Beitzen
, verb. reg. welches auf eine dreyfache Art üblich ist.I. *
Als ein Activum, für beißen, auf welche Art dieses Wort doch ehedem
gebräuchlicher war, als jetzt.
S. Beißen, wo aus dem Ottfried und Notker
angeführet worden, daß peizen, pizzen und bizen ehedem für
beißen gebraucht worden. Pictorius sagt Bitz für Biß, und noch
Günther singet:
Wir merken auch ein Salz, daß in die Augen beitzet.
II. Als ein Factitivum von beißen, daß machen, und
zwar,1. Eigentlich von Thieren, da dieses Wort so viel als hetzen, mit Thieren
jagen, bedeutet, im Deutschen aber nur von dem Hetzen mit Raubvögeln
gebraucht wird, und zwar so, daß sich das Zeitwort, 1) auf dasjenige Thier
beziehet, mit welchem gejaget wird. Einen Falken auf einen Hasen beitzen. Es
werden oft zwey Falken auf Einen Reiher gebeitzet. Daher die Falkenbeitze.
Frisch erkläret diesen Gebrauch für unrichtig, allein er hat nicht
gedacht, daß das alte beitzen, Angels. betan, Isländ. beita, Schwed.
beta, überhaupt hetzen, anreitzen bedeutete, und nicht allein von
Stoßvögeln, sondern auch von Hunden gebraucht wurde, und im
Schwedischen noch gebraucht wird. 2) Auf dasjenige, welches gejaget oder
gehetzet wird. Hasen, Rebhühner beitzen. Einen Reiher mit Falken beitzen.
Daher auchdie Zusammensetzungen, die Reiherbeitze, die Äntenbeitze, die
Hasenbeitze u. s. f.2. Figürlich von einer jeden scharfen Materie, welche
einige Theile eines andern Körpers auflöset, und ihn dadurch zu einem
gewissen Gebrauche geschickt macht. In dieser Bedeutung ist es in vielen
Lebensarten und Beschäftigungen sehr gebräuchlich, wird aber nur in
Beziehung auf diejenige Sache gebraucht, die dadurch zubereitet wird. So
beitzen die Köche das Fleisch, wenn sie es eine Zeit lang in Essig liegen
lassen, damit es mürbe werde. Die Gärber beitzen die Häute, die
Hammerschmiede das Eisen, welches verzinnet werden soll, die Schreiner das Holz
u. s. f. Auch in dieser Bedeutung ist beitzen schon sehr alt, denn Beisto,
welches bey dem Ulphilas Sauerteig bedeutet, gehöret vermuthlich hierher.
Das Schwedische Beta bedeutet gleichfalls fermento macerare.III. Als ein
Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, gebeitzet werden, d. i. von einer
scharfen Materie durchfressen werden. Das Fleisch in Essig beitzen lassen.
Lasse diese Wurzel darin beyssen, heißt es in dem 1490 gedruckten Garten
der Gesundheit.Anm. Aus dem obigen erhellet, daß beitzen in allen seinen
Bedeutungen von beißen herkomme, nicht aber, so fern es von der Jagd
gebraucht wird, von baißen oder beißen, niederlassen, herab steigen,
indem es sich alsdann wohl auf die Jagd mit Stoßvögeln, nicht aber
mit Hunden schicken würde, von welcher es doch ehedem, wenigstens in den
verwandten Mundarten, auch gebraucht worden. Der orthographische Unterschied,
beitzen, wenn es von der Jagd gebraucht wird, zum Unterschiede von dem andern
mit ai zu schreiben, hat daher auch nicht einmahl den Schein einiges Grundes
vor sich. Das ai ist ein Oberdeutscher Doppellaut, der noch dazu mehr der
neuern als der ältern Oberdeutschen Mundart eigen, und den Hochdeutschen
Sprachwerkzeugen fremd ist. Notker und die Schwäb. Dichter brauchen dieses
Zeitwort einige Mahl von der Vögeljagd, schreiben es aber alle Mahl
beitzen oder beissen. Selbst in beißen, demittere, ist das a nicht
wesentlich, sondern gehöret bloß der Mundart zu, obgleich die
Franzosen es in bas und baisser beybehalten haben.
S. auch Ätzen. [
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