Begehen
, verb. irreg. act.
S. Gehen. 1. An einen Ort gehen, vornehmlich um ihn zu
besichtigen. So sagt man noch im gemeinen Leben. Das ganze Feld begehen. Die
Grenzen begehen. Die Jäger haben das Holz nicht fleißig genug
begangen.2. Figürlich. 1) Eine Weise begehen, einen Gebrauch, eine
Gewohnheit mitmachen. Vornehmlich aber, 2) mit gewissen Feyerlichkeiten
auszeichnen, wie feyern. Daher, ein Fest begehen, einen Geburtstag, einen
Nahmenstag begehen, für feyern überhaupt. Ingleichen, die Fasten mit
Schmausen begehen, das Andenken einer wichtigen That begehen. Ehedem war eine
Leiche begehen, auch so viel, als sie feyerlich zur Erde bestatten. Daher
heißt es noch in dem Theuerdank:
Bis sein Leib nach küngklichem sytIst begangen und
begraben.
Auch das Schwedische bega bedeutet noch zur Erde bestatten.
Allein im Deutschen ist davon nur noch das Hauptwort Begängniß, oder
Leichenbegängniß üblich. 3) Überhaupt so viel als thun,
ausüben, doch nur im nachtheiligen Verstande von bösen oder
wenigstens fehlerhaften Handlungen. Ein Laster, einen Diebstahl, einen Mord,
eine Thorheit begehen. Eine Untreue an jemanden begehen. Er hat viele Fehler
begangen. Ich würde eine solche Unhöflichkeit gewiß nicht
begehen. Es ist nicht möglich, daß er eine solche
Niederträchtigkeit begehen sollte. Wie hast du das an mir begehen
können? Ehedem wurde es auch in gutem Verstande gebraucht; denn so findet
man z. B. bey den Schwäbischen Dichtern, ein Wunder begen, verrichten. Im
Oberdeutschen ist dieser im Hochdeutschen veraltete Gebrauch auch noch hin und
wieder üblich, weil man daselbst auch herrliche Thaten begehet. 4) Sich
mit einem begehen, vertragen, eine Bedeutung, welche im Oberdeutschen
häufiger ist als im Hochdeutschen. Wenn Mann und Weib sich mit einander
wohl begehen, Sir. 25, 2.
Daß sich der grimme Wolf mit Lämmer soll begehn,
Opitz. Wie naß und trucken sich, wie warm und kalt begehn, ebend. Wenig, die
sich wohl verstehn, Gut begehn, Günth. Ich wußte mich mit allen zu
begehn, Wiel.
5) Sich begehen, sich zur Fortpflanzung vermischen, wie
begatten; doch nur in einigen Gegenden.Daher die Begehung in allen obigen
Bedeutungen; die Begehungssünden, in der theologischen Sittenlehre, im
Gegensatze der Unterlassungssünden.Anm. Außer diesen bedeutet
begehen, 1) in Niedersachsen begaan, in dieser Mundart auch so viel als
überfallen, feindlich anfallen. 2) In der Schlesischen Mundart, heftig
empfinden. Er hat es sehr begangen, wird bey dem Steinbach durch valde doluit
übersetzet, und, er begehet es um des Vaters Tod nicht wenig, non parum
morte patris adficitur. [
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