bedeutung Baurgs bey dem Ulphilas, und Burc oder Burg,
bey dem Ottfried, Willeram und Tatian mehrmahls haben. Das heutige Schwed.
Birke, und Engl. Borough, Burgh, eine Stadt, ist auch noch ein
Überbleibsel davon. 2) Ein befestigter Wohnsitz eines Fürsten, Grafen
oder Dynasten, welcher mit verschiedenen Hoheitsrechten versehen ist. In diesem
Verstande wird der kaiserliche Wohnsitz zu Wien noch jetzt die Burg oder die
Hofburg genannt. In den mittlern Zeiten gab es in Deutschland eine Menge
solcher Bürge, welche zum Theil auch noch vorhanden sind, aber jetzt
gemeiniglich Schlösser genannt werden, so daß das Wort Burg auch in
dieser Bedeutung im Hochdeutschen wenig mehr gebraucht wird, außer wenn
von den Bürgen der mittlern Zeiten die Rede ist. Die Wohnsitze der
gemeinen Edelleute werden zwar oft Schlösser, aber so viel mir bekannt
ist, nicht Bürger genannt; obgleich das Diminutivum Bürglein oder
Bürgel zuweilen in dieser Bedeutung vorkommt. Bey dem Tatian ist Burgilu
ein Castell, im Gegensatze der Burg oder Stadt.Anm. Burg, im Angels. Byrig,
Burg, im Dän. und Schwed. Borg, ist ein altes Wort, welches in allen
Europäischen Mundarten angetroffen wird. Man hat es bisher von Berg und
bergen abgeleitet, weil man die Bürge ehedem auf Berge bauete, und sich in
demselben zu bergen, d. i. zu vertheidigen, suchte. Hr. Ihre gibt hingegen dem
alten byrgia, schließen, den Vorzug; welche Muthmaßung dadurch
bestätiget wird, daß auch das Wort Schloß von schließen
abstammet. Einigen Schriftstellern des mittlern Zeitalters zu Folge bedeutete
Burg ehedem auch einen offenen Ort, einen Flecken, im Gegensatze einer
ummauerten Stadt; allein in Deutschland ist diese Bedeutung wohl nie allgemein
gewesen.
S. Bürger 4. Das Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , ein Thurm, [
1259-1260] scheinet mit der Burg genau verwandt zu seyn. Der Plural
Bürge war ehedem vollkommen gebräuchlich; und kommt auch noch in der
Deutschen Bibel vor. Heut zu Tage gebraucht man ihn wenig, welches aber wohl
nur von dem immer mehr abnehmenden Gebrauche des Wortes Burg selbst
herrühret. Im Oberdeutschen heißt der Plural auch die Burgen. An den
meisten Nahmen der Örter, welche sich auf burg endigen, ist dieses Wort
ein Beweis, daß sie aus Bürgen entstanden sind, welche zuerst
daselbst befindlich gewesen. Die Gentilia von diesen Wörtern behalten ihr
u unverändert. Ein Hamburger, Straßburger u. s. f. Nicht
Hambürger. [
1261-1262]