Beschreyen
, verb. irreg. act. (
S. Schreyen,) 1) An oder gegen etwas schreyen. So sagt
man in den Rechten von einem neu gebornen Kinde, daß es die vier
Wände beschrien habe, wenn dessen Geschrey deutlich in dem Hause vernommen
worden, welches als ein Beweis angesehen wird, daß das Kind lebendig zur
Welt gekommen ist, und dadurch das Recht zur Erbfolge bekommen hat; außer
welcher Redensart das Verbum in dieser Bedeutung wohl nicht weiter üblich
ist. 2) Mit einem Geschreye, d. i. laut, öffentlich, vorfordern. So wurden
ehedem flüchtige Verbrecher beschrien, wenn sie vor Gericht
öffentlich drey Mahl vorgeladen wurden. Diese Bedeutung ist im
Hochdeutschen veraltet. 3) Über etwas schreyen. Einen Übelthäter
vor Gericht beschreyen. Zeter über ihn schreyen, welche Bedeutung nur noch
in der Gerichtssprache einiger Orte üblich ist. Im gemeinen Leben sagt man
auch wohl zuweilen, etwas beschreyen, laut darüber weinen. Hierher
gehöret auch das Mittelwort beschrien, in der figürlichen aber
nachtheiligen Bedeutung, für übel berüchtigt. Nero ist wegen
seiner Grausamkeit in der ganzen gesitteten Welt beschrien. 4) Mit Worten
bezaubern, besonders durch übermäßige Lobeserhebungen, in der
Kunstsprache des Aberglaubens, welches man in Oberdeutschland auch berufen
nennet. Ein Kind beschreyen. Das Kind ist beschrien. Von diesem Aberglauben
rühret auch der alte Gebrauch des Deutschen Pöbels her, alle
Lobsprüche auf Kinder und Vieh mit einem Gott behüte es! zu
begleiten; wofür die alten Griechen -
hier nichtlateinischer Text, siehe Image - , die Römer aber praefiscine
sagten. [
905-906]