Bewegen
, verb. reg. act. außer in der dritten figürlichen
Bedeutung, wo es bewog, bewogen hat; den Ort eines Körpers
verändern.1. Eigentlich, wo dieses Wort in einem verschiedenen Umfange der
Bedeutung gebraucht wird. 1) In der weitesten Bedeutung. Lasset ihn liegen,
niemand bewege seine Gebeine, bringe sie aus ihrem Orte. Kein Körper kann
den andern bewegen, wenn er nicht selbst in Bewegung ist. Am häufigsten
ist es in dieser Bedeutung als ein Reciprocum üblich: sich bewegen,
beweget werden, seinen Ort nach gewissen Gesetzen verändern. So bewegen
sich die Himmelskörper, wenn sie die von ihrem Schöpfer ihnen
vorgeschriebene Bahn durchlaufen. Der Vogel bewegt sich in der Luft wenn er
flieget; der Fisch im Wasser, wenn er schwimmt; das Thier auf der Erde, wenn es
kriecht, geht oder läuft. 2) In verschiedenen engern Bedeutungen. (a) Sich
bewegen, von Menschen, den Leib und dessen Theile zur Erhaltung der Gesundheit
bewegen, welches auf vielerley Art geschehen kann. (b) Die Theile eines ganzen
bewegen. So bewegt der Sturm das Meer, der Wind die Luft. Es bewegte sich kein
Lüftchen. (c) Hin und her bewegen, einen Körper ohne Veränderung
seiner Grundfläche bewegen, für erschüttern, zittern machen. So
bewegt der Wind das Laub an den Bäumen. Der Sturm machte, daß sich
das ganze Haus bewegte. Die Erde bebte und ward bewegt, 2 Sam. 21. 8. Die
Kräfte der Himmel werden sich bewegen, Matth. 24, 29.2. Figürlich. 1)
Aufsehen, Bestürzung, Unruhe, einen Auflauf verursachen. Alle beyden will
ich bewegen, Haggai 2, 8. Das Volk bewegen, Apostelg. 6, 12; Kap. 13, 50; Kap.
17, 8, 13. Und die ganze Stadt ward bewegt, und ward ein Auflauf, Kap. 21, 30.
In dieser Bedeutung ist in Bewegung bringen oder setzen im Hochdeutschen
üblicher. 2) Empfindungen hervor bringen, besonders Empfindungen des
Mitleidens, der Reue, der Zärtlichkeit u. s. f. Er wurde durch meine
Vorstellungen sehr bewegt, gerührt. Die Zuhörer waren insgesammt sehr
bewegt, gerührt. Ingleichen, den Willen lenken, Entschließungen
hervor bringen. Er wollte sich durch nichts bewegen(zur Änderung seines
Entschlusses bringen) lassen. 3) Besonders, mit ausdrücklicher Meldung des
Zieles der Bewegung, entweder mit dem Vorworte zu, oder mit dem Bindeworte
daß; in welcher Bedeutung es zugleich irregulär abgewandelt wird; ich
bewog, habe bewogen. Jemanden zu etwas bewegen. Ich habe mich zur Fortsetzung
dieser Sache bewegen lassen. Jemanden zur Andacht, zum Mitleiden, zum Weinen,
zum Lachen bewegen. Was mich am meisten dazu bewog, war dieses. Was hat dich zu
diesem Zorne bewogen? Deine Aufführung hat mich bewogen, meine Hand von
dir abzuziehen. Was hat dich bewogen, daß du mir so begegnest?Anm. 1. Der
Unterschied in der Conjugation rühret vermuthlich aus einer verschiedenen
Mundart her. Bewegen gehet im Nieders. ganz regulär. Im Oberdeutschen
kommt es mit dem Hochdeutschen überein; allein dessen ungeachtet kann die
irreguläre Conjugation ein Überbleibsel irgend einer besondern
Oberdeutschen Mundart seyn, von welcher die übrigen das Verbum in dieser
Bedeutung entlehnet haben; zumahl da das Verbum wägen, welches von bewegen
abstammet, mit diesem in der dritten figürlichen Bedeutung
gleichförmig conjugiret wird. Die Niedersachsen haben, wenn sie
Hochdeutsch schreiben wollen, sich in diese verschiedene Conjugation oft nicht
finden können. Z. B. Du aber hast mich bewegt, daß ich ihn ohne
Ursache verderbt habe, Hiob. 2, 5. Siehe zu, daß dich nicht vielleicht
Zorn bewegt habe, jemand zu plagen, Kap. 36, 18. So auch Sprichw. 19, 18; 2
Maccab. 3, 2; Kap. 14, 27. Hingegen 4 Esr. 3, 3 heißt es: Und mein Herz
ward heftig bewogen, daß ich anfing, zu dem Allerhöchsten mit
furchtsamen Worten zu reden, für bewegt; neuerer Beyspiele zu geschweigen.
Einige Sprachlehrer halten es so gar für gleichgültig, ob man in der
dritten figürlichen Bedeutung bewegt oder bewogen sagt.Anm. 2. Be ist in
diesem Worte bloß um der schärfern Bestimmung willen da. In den
ältern Mundarten und der heutigen Nieders. kommt das einfache wegen in
eben der Bedeutung vor. Im Goth. lautet es vagjan, bey den Franken und
Alemannen uuagon und uuechan, im Angels. wagan, waegan, wegan. Es ist das
Stammwort eines sehr zahlreichen Geschlechtes, zu welchem Weg, Wagen, die Wage,
wägen, wiegen, Woge, und vielleicht auch machen und wehen, und als
Frequentativa die Zeitwörter wackeln, weigern, wanken, winken und wecken
gehören. Mit dem Griech. -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , und dem Latein. agere und vehere kommt es
deutlich überein. Bey dem Hornegk bedeutet bebegen, pewegen, nicht allein
movere, sondern auch sich entschließen, und sich weigern. Si bewigt sih
min, kommt für, sie begibt sich mein, bey einem der Schwäbischen
Dichter vor. Bewegen für erwägen, welches Luc. 2, 19 vorkommt, ist im
Hochdeutschen veraltet. Die Niedersachsen haben außer dem Activo wegen
auch noch das Neutrum wogen, sich bewegen, oder beweget werden. Die Bewegung.
S. hernach besonders. [
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