Bekleiben
, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.I. Als
ein Activum, welches dessen eigentliche Gattung ist, vermittelst einer
klebenden Sache mit etwas überziehen; wie Bekleben. 2. Mit Papier, mit
Leinwand bekleiben. Eine Wand bekleiben, mit Lehm überziehen.II. Als ein
Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, kleben bleiben, doch nur in
verschiedenen figürlichen Bedeutungen, besonders im Oberdeutschen und in
der höhern Schreibart der Hochdeutschen. 1) Anwurzeln, fortkommen, von
Pflanzen und Gewächsen. Eine Pflanze, die oft versetzet wird, bekleibet
nicht. Der Zweig ist recht schön bekleibet.
Ein Baum bekleibet sonst nicht leicht auf fremder Erde,
Gryph.
2) Fortdauern.
Doch Herr du wirst ewig bleiben, Dein Gedächtniß
stets bekleiben, Opitz Ps. 102, 6. So wird mein Lob bekleibenUnd grünen
für und für, ebend.
3) Die verlangte Wirkung hervor bringen.
Weil nie dein Wort an ihnen kann bekleiben, Opitz Ps. 119,
79. Dein Fluch wird ganz gewiß an dieser Frau bekleiben, Rost.
4) Stärke, innere Kraft erreichen.
- Dein früh bekliebnes Wissen, Gryph.- Der in seiner
Brust bekliebne Hochmuthssame, Günth.
Anm. In dieser ganzen Mittelgattung kommt dieses Wort im
Hochdeutschen nur noch sparsam vor. Im Oberdeutschen gehöret es zugleich
unter die irregulären Verba, wie aus einigen der angeführten
Beyspiele erhellet. Die Verwechslung des Neutrius kleben mit dem Activo kleiben
ist sowohl im Ober- als Niederdeutschen schon sehr alt. Haben ih gemenit in
muate becleibit, ich habe einen Vorsatz in meinem Gemüthe befestiget,
heißt es bey dem Ottfried B. 1, Kap. 5, V. 78; obgleich diese Stelle auch
einen thätigen Sinn verstatten könnte. An einem andern Orte gebraucht
eben derselbe biklan, welches aus bekleben zusammen gezogen ist, für
bekleistern.
S. Kleben und Kleiben. Ehedem bedeutete bekleiben auch
empfangen, concipere, daher Mariä Bekleibung, Unser Frauen Tag bekleibin,
Unser Frauen [
831-832] Cleybel-Tag, Klybel-Tag, der
Bekleiber u. s. f. alles Nahmen waren, die man dem Feste der
Empfängniß Mariä beylegte. [
833-834]