Bescheiden
, verb. irreg. act (
S. Scheiden,) welches in seinen meisten Bedeutungen im
Hochdeutschen veraltet ist, oder doch zu veralten anfängt. Es bedeutet,1.
Zutheilen, als einen bestimmten Theil anweisen, mittheilen. Einem etwas
bescheiden. Die Vorsicht hat mir wenig Reichthümer, aber ein redliches
Herz beschieden.
Die Sterne haben mir der Sprödsten Gunst beschieden,
Wiel. Es ist den Sterblichen kein festes Glück beschieden, Seit dem
Asträa sich aus unsrer Welt verlor, Cron.
Sein beschiedener, der ihm bestimmte, Theil, wofür doch
im gemeinen Leben oft die alte Oberdeutsche Form, bescheiden üblich ist.
Seinen bescheidenen Theil bekommen. Die Ruhe, die Zufriedenheit, ist das
beschiedene Loos der Menschen, Dusch.2. Mit einem Befehle bestimmen, besonders
von der Bestimmung eines Ortes, an welchen sich jemand einfinden soll. Jemanden
am einen Ort bescheiden. Ich habe ihn zu mir beschieden.
An dasselb Ort, dahin er war Von dem Unfalo bescheiden,
Theuerd. Kap. 29.
Daher an einigen Orten noch bescheidene, d. i. bestimmte,
fest gesetzte Tage. Bescheidene, d. i. beschiedene, Jahre, bedeuteten im
Oberdeutschen ehedem die zur Mündigkeit bestimmten Jahre. Bis zu seinen
bescheidenen Jahren, bis zur Mündigkeit. Indessen kann bescheiden hier
auch das folgende Beywort seyn, und so viel als vernünftig bedeuten.3.
Bedeuten, als Vorgesetzter mit Ernst von seiner Pflicht belehren; in den
Gerichten und Kanzelleyen. Du hast ihn, daß er solches unterlasse,
gebührend zu bescheiden. Man muß ihn eines bessern bescheiden. 4.
Esdr. 4, 52 steht noch in einigen Ausgaben: Von den Zeichen, darum du fragest,
kann ich dich zum Theil bescheiden; wofür neuere Ausgaben haben; kann ich
dir zum Theil Bericht geben.
Und liesen sich ganntz in kein weyß Beschaiden, Theuerd.
Kap. 95.Mit liebe ich dich bescheiden sol, Winsb. Als Salomo uns thut
bescheiden, Hans Sachs.
Ingleichen, erklären; jetzt ganz veraltet. Bescheid uns
das Wortspiel, erkläre uns das Gleichniß, in einer handschriftlichen
Übersetzung des neuen Testamentes bey dem Frisch. Ferner, sagen. Als wir
iuch hernach bescheiden, Schwabenspiegel. [
893-894]
Ach wolt ir mit rede bescheiden Was ich herze klage, Heinrich
von Stretlingen. Wes schuld das si das wil ich iu bescheiden, Otto von
Bottenlauben.
4. * Sich erinnern, als ein Reciprocum, in einer im
Hochdeutschen gleichfalls ungewöhnlichen Bedeutung.
Wer weiß sich zu bescheiden, Nur einer grimmen That,
Opitz.
5. Mit Bewußtseyn einräumen, sich mit
Überzeugung einer Sache, besonders einer Meinung, begeben; gleichfalls als
ein Reciprocum, und mit der zweyten Endung, welche Bedeutung auch im
Hochdeutschen nicht unbekannt ist. Ich bescheide dich dessen gern, ich
räume es gern ein, gebe es gern zu. Er wird sich dessen schon zu
bescheiden wissen.
Nein, nein, bescheide dich, und hemme solche Triebe,
Günth. Man sagte: du Betrieger! - - das wollte Franz nicht leiden. Man
sagte: deiner selbsten! - - deß mußt er sich bescheiden, Logau.
6 * Sich etwas bescheiden, sich auf ihn verlassen; wenigstens
scheinen folgende Stellen aus dem Opitz seinen andern Verstand zu verstatten:
Gruß deinen Grimm viel lieber auf die Heyden, Die sich auf
dich im mindsten nicht bescheiden,
Und Pf. 82, 4:
Komm du Richter aller Heyden. Auf dessen Macht wir uns
bescheiden.
7. * Sich etwas bescheiden, es sich bedingen, ausbedingen,
vorbehalten, welche im Hochdeutschen gleichfalls ungewöhnliche Bedeutung
noch das Niedersächsische bescheeden hat.Anm. Alle obige Bedeutungen
lassen sich aus den Bedeutungen des einfachen Scheiden sehr gut herleiten;
S. dieses Wort. Das Hauptwort, die Bescheidung, ist
nicht üblich.
S. Bescheid. Im Oberdeutschen gehet dieses Wort,
wenigstens in der ersten Bedeutung, in einigen Gegenden regulär, ich
bescheidete, für beschied, Participium bescheidet; in andern hat es in dem
letztern bescheiden, wie aus einigen der oben angeführten Beyspiele
erhellet.
S. auch das folgende. [
895-896]